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Audi schafft Denkräume für Integrität

Der Dieselskandal hat Audi immer noch fest im Griff. Seit mehr als zwei Jahren ist das Unternehmen damit beschäftigt, das Geschehene aufzuarbeiten. Nachhaltigkeit kommt dabei eine zentrale Rolle zu, gilt es doch, endlich abgasarme und vorzugsweise elektrische Autos zu produzieren. Dass die Ingolstädter es damit ernst meinen, zeigt der aktuelle Nachhaltigkeitsbericht. UmweltDialog hat ihn sich angeschaut.

13.06.2018

Audi schafft Denkräume für Integrität

"Wir haben aus den Ereignissen gelernt und intern vielfältige Mechanismen implementiert, damit sich solches Fehlverhalten nicht mehr wiederholen kann", schreibt der Vorstand der AUDI AG im Vorwort zum aktuellen Nachhaltigkeitsbericht. Gemeint ist die Dieselkrise, die für Audi einen schmerzhaften Einschnitt in der Unternehmensgeschichte darstellt. Jetzt fokussiere man sich "umso mehr auf integres Handeln und eine nachhaltige Zukunft". Im Zuge dessen sollen Strukturen und Prozesse verändert und eine neue Unternehmenskultur etabliert werden.

Dass dieser Weg noch lange nicht zu Ende ist, zeigt der aktuelle Rückruf von rund 60.000 Audi A6 und A7 Modellen auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamtes. Zudem hat die Staatsanwaltschaft München inzwischen sogar Ermittlungen gegen Audi-Chef Rupert Stadler aufgenommen. Wie das Handelblatt berichtet, werde ihm und einem weiteren Vorstandsmitglied Betrug und mittelbare Falschbeurkundung vorgeworfen.

Um gemeinsam mit Kunden und Mitarbeitern "unsere Zukunft zu gestalten, müssen und wollen wir Nachhaltigkeit neu denken", verspricht nun Peter F. Tropschuh, Leiter der Abteilung "Strategie Nachhaltigkeit". Nachhaltigkeit bedeutet für Audi dabei nicht nur, umweltfreundlichere und schadstoffärmere Fahrzeuge zu entwickeln. Ebenso wichtig sei ein Wandel der Unternehmenskultur, so Tropschuh.

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"Integrität gesamthaft leben"

Im Fokus stehen künftig die Werte Verantwortung, Wertschätzung, Offenheit und Integrität. Deutsche Führungskräfte zählen Integrität seit Jahren zu den wichtigsten Kernwerten, wie eine Befragung der Wertekommission zeigt. Im allgemeinen Sprachgebrauch beschreibt dieser oft auf Personen bezogene Begriff moralisch einwandfreies, ehrliches Handeln oder Unbestechlichkeit. Auch im Unternehmenskontext wird der Begriff mit unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen und wird – zum Beispiel bei der Deutschen Telekom – im gleichen Atemzug mit Begriffen wie Respekt und Wertschätzung genannt.

Zur Frage, was Integrität für Unternehmen bedeutet und wie integres Unternehmenshandeln erreicht werden kann siehe auch Lisa Schöttl (2018): Integrität in Unternehmen. Konzept, Management, Maßnahmen. Wiesbaden: Gabler Verlag.

Während Compliance bei Audi die Verhinderung von rechtswidrigem Verhalten zum Ziel hat, bezweckt Audi mit dem 2017 neu gestarteten Integritätsprogramm vor allem die Förderung von moralischem Handeln. Was aber bedeutet moralisch richtig handeln? Um dafür ein Bewusstsein zu schaffen, hat das Unternehmen verschiedene Plattformen und Formate entwickelt. So soll es noch in diesem Jahr eine für Führungskräfte verpflichtende Veranstaltung geben, die dem Austausch über das gemeinsame nachhaltige Werteverständnis dient.

Ebenfalls 2018 fand eine für alle Führungskräfte der Standorte Ingolstadt und Neckarsulm verpflichtende Qualifizierungsmaßnahme zu den Themen Integrität, Kultur und Compliance statt. Ziel war es, Werkzeuge zur Förderung integren Verhaltens zu erarbeiten und zu vermitteln. Im vergangenen Jahr hat Audi zudem das Forum "Denkraum Integrität" auf der internen Social-Media-Plattform eingeführt. Das neue Format soll dazu beitragen, die Mitarbeiter aktiv einzubinden und das Bewusstsein für das Thema Integrität zu schärfen. Denn eine Integritätskultur, davon ist Tropschuh überzeugt, "kann intern nur Fuß fassen, wenn wir sie gesamthaft leben."

Als weitere konkrete Maßnahme, die zur Etablierung einer auf Integrität basierenden Unternehmenskultur beitragen soll, hat Audi im Oktober 2017 neue Verhaltensgrundsätze (Code of Conduct) eingeführt. Diese gelten für alle Beschäftigten gleichermaßen verbindlich. Jeder neue Mitarbeiter ist zur Teilnahme an einem Training verpflichtet, das die neuen Regeln vermittelt. Der Code of Conduct dient zur Orientierung und bietet Rat und Hilfestellungen für richtiges Verhalten am Arbeitsplatz, gegenüber Partnern und der Gesellschaft. Weiterhin wurde das Hinweisgebersystem (Whistleblower System) überarbeitet. Externe und interne Anlaufstellen ermöglichen es Mitarbeitern, Geschäftspartnern, Kunden und Dritten nun, Verstöße gegen Gesetzesvorschriften oder interne Regelverletzungen zu melden. Der Hinweisgeber kann dabei seine Anonymität wahren.

Mit diesen und weiteren Maßnahmen will Audi aus der Krise heraus navigieren und die Weichen für den Wandel stellen: "Damit wird die Vertrauenskrise zum Auslöser für einen Wandel, der das Unternehmen weiter stärkt und es zukunftsfähig macht. Ein Wandel, der über Compliance weit hinausgeht, indem er Integrität, Verantwortung und gesellschaftlichen Mehrwert in den Mittelpunkt stellt", heißt es im Nachhaltigkeitsbericht.

Audi startet ins Elektrozeitalter

Audi befindet sich nicht nur inmitten eines umfassenden Kulturwandels, sondern kämpft auch mit den Herausforderungen eines gewaltigen Technologieumbruchs. Ob alternative Antriebe oder erneuerbare Kraftstoffe – die Ingolstädter sehen sich in Sachen nachhaltige Mobilität breit aufgestellt und gut für die Zukunft gerüstet. "Sicher ist, dass wir als Automobilhersteller radikal umdenken müssen. Künftig werden wir nicht mehr so viele Autos wie möglich verkaufen, sondern einen Service, der Menschen so angenehm und umweltfreundlich wie möglich von A nach B bringt", prognostiziert Dr. Nikolai Ardey, Leiter Entwicklung Antrieb bei Audi. "Wir werden vom Automobilhersteller zum Mobilitätsdienstleister."

Elektrisches Fahren ist hierbei ein Schlüsselthema. Audi bündelt seine Aktivitäten in diesem Bereich unter der Bezeichnung e-tron. Im Jahr 2017 hatte Audi zwei Plug-in-Hybridmodelle im Angebot: den Audi A3 Sportback e-tron und den Audi Q7 e-tron quattro.

Der Audi A3 Sportback e-tron
Der Audi A3 Sportback e-tron

Mit dem ersten rein elektrisch angetriebenen Audi wollen die Ingolstädter in diesem Jahr endgültig in das Elektrozeitalter starten. Der neue e-tron lässt sich mit einer Leistung von bis zu 150 kW schnell laden und ist binnen einer halben Stunde wieder einsatzbereit. Gefertigt wird der SUV am Standort Brüssel, dem ersten zertifizierten CO2-neutralen Audi Werk. Bis 2025 will Audi mehr als 20 Elektro- und Plug-in-Hybrid-Modelle im Angebot haben.

Erfolg hat die E-Mobilität nur, wenn auch die Ladekapazitäten mitwachsen. Deshalb wirkt Audi an einem Ausbau des Tankstellennetzes für E-Fahrzeuge mit. Dafür beteiligt sich das Unternehmen an dem Joint Venture IONITY, das bis 2020 rund 400 Schnellladesäulen in Europa errichten und betreiben soll. Trotz E-Antrieb und alternativen Kraftstoffen sieht Audi das Ende für den Verbrennungsmotor aber noch nicht eingeläutet. Im Gegenteil: "Mit alternativen Kraftstoffen machen wir ihn zukunftsfähig. Außerdem elektrifizieren wir bis 2025 alle Verbrennungsmotoren. Mit dem sogenannten Mildhybridsystem sparen wir bis zu 0,7 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer und senken die CO2-Emissionen entsprechend", erläutert Ardey.

Über den Bericht

Der Audi Nachhaltigkeitsbericht 2017 ist in Übereinstimmung mit den Kriterien der Global Reporting Initiative (GRI) erstellt worden und erfüllt deren "core"-Anforderungen. Die Bestimmung der Berichtsschwerpunkte erfolgte über eine Wesentlichkeitsanalyse. In diese Analyse flossen unter anderem die Ergebnisse einer Stakeholder-Befragung aus dem Jahr 2017 ein. Die so ermittelten, wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte innerhalb der vier Kernthemen "Wirtschaften und Integrität", "Produkte und Services", "Mitarbeiter und Gesellschaft" sowie "Wertschöpfung und Produktion" dienen nicht nur als Grundlage für die Berichterstattung, sondern auch für die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie. Sie bilden die Schwerpunkte des Nachhaltigkeitsprogramms, innerhalb dessen Audi jeweils strategische Ziele und konkrete Maßnahmen formuliert hat, die bis zu einem bestimmten Termin verwirklicht werden sollen bzw. an denen kontinuierlich gearbeitet wird.

Neu ist die stärkere Orientierung an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs). Welche Ziele für die Automobilindustrie von besonderer Bedeutung sind, ermittelte Audi ebenfalls im Rahmen der Stakeholder-Befragung. Demnach werden die Ziele "Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum" (SDG 8), "Industrie, Innovation und Infrastruktur" (SDG 9), "Nachhaltige Städte und Gemeinden" (SDG 11), "Nachhaltige/-r Konsum und Produktion" (SDG 12) und "Maßnahmen zum Klimaschutz" (SDG 13) als besonders relevant eingestuft. Zudem bekennt sich Audi, trotz der zeitweisen Niederlegung der Mitgliedschaft, zu den Prinzipien des UN Global Compact.

Quelle: UmweltDialog
 

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