Politik

Illegale Pflanzenschutzmittel sind globales Problem

Der Handel mit illegalen Pflanzenschutzmitteln ist nach Einschätzung von Europol einer der am schnellsten wachsenden Bereiche der organisierten Kriminalität in der Europäischen Union. Gefälschte oder nicht genehmigte Mittel können ein Risiko für die Gesundheit und die Umwelt darstellen und verursachen zudem große wirtschaftliche Schäden.

19.11.2018

Illegale Pflanzenschutzmittel sind globales Problem

In Braunschweig diskutierten jetzt Experten von Institutionen der EU, aus Behörden verschiedener EU-Mitgliedstaaten und der Bundesländer sowie der Wirtschaft über Wege, den illegalen Handel entschieden zu bekämpfen. Sie sprachen sich dabei für stärkere Kontrollen und mehr Kooperation aus. Zu dem Symposium aus der Reihe „Herausforderungen“ hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eingeladen.

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Nach Schätzungen des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) waren im Jahr 2017 rund 14 Prozent der in der EU gehandelten Pflanzenschutzmittel gefälscht – dies entspricht einem Marktvolumen von rund 1,3 Milliarden Euro. Der weltweite Anteil illegaler Mittel am Gesamtmarkt für Pflanzenschutzmittel wird auf jährlich über sechs Milliarden Euro geschätzt. „Wir haben es hier mit einer Form der organisierten Kriminalität zu tun, die globale Lieferketten entwickelt hat und weltweit agiert“, umriss BVL-Präsident Dr. Helmut Tschiersky in seiner Begrüßungsrede vor rund 80 Experten aus 15 Staaten die Dimension des Problems. Statt geprüfter und von den Behörden zugelassener Substanzen, die in der vorgesehenen Anwendung sicher seien, würden gefälschte Produkte mit unbekannten Chemikalienmixturen in den Umlauf gebracht. „Niemand weiß, was darin enthalten ist, niemand hat sie getestet“, so Tschiersky.

Um diesen illegalen Handel entschieden zu bekämpfen, seien ein umfassender Ansatz und interdisziplinäre, internationale Kooperationen gefordert. Immer mehr Pflanzenschutzmittel würden im Internet gehandelt, was die Kontrolle aufgrund mangelnder Proben erschwere. Tschiersky kündigte deshalb an, das BVL werde seine Expertise bei der Überwachung des Internethandels mit Lebensmitteln in Zukunft auf den Handel mit Pflanzenschutzmitteln ausweiten. Für ein entsprechendes Projekt soll in naher Zukunft eine Vereinbarung mit den Bundesländern abgeschlossen werden. Friedel Cramer, Referatsleiter für Pflanzenschutz im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, begrüßte dieses Vorhaben und sagte hierfür die Unterstützung des Bundesministeriums zu.

Verdächtige Produkte analysieren

Um die Überwachungsbehörden der Bundesländer bei ihrem Vorgehen gegen den illegalen Handel mit Pflanzenschutzmittel zu unterstützen, hat das BVL bereits im Jahr 2013 eine Task Force gegründet. Sie fungiert als Ansprechpartner für die zuständigen nationalen und internationalen Behörden und Institutionen, wie Dr. Nils Kurlemann, Leiter der Task Force, berichtete. Bei aktuellen Fällen arbeiten in der Task Force Fachleute aus verschiedenen Institutionen zusammen, um Informationen zu bündeln und zu vernetzen. Im BVL-Labor für Formulierungschemie werden Analysemethoden entwickelt, um verdächtige Produkte umfassender untersuchen und somit illegale Pflanzenschutzmittel identifizieren zu können. Es ist das einzige behördliche Labor in Deutschland, das Pflanzenschutzmittel-Proben auf Echtheit untersucht.

Im Rahmen der Marktkontrolle suchen die Pflanzenschutzdienste der Bundesländer aktiv nach illegalen Pflanzenschutzmitteln und verhängen Ordnungsmaßnahmen, zum Beispiel Bußgelder. Seit dem Jahr 2004 hat das BVL in Folge des Missbrauchs 47 Genehmigungen für den Parallelhandel widerrufen. Dennoch bereitet gerade die Sanktionierung des illegalen Handels Probleme. Durch die Kontrollbehörden aufgedeckte Fälle würden zumeist strafrechtlich durch die Staatsanwaltschaften nicht weiter verfolgt, berichtete Kurlemann. Hier müsse sich in Zukunft etwas ändern, lautete eine Forderung.

Makroaufnahme eines Farnblattes

Kontrolle der Außengrenzen

Hoffnungen setzten die Teilnehmer des Symposiums in die neue EU-Kontrollverordnung 2017/625, die bis Ende 2019 umgesetzt werden muss. Diese sieht erstmals klare Regelungen für die Kontrolle des Handels und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vor. In vielen EU-Staaten wie Deutschland gibt es auch bislang schon derartige Kontrollen. Diese werden nun EU-weit harmonisiert. Pflanzenschutzmittel werden global gehandelt. Dies betrifft auch die illegalen Produkte. Aufgrund des freien Warenverkehrs ist somit die Kontrolle an den Außengrenzen der Europäischen Union von entscheidender Bedeutung. Seit dem Jahr 2009 kontrolliert der Pflanzenschutzdienst beispielsweise im Hafen Hamburg verstärkt Pflanzenschutzmittellieferungen, die auf dem Seeweg nach Europa gelangen, wie Dr. Jörg Buddemeyer von der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation berichtete. Im Jahr 2016 wurden 17.800 Tonnen an Pflanzenschutzmitteln nach Hamburg geliefert, überwiegend aus Asien. Etwa zwei Drittel der Substanzen befänden sich im Transit und würden weiter in andere EU- und Drittstaaten verschifft, beschrieb er die Herausforderungen bei der Kontrolle.

Der Hamburger Hafen steht neben einigen anderen Häfen wie Rotterdam und Antwerpen für eine effektive Kontrollstelle, bescheinigte Gonzalo Granado Lois von der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission. Ein Audit der Europäischen Kommission deckte aber auch sehr viele Schwachstellen bei den Kontrollen auf, die oftmals unzureichend und EU-weit kaum koordiniert seien. „Gerade die Kontrolle beim Transit muss verschärft werden“, forderte sein Kollege Dr. Thierry Henne von OLAF, der Antibetrugsbehörde der Europäischen Kommission.

Ein großes Problem bereitet der Nachweis illegaler Pflanzenschutzmittel. Am zweiten Symposiumstag beschäftigten sich die Experten deshalb mit Fragen der Analytik, etwa wie Pflanzenschutzmittel auf ihre Echtheit geprüft werden können und welche Untersuchungsmethoden hierfür in Frage kommen. Eine auf EU-Ebene eingesetzte Arbeitsgruppe Formulierungsanalytik hat in den vergangenen zwei Jahren Richtlinien für eine analytische Strategie entwickelt. Ziel ist es, bei den Probenuntersuchungen innerhalb kurzer Zeit sichere Ergebnisse zu erhalten. Der erste Entwurf wird derzeit zwischen den Experten der beteiligten EU-Mitgliedstaaten diskutiert und kommentiert.

Quelle: UD/fo
 

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