Politik

Chamäleon Cate

Schauspielerin oder Aktivistin? Cate Blanchett ist in zwei sehr unterschiedlichen Welten unterwegs. Als globale Botschafterin setzt sich die australische Schauspielerin für Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung ein. Blanchett macht sich aber nicht nur für andere stark, sie hat sich auch dazu verpflichtet, ihren eigenen Alltag nachhaltiger zu gestalten.

21.01.2022

Cate Blanchett

Text: James Evans, Richard Aldhous, 24kilos
Übersetzung: Elena Köhn

Cate Blanchett gilt als Vorbild für eine Branche, von der viele der Meinung sind, dass sie immer noch nicht genug tut, um echte, positive Veränderungen zu bewirken. Lob in diese Richtung hört die Schauspielerin allerdings nur ungern: „Ich habe es so satt zu hören: ‚Du bist eine starke Frau, du bist eine Inspiration in diesem oder jenem Bereich...‘“, sagt sie. „Was genau ist die Definition dafür? Was macht eine Frau stark, außer dass sie ein paar Kilo heben kann? Das ist ein sehr oberflächlicher, überstrapazierter Ausdruck, und ich mag ihn nicht wirklich.“ Wir befinden uns in einer Ära der Emanzipation, haben bereits viele gesellschaftliche Grenzen überwunden und uns als Bürgerinnen und Bürger in dieser Welt „wahrscheinlich noch nie weniger unterdrückt oder in einem System gefangen gefühlt“, findet Blanchett. Es sei allerdings falsch, uns jetzt schon zurückzulehnen und uns zu beglückwünschen.

Von der (Film)Bühne zur Aktivistin

Eigentlich hatte sich Blanchett nie vorgenommen, eine Aktivistin zu werden, „einer dieser Leute“, wie sie es sagt. Aber wenn man sieht, dass andere versagen, müsse man eben manchmal selbst tätig werden. Bereits vor über 20 Jahren gelang ihr mit ihrer Rolle als Elizabeth I., für die sie auch ihre erste Oscar-Nominierung erhielt, der Durchbruch. Seitdem genießt die Schauspielerin den Ruf, alle Erwartungen zu übertreffen und sich zudem durch die verschiedensten Genres bewegen zu können: Von dem Noir-Film „Der talentierte Mr. Ripley“ und ihrer Rolle als tragische Journalistin Veronica Guerin in dem gleichnamigen Biopic aus dem Jahr 2003, über „Hanna“ sowie die „Der Herr der Ringe“-Trilogie bis hin zu weiteren erfolgreichen Filmen wie „Notes on a Scandal“, „I'm Not There“, „The Golden Age“, „Thor: Ragnarok“ und „Ocean's 8“ – Blanchett ging immer bis an ihre Grenzen.

„Als ich aus der Schauspielschule kam, dachte ich nicht, dass ich jemals einen Film machen würde. Ich hatte immer auf eine lange Theaterkarriere gehofft“, erklärt die Schauspielerin. So sei es auch jetzt noch jedes Mal eine Freude, wenn sie einen Film mache. Deshalb vertritt sie auch bei ihrem Engagement einen ähnlichen Standpunkt: „Ich habe nie erwartet, dass irgendetwas davon funktioniert. Und genauso habe ich jetzt das Gefühl, dass ich nichts zu verlieren habe, wenn ich weitermache.“

Der Mut, für ihre Überzeugung einzustehen, hat sich für Blanchett offenbar ausgezahlt. So gilt sie für viele, neben ihrer Schauspielkarriere, als Fürsprecherin der Gleichberechtigung sowie als eine Ikone des modernen Umweltschutzes und letztlich besonders als Vorbild, wenn es darum geht, die Missstände in der Gesellschaft anzusprechen. „Meine Meinung zu den meisten Dingen ist nicht qualifizierter als die von anderen“, so Blanchett. „Aber wenn das bedeutet, dass andere aus der Dunkelheit hervortreten können und das Selbstvertrauen haben, sich selbst zu äußern, dann sage ich: ‚Warum nicht?‘“

Viele dieser Veränderungen kamen zustande, als mir klar wurde, dass meine Kinder in einer Welt aufwachsen, die sich nicht um ihr langfristiges Wohlergehen zu kümmern scheint, und für mich war das absolut herzzerreißend.

Mehr Nachhaltigkeit im eigenen Alltag

Tatsächlich kann man den Star wohl als ein gutes Beispiel aus der Filmbranche bezeichnen: Während andere lediglich die Leitbilder der großen globalen Sozialund Umweltorganisationen auflisten, konzentriert sich Blanchett viel mehr darauf, was sie selbst jeden Tag auch im Kleinen beeinflussen kann. Nachhaltigkeit steht dabei stets im Mittelpunkt. Vor vielen Jahren begann sie, ihre Gewohnheiten zu Hause nach und nach zu ändern, um ihre eigenen Treibhausgasemissionen zu verringern. So stellte sie zum Beispiel ihre häusliche Stromversorgung auf Grünstrom um und begann, ihre Wäsche mit kaltem Wasser zu waschen. Darüber hinaus investierte Blanchett in eine Dachisolierung, verpflichtete sich, mehr zu Fuß zu gehen und weniger mit dem Auto zu fahren, und verzichtet sogar auf unnötige Inlandsflüge. Bei anderen Flügen kompensiert sie außerdem die anfallenden Treibhausgasemissionen.

„Viele dieser Veränderungen kamen zustande, als mir klar wurde, dass meine Kinder in einer Welt aufwachsen, die sich nicht um ihr langfristiges Wohlergehen zu kümmern scheint, und für mich war das absolut herzzerreißend“, gibt Blanchett zu. Sie versuche, ihren Kindern beizubringen, dass es heute viele Dinge gibt, über die man nachdenken müsse, wenn man seinen Weg im Leben gehe. Ihre Kinder „haben nicht die gleiche sorglose Einstellung zur Welt oder zur Umwelt, die uns als Kindern zuteil wurde“, meint sie. Dieses Privileg hätten heutige Generationen nicht mehr.

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Sprecherin für LGBT-Rechte und Gleichstellung

Mit dem Film „Carol“, den sie 2015 drehte, wurde Blanchett auch zu einer führenden Verfechterin der LGBTRechte. „Ich schaue mir den Fortschritt an, den wir mit diesem Film gemacht haben, die Gespräche, die begonnen wurden, und ich bin sehr stolz darauf, wie viel Gutes dabei herausgekommen ist“, erläutert die Schauspielerin. Gleichzeitig sei sie aber auch erstaunt darüber, wie sehr sich die Gesellschaft seitdem weiterentwickelt hat und wie viel komplizierter die Regeln für Sexualität, Geschlecht und Akzeptanz geworden seien. „Es kann frustrierend sein, zu sehen, wie weit man gekommen ist und zu erkennen, dass die ganze Landschaft heutzutage so viel komplexer ist.“ Aber man rede darüber, deshalb sei das in Ordnung. Was unsere soziale und ökologische Entwicklung im kommenden Jahrzehnt angeht, so befürchtet Blanchett, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, wenn wir eine vollkommen gerechte Gesellschaft erreichen wollen. So sei es in vielen Branchen, Berufen, Städten und Dörfern nach wie vor so, dass das Geschlecht, die sexuelle Überzeugung, die Hautfarbe oder die Rasse das Erste sei, was einem ins Auge fällt.

Die Tür schließe sich, statt sich zu öffnen. „Ich würde gerne einen Punkt erreichen, an dem die Menschen das nicht mehr sehen und fühlen, aber ich glaube, das ist noch ein weiter Weg. Ich glaube auch, wir müssen versuchen, uns von der Vorstellung zu lösen, dass, wenn eine Person gewinnt, eine andere zwangsläufig verlieren muss“, meint Blanchett. Als Beispiel führt sie die Sexismus-Debatte auf. Sie glaube nicht, dass die Gleichstellung von Frauen dazu führe, Männer zu benachteiligen. Stattdessen würden Männer enorm profitieren. Es sei außerdem enorm kurzsichtig gedacht, wenn man Frauen bei kreativen Gesprächen nicht an den Tisch bringe. „Aber ich weiß, dass es immer noch eine große Angst gibt.“

Obwohl die australische Schauspielerin Fortschritte sieht, hat sie das Gefühl, dass viele dieser Fortschritte auch wieder rückgängig gemacht wurden: „Der Konservatismus wirkt sich darauf aus, wie sich Frauen in der Welt wahrnehmen“, findet Blanchett. Auch in Zukunft werde das eine Herausforderung sein.

Die Botschaft muss spannend sein

Und auch wenn Blanchett kein großer Fan des digitalen Zeitalters ist, räumt sie ein, dass die Werkzeuge, die uns heute zur Verfügung stehen, viel besser sind als die aus der Vergangenheit. „Wir haben jetzt definitiv eine bessere Chance als früher, etwas Wichtiges zu tun“, stellt sie fest. „Soziale Netzwerke können in manchen Fällen sehr nützlich sein – sie treiben Kampagnen voran, schaffen Wirkung, erhöhen die Aufmerksamkeit und bringen erstaunliche Menschen zusammen.“ Dennoch wünsche sie sich, eine bessere Möglichkeit, diese Dinge zu filtern. „Das ist der Grund, warum ich mich von Twitter und Facebook fernhalte – ich vergleiche es mit Graffiti ... man liest vielleicht ein oder zwei Dinge, die interessant sind, aber das meiste davon ist nicht sehr nützlich.“

Es sei außerdem eine Herausforderung, die Botschaft für ökologische und soziale Veränderungen spannend zu gestalten. „Das Gesagte kann leicht langweilig werden, und wir müssen dafür sorgen, dass die Botschaft unterhaltsam und fesselnd ist.“ Letztlich müsse man einfach weitermachen, um das Blatt irgendwann zu wenden.

Dieser Artikel ist im Original im Magazin „UmweltDialog“ zum Thema „Luxus“ erschienen.

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Quelle: UmweltDialog
 

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