Unternehmenskultur

Brücken bauen zwischen Wirtschaft und Gesellschaft

Das Nachhaltigkeitsmanagement der Unternehmen steht vor einem tiefgreifenden Umbau: Die zunehmende Verlagerung von den Global Compact-Prinzipien hin zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) beinhaltet viel mehr als nur einen Austausch von Begriffen. Dem Nachhaltigkeitsreporting kommt dabei eine Schlüsselstellung zu. macondo publishing begleitet diesen Prozess durch ehrenamtliches Engagement beim weltweit wichtigsten Standardsetzer, der Global Reporting Initiative (GRI).

08.08.2018

Brücken bauen zwischen Wirtschaft und Gesellschaft

Dr. Elmer Lenzen, Geschäftsführer von macondo publishing, ist in ehrenamtlicher Funktion in den GRI Stakeholder Council (SC) berufen worden. Dabei handelt es sich um eines der zentralen Beratungsgremien der GRI. Die UN-nahe Organisation ist der weltweit wichtigste Standardsetzer für extra-finanzielle Berichterstattung. Als Councellor repräsentiert Elmer Lenzen in der Legislaturperiode 2017–2019 die Unternehmen aus den Regionen Europa und Zentralasien. Die SDGs stehen dabei ganz oben auf der Arbeitsagenda: Die Nichtregierungsorganisation GRI versteht sich als Brückenbauer zwischen Unternehmen und Gesellschaft, um positive Beiträge zu den SDGs messbar zu machen.

Die Arbeit der GRI in diesem Bereich konzentriert sich auf den Nachhaltigkeitsberichterstattungsprozess, die Qualität der Informationen sowie die Datenerhebung und deren Transparenz. Schlussendlich geben diese Daten Regierungen Hilfestellungen dabei, nachhaltigen Fortschritt zu verfolgen und auf dieser Basis gute politische Entscheidungen zu treffen.

Mitglieder des GRI Stakeholder Council
Mitglieder des GRI Stakeholder Council

Die GRI ist daher auch Mitbegründerin des „Measure What Matters“-Projekts – einer globalen Initiative, die darauf abzielt, eine bessere Abstimmung zwischen Unternehmens-, nationalen und globalen Nachhaltigkeitsdaten zu erreichen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Zusammenarbeit mit dem UN Global Compact.

KMUs als Herausforderung

Die GRI und der UN Global Compact planen für die Zukunft, sich speziell auf die Erleichterung der SDG-Berichterstattung kleiner und mittlerer Unternehmen zu konzentrieren, da diese rund 90 Prozent der globalen Wirtschaftstätigkeit ausmachen. Und hier gibt es aus Sicht von macondo publishing die größten Herausforderungen: Mittelständische Unternehmen haben auch in Nachhaltigkeitsfragen deutlich weniger Budgetmittel – sowohl personelle als auch fachliche Kapazitäten sind begrenzt. Das gilt schon für bisherige Berichts- und Management-Prozesse. Die SDG-Debatte wird das sogar noch verstärken.

Die Ausdehnung von gerade erlernten CSR-Modellen in Richtung SDGs ist mehr als nur eine semantische Verschiebung. Es geht nicht mehr nur darum, Nachhaltigkeit im Business Case zu verankern, sondern vielmehr den Business Case nachhaltig und zum Erreichen der SDGs einzusetzen. Inwieweit ein solcher Ansatz von „Sustainable Entrepreneurship“ wirklich tragfähig ist, bleibt abzuwarten. Auch ist bisher vielen unklar, wie der Erfolg genau zu messen sein wird. Die Indikatoren sind erst in der Entwicklung, und genau daran will macondo publishing innerhalb der GRI-Initiative konstruktiv mitwirken. Neben der Relevanz der Indikatoren beschäftigt macondo dabei noch zwei weitere Fragen: Erstens, wie kann die Auswertung der Daten verbessert werden? Es reicht nicht, die Diskussion auf die reine Erhebung der Daten zu verkürzen. Zweitens, wie verbessert man die Kommunikation? Nachhaltigkeitsberichte werden viel zu wenig gelesen. Die thematische Ausweitung auf gesellschaftlich relevante SDGs wird daran nichts ändern.

Die Krux mit den KPIs

Die erste Herausforderung für ein Unternehmen besteht darin festzulegen, welche Daten verfügbar sind, welche Qualität die Daten haben und durch welche analytische Brille man das überhaupt betrachten will. Das Ergebnis dieser Diagnose sagt für sich genommen aber noch nicht viel aus, da die Aussagequalität qualitativer Daten subjektiv und die der quantitativen Daten von der Qualität der objektiven Zielmargen abhängig ist. Salopp ausgedrückt: Was ist gut? Was nicht? Wie wird das gemessen? Was wird überhaupt gemessen?

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Eine KPI-getriebene Sichtweise ist so ähnlich wie die Erstellung eines Blutbilds beim Arzt. Dabei wird der Gesundheitszustand des Patienten „aufgelöst“ in zahlreiche Messwerte, aus denen der Arzt wiederum Rückschlüsse auf die Gesundheit des Patienten zieht. So eine Herangehensweise ist wissenschaftlich, fundiert und damit auch anerkannt. Nur lassen sich nachhaltige KPIs nicht wie Blutwerte beurteilen. Der zentrale Unterschied ist nämlich, dass es beim Arzt empirisch belegte Sollwerte gibt, die einen Ist-Soll-Vergleich zulassen. Daran mangelt es im Nachhaltigkeitsbereich: Erstens gibt es in der Regel keine vernünftigen Vergleichszahlen zu anderen Unternehmen, ohne dass man Äpfel mit Birnen vergleicht (Benchmark-Problematik). Zweitens wäre die Frage, ob so ein Benchmark überhaupt einen Sollwert beschreiben würde oder nicht eher ein Median aus den schlechten Blutwerten aller, um im Bild des Arztbesuchs zu bleiben. Außerdem ist ein KPI, das von außen eingefordert wird – maximal zwei Grad globale Erwärmung beispielsweise – als solcher ein moralischer Sollwert. Das hat nichts mit empirischer Wissenschaft zu tun. Hier müssen wir mit GRI und anderen Stakeholdern also noch viel Arbeit leisten.

Warum (fast) niemand Nachhaltigkeitsberichte liest

Nachhaltigkeitsberichte teilen das Schicksal von Geschäftsberichten und Parteiprogrammen. Es wird viel darüber geredet, aber wenig darin geblättert. Aber warum eigentlich nicht? Sind die Stakeholder zu bequem?

Vielleicht hilft zum besseren Verständnis eine wissenschaftliche Arbeit von Anthony Downs: Downs hat in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts die wirtschaftswissenschaftlichen Modelle der individuellen Nutzungsmaximierung auf politische Prozesse angewandt. Seine Annahme war folgende: Informationsgewinnung ist aufwändig. Das gilt für die eingesetzte Zeit und Aufmerksamkeit. So ist etwa die Lektüre von Wahlprogrammen oder Gesetzestexten mühsam. Unweigerlich fragt sich der Wähler: Lohnt sich der Aufwand im Verhältnis zum individuellen Nutzen? Anthony Downs nennt diesen Konflikt „rationale Ignoranz“. Die Kosten (Zeit) übersteigen den Nutzen (es bleibt bei einer Stimme, die jeder Einzelne hat). Wähler verhalten sich, so Downs, in ihrem Eigennutz genauso wie Konsumenten.

Wie bilden sie sich dann ihre Meinung? Die pointierten Zusammenfassungen und Interpretationen von Meinungsbildnern – Influencer wie man heute sagt – und Lobbygruppen treffen den Nerv des Eigennutzenaxioms. Die Übernahme von deren vorgefertigter Meinung ist oftmals, ökonomisch gesprochen, für den Einzelnen kostengünstiger. Hierbei spricht man vom sogenannten Rational-Choice-Ansatz der Wahlverhaltensforschung.

Übertragen wir die Gedanken auf den Nachhaltigkeitsbereich: Viele Stakeholder interessieren sich durchaus für Nachhaltigkeitsthemen. Aber sie wollen, dass diese Informationen „convenient“ aufbereitet sind. Sie wollen die wichtigen Kennzahlen, eine Bewertung und externe Stimmen auf einen Blick respektive in einem Artikel. Sie wollen Medienangebote, die ihnen mit möglichst geringem Aufwand größtmöglichen Nutzen versprechen.

Das zu verbessern und damit auch die Akzeptanz der SDGs zu steigern, ist das Ziel bei macondo publishing. Ganz praktisch beitragen will macondo mit innovativen Medieninhalten und neuen Zielgruppenansprachen.

Dieser Artikel ist im Original im Global Compact Deutschland 2017 „Deutschland 2030 - Wie können wir die SDGs umsetzen?“ erschienen.

Mehr zum Thema:

Global Compact Jahrbuch 2017
Quelle: UmweltDialog
 

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