Reporting

CSRD Gap-Assistant von fors.earth

Hendrik Leue hat ein auf Excel basierendes Tool entwickelt, das Nachhaltigkeitsmanager:innen bei der Vorbereitung der Berichterstattung nach CSRD hilft, den sogenannten CSRD GAP Assistant. Dieser bietet kostenlos eine strukturierte Methode zur Bestimmung individueller Offenlegungspflichten (Datenpunkt-Materialität) und für die Entscheidung über Priorisierung und Depriorisierung einzelner Datenpunkte. Wir sprachen mit ihm über Ziele und Aufbau.

08.05.2024

UmweltDialog: Herr Leue, Sie arbeiten als Nachhaltigkeitsberater in München und haben ein Open Source Tool entwickelt, das bei der Vorbereitung auf die CSRD-Berichterstattung unterstützt, den „CSRD Gap-Assistant“. Was kann dieses Tool?

Hendrik Leue

Hendrik Leue: Ab 2025 sind über 15.000 Unternehmen in Deutschland von der CSRD-Berichtspflicht betroffen. Viele Nachhaltigkeitsmanager:innen in Firmen haben schon eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt, müssen nun aber die nächsten Schritte gehen. Für sie bedeutet es einen enormen Zeitaufwand, sich durch die Gesetzestexte durchzuackern. Diesen Schritt wollten wir ihnen abnehmen und mit dem Gap-Assistant ein kleines low-tech tool an die Hand geben, dass alle Angabepflichten nach CSRD in Ja-/Nein-Fragen herunterbricht.

Wie genau kann man sich das vorstellen?

Leue: Wir haben die Datenpunkte in Frageform aufbereitet, weil das der gedanklichen Verarbeitung entspricht: „Habe ich Datenpunkt X, ja oder nein?“ Dadurch versetzen wir die Zuständigen in die Lage, die Angabepflichten vom Thema der Wesentlichkeitsanalyse her zu bestimmen. Sie können dann über jede einzelne Angabepflicht gehen und nachsehen, zu welchen Datenpunkten sie führt, beziehungsweise zu welchem Inhalt, der in Form eines Satzes oder einer Zahl eingefügt werden muss.

Unser Tool unterstützt dabei, nach der Aufstellung der Angabepflichten zu überprüfen, welche Informationen bereits vorliegen und welche man noch einholen oder überhaupt erst generieren muss. Eine klassische Gap-Analyse, die nicht nur Antworten liefert auf die Frage „WO sind meine Lücken und wie kann ich sie schließen?“, sondern auch eine Priorisierung erlaubt: „WIE LANGE brauche ich für gewisse Datenpunkte? Welchen Zeitraum sollte ich einplanen, um an die Infos zu kommen?“

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Könnten Sie hierfür ein konkretes Beispiel geben?

Leue: Nehmen wir die SCOPE 3 Treibhausgasemissionen. Viele Unternehmen können diese Daten nicht inhouse generieren, sondern sind auf die Daten von Dritten, wie Lieferanten und Kunden, angewiesen. Hierfür muss dann mehr Zeit im Prozess eingeplant werden. Dann gibt es andere Datenpunkte, bei denen man sich mehr Zeit lassen kann. Manche Datenpunkte unterliegen Übergangsbestimmungen, welche in Jahr 1 noch nicht berichtet werden müssen. Andere Datenpunkte wiederum beziehen sich auf Anforderungen des Finanzmarktes, etwa diejenigen, welche kongruent mit der Offenlegungsverordnung sind und daher von den Finanzierern unabhängig von der Wesentlichkeitsanalyse erfragt werden und priorisiert werden sollten.

Wie genau erfolgt die Umsetzung der einzelnen Datenpunkte?

Leue: Liegt mir die relevante Information bereits vor, hänge ich beispielsweise eine in der Cloud gespeicherte Datei oder eine Word-Datei mit Text an, um daraus den späteren Wortlaut zu generieren, vor allem, wenn es sich um qualitative Informationen handelt. Wenn ich den Datenpunkt noch nicht habe, schreibe ich auf, wie ich an die benötigte Information kommen möchte. Ich muss mir also überlegen, wen ich ins Boot holen muss: Die Produktabteilung? Den Einkauf? Die Personal-Abteilung? Mithilfe des Gap-Assistants kann ich vermeiden, die gleiche Abteilung beim Abarbeiten der ESRS-Themen mehrmals nacheinander anzusprechen und kann effizient sortieren. Ich kann dann alles gebündelt auf einmal abfragen und meine internen Anspruchsgruppen dadurch besser managen.

Im Dashboard sehe ich außerdem, welche Fortschritte ich gemacht habe und wie mein Status-Quo ist. Ich bekomme einen Überblick darüber, wie viele Ressourcen potenziell gebunden werden und kann bessere Entscheidungen treffen, zum Beispiel ob ich gewisse Datenpunkte selbst erheben oder einen externen Dienstleister beauftragen möchte. Das Tool kann zwar keinen Bericht auf Knopfdruck generieren, aber es gibt eine Struktur für die organisatorische Arbeit vor und kann beliebig von den Anwender:innen erweitert werden. Bevor sie also einen Prozess aufsetzen, um in eine dezidierte ESG-Software einzusteigen, können sie erstmal selbst eigene Zeilen oder Spalten dazu bauen, um das Tool auf den individuellen Prozess anzupassen. Wer zum Beispiel weitere Kontrollschleifen hinzufügen möchte, kann das recht unkompliziert tun. Oder man setzt sich noch die entsprechenden Templates hinter jeden Datenpunkt.

Ist der Gap-Assistant auf die interne Verwendung beschränkt?

Leue: Nein, er kann natürlich auch der Berichtsagentur an die Hand gegeben werden. Die Agentur kann dann Zeile für Zeile nachvollziehen, worauf sie sich berufen soll. Der Gap-Assistant erleichtert auch die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Damit ein Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD nicht beliebig wird, muss er nachvollziehbar und dokumentierbar sein. Anhand des Gap-Assistant kann der oder die Prüfende schnell erkennen, ob die Berichtspflichten korrekt umgesetzt wurden. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass Wirtschaftsprüfer:innen es zu schätzen wissen, wenn sie nur eine Ressource vorliegen haben und sich die Informationen nicht aus mehreren Ordnern oder Ablageorten zusammensuchen müssen.

Ein großer Vorteil des Gap-Assistant ist aber die Dokumentation nach innen und die Sicherung der Kontinuität. Nehmen wir an, der Nachhaltigkeitsbericht wurde geschrieben und geprüft, und kurz darauf verlässt der oder die Nachhaltigkeitsmanager:in das Unternehmen. Dank des Gap-Assistants habe ich alle Informationen in einem Dokument gespeichert, es ist auf einen Blick ersichtlich, was gemacht wurde und ich kann auch erkennen, wie ich den Prozess künftig noch effizienter gestalten kann. Der Gap-Assistant bietet auch eine Entscheidungsgrundlage dafür, ob es im nächsten Schritt vielleicht sinnvoll wäre, eine Software anzuschaffen.

Für wen ist der Gap-Assistant geeignet?

Leue: In erster Linie für Nachhaltigkeitsmanager:innen, aber auch für andere Reportingverantwortliche, die zum Beispiel im Controlling unter dem oder der CFO angesiedelt sind und bislang noch wenig Berührungspunkte mit Nachhaltigkeitsthemen hatten.

Und weshalb haben Sie beschlossen, ihn frei zugänglich zu machen?

Leue: Wir arbeiten sehr eng mit Nachhaltigkeitsverantwortlichen in Unternehmen zusammen und haben die Unzufriedenheit vieler mitbekommen. Unsere Ansprechpartner:innen müssen sich inzwischen zum großen Teil mit Themen beschäftigen, für die sie ursprünglich gar nicht angetreten sind. Wir wollten ihnen helfen, die pure Compliancearbeit zu reduzieren. Der Gap-Assistant soll den Weg freimachen für Inhalte, Ziele und Maßnahmen, damit sie sich auf die Umsetzung fokussieren können, anstatt sich am Gesetzestext abzuarbeiten. Die Reportingpflichten kann der Gap-Assistant leider nicht wegzaubern. Aber er kann zumindest dabei helfen, sie effizient umzusetzen.

Herr Leue, wir danken für das Gespräch.

Quelle: UmweltDialog
 

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