Zocken, um Nachhaltigkeit zu verstehen
Das vielschichtige Thema Nachhaltigkeit im Schulunterricht zu vermitteln, ist für viele Lehrer eine Herausforderung. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben nun gemeinsam mit Klett MINT, einem Unternehmen der Klett Gruppe, Arbeitsmaterialien für Lehrkräfte veröffentlicht, die es Lehrern ermöglichen, anhand eines sogenannten Serious Games nachhaltige Landnutzung im Unterricht zu thematisieren. Das Online-Spiel LandYOUs sowie die Materialien richten sich an Schüler ab Klasse 9.
26.10.2016
In dem von Landschaftsökologen des UFZ und Biodidaktikern der MLU entwickelten Online-Spiel LandYOUs schlüpfen die Spieler in die Rolle des Präsidenten des fiktiven Staates Ecotania. Ausgestattet mit einem Haushaltsbudget können sie über maximal zehn Runden zeigen, ob ihnen der schwierige Spagat zwischen möglichst guten Bedingungen für die Umwelt auf der einen Seite und idealen Lebensverhältnissen für die Bewohner Ecotanias auf der anderen Seite gelingt. Die Spieler müssen dazu überlegen, wie sie sinnvoll Staatsgelder in die Bereiche Naturschutzgebiete, Land- und Forstwirtschaft, Stadtentwicklung sowie Bildung investieren.
Wer keinen Erfolg hat, wird durch die Bevölkerung gestürzt und muss das Spiel vorzeitig beenden. „Das Spiel veranschaulicht, dass es immer mehrere Faktoren sind, die man bei nachhaltiger Landnutzung im Blick haben muss, um der Bevölkerung Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, deren Lebensqualität sicherzustellen oder der Natur Raum zu geben“, sagt Prof. Dr. Ralf Seppelt, der im BMBF-Programm Nachhaltiges Landmanagement das wissenschaftliche Begleitvorhaben GLUES leitet.
Diese Faktoren hingen eng miteinander zusammen, seien aber nicht immer einfach und linear miteinander verbunden. Spannend ist der Ansatz, über ein Computerspiel auf Wissensvermittlung zu setzen. „Ein Spiel weckt die Neugier vor allem bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen, sich mit einem für sie neuen Thema zu beschäftigen“, sagt MLU-Professor Dr. Martin Lindner, der bei der didaktischen Umsetzung des Themas mitgewirkt hat.
Unterrichtsmaterial erklärt Nachhaltigkeit
Das auf der Basis des Spiels entwickelte Unterrichtsmaterial erleichtert es Lehrkräften, das komplexe Thema der Nachhaltigkeit im Unterricht zu thematisieren. Es beinhaltet eine 16-seitige Handreichung, die konkrete Anregungen gibt, wie sich mit dem Spiel eine bis zu vierstündige Unterrichtseinheit aufbauen lässt. Ergänzt wird dieser sogenannte Unterrichtsimpuls durch zwei Arbeitsblätter, die sich mit konkreten Aufgaben zu LandYOUs an die Schüler wenden. „Mit dem Online-Spiel und den Arbeitsmaterialien können Lehrer auf spielerische Art und Weise das sehr komplexe Thema Nachhaltigkeit aufgreifen und es für Schüler besser begreifbar machen. Damit möchten wir Pädagogen ermutigen und dabei unterstützen, im Unterricht digitale, schülernahe Methoden zu verwenden“, sagt Claudia Conrady, beim Verlag Klett MINT als Projektmanagerin zuständig für die Entwicklung von Lernmedien.
Gleichzeitig seien Lehrkräfte zunehmend aufgefordert, im Fachunterricht einen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung zu leisten. „Die Anknüpfungsmöglichkeiten in Geografie, Biologie, Sozialkunde oder Ethik sind groß“, ergänzt Conrady. Klett MINT kooperiert mit Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft, um Themen der Mathematik, der Informatik, der Technik und den Naturwissenschaften (MINT) im Bereich der Primar- und Sekundarstufen zu vermitteln.
Das Computerspiel und die Arbeitsmaterialien für Lehrer sind Ergebnisse der BMBF-Fördermaßnahme „Nachhaltiges Landmanagement“. In dieser Fördermaßnahme haben mehr als 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fast sieben Jahre rund um den Globus zu diesem Thema geforscht: Ob zum nachhaltigen Anbau von Reis in Südostasien, zur landwirtschaftlichen Nutzung von Steppen in Sibirien, zu Ökosystemleistungen entlang des Okavango-Flusses im Süden Afrikas oder zur nachhaltigen Landbewirtschaftung an Ost- und Nordsee-Küste. Das wissenschaftliche Begleitvorhaben GLUES (Global Assessment of Land Use Dynamics, Greenhouse Gas Emissions and Ecosystem Services) wurde am UFZ koordiniert.