Geldanlage
HVB: Erfolgsgeschichte Equator Principles
Internationale Projekte wie etwa Staudämme sind sozial und ökologisch besonders brisant. Seit drei Jahren beschränken sich eine Reihe Banken weltweit nicht mehr nur darauf, hierfür Kredite zu geben, sondern sie verknüpfen dies mit klaren ethischen Auflagen. Equator Principles nennen sie sich. Jetzt einigten sich die beteiligte Banken auf eine verschärfte Fassung. Wir sprachen mit den Nachhaltigkeits- und Projektmanagern Jens Kubusch und Sabine Lehan von der HypoVereinsbank (HVB) über Ziele und Grenzen der Initiative.
27.07.2006
Die Equator Principles sind seit 2003 ein Regelwerk für nachhaltige Projektfinanzierung. Können sie kurz die Geschichte der Initiative und die Motivation der HVB skizzieren?
Jens Kubusch: Die Equator Principles-Initiative startete im Oktober 2002 in London und sollte ursprünglich eine bloße Diskussionsrunde sein. Daraus entstand die Idee, auf Basis der Weltbankstandards eine Bankeninitiative zu gründen, die eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Einhaltung dieser Standards eingeht. Nachdem das für uns bei der HVB im Alltagsgeschäft sowieso schon üblich war, war es kein Frage, ob wir uns beteiligen.
...aber das gilt nicht für alle Finanzinstitute, denn sonst wäre die Initiative ja nicht notwendig gewesen!
Jens Kubusch: Stimmt. Was wir anfangs kritisch sahen, war, dass einige der beteiligten Banken damals durchaus Probleme in diesem Bereich hatten und mit einigen Projekten heftig in der Kritik standen. Da war kurzzeitig schon unsere Überlegung: Könnte das nicht zu sehr als PR ausgelegt werden? Wir haben dann aber den Eindruck gewonnen, dass alle Beteiligten das Thema wirklich ernst nehmen. Die Entwicklung hat gezeigt, dass es eine Erfolgsgeschichte geworden ist: Heute sind die Equator Principles fast ein globaler Industriestandard und für uns dadurch auch kein Wettbewerbsnachteil mehr.
Wurde das von allen Kunden von Anfang an so akzeptiert?
Sabine Lehan: Anfangs war schon eine gewisse Skepsis zu spüren. Es war aber eher ein Erstaunen, dass wir jetzt ein Feld besetzen, über das wir zuvor nur sporadisch Informationen verlangt haben. Sehr positiv war das Feedback dagegen von solchen Industrien, die in der Thematik schon sehr viel länger und tiefer involviert sind. Nämlich jene, die man salopp als „Dirty Business“ bezeichnet. Dort wird seit langem daran gearbeitet, nicht nur das Image aufzupolieren, sondern auch Sacharbeit zu leisten.
Nach drei Jahren wurden die Prinzipien jetzt überarbeitet. Was ist neu?
Sabine Lehan: Die International Finance Corporation (IFC) der Weltbank hat ihre Standards überarbeitet, und wir haben diese adaptiert. Der Grund für die Überarbeitung war, das Regelwerk auf den Stand der Zeit zu bringen: Es ist jetzt stringenter und um wichtige Themen wie Arbeitsstandards oder Treibhausgase und Klimawandel erweitert. Punkte wie eine Absenkung des Schwellenwertes von 50 auf 10 Mio. US$, ab denen die Equator Principles zum Einsatz kommen, sehen wir persönlich nicht als großen Wurf an, weil im internationalen Projektfinanzierungsgeschäft auch schon mit der 50 Mio.-Grenze rund 95 Prozent aller Fälle abgedeckt waren.
Es kam Kritik auf, die neuen IFC-Standards seien weicher formuliert als zuvor. Was antworten Sie?
Sabine Lehan: Das ist eine Auslegungsfrage. In der NGO-Gemeinde wird kritisiert, dass manche Regelungen weiter und damit vielleicht auch weicher gefasst sind. Der IFC tritt dem entgegen und sagt, eine weniger detaillierte Fassung helfe, den Prozess zu verbessern. Nehmen Sie das Beispiel der Einbindung von betroffenen Gemeinden: In der Vorgängerversion mussten die Gespräche zu genau festgelegten Zeiten erfolgen. Jetzt heißt es „In einer frühen Projektphase“. Wenn man mit der IFC spricht, dann sagen die: Wir wollten es eben zeitlich nicht genau festlegen, damit sich keiner zurücklehnen und sagen kann „Was wollt ihr? Wir haben der Pflicht doch genüge getan!“ Manchmal ist es eben besser, nicht genau festzuschreiben, wie viel gemacht werden muss, damit letztendlich mehr gemacht wird.
Wie funktioniert das in der Kreditvergabepraxis?
Sabine Lehan: In der Projektfinanzierung werden gemäß den Equator Prinzipien die Kreditanfragen analysiert und in die Kategorien A, B oder C unterteilt, um dann entsprechende Maßnahmen mit dem Kunden zu vereinbaren und in den Kreditverträgen zu dokumentieren. Bei den Buchstaben handelt es sich um Einschätzungen der Umweltauswirkungen, die ein jeweiliges Projekt hat, immer vorausgesetzt, man würde es einfach so laufen lassen und nichts machen. Dazu gehören Fragen wie: Kommt es zu Umsiedlungen von Personen? Sind indigene Völker involviert? Ist kulturelles Erbe in irgendeiner Form beeinträchtigt? Ist ein Naturschutzgebiet betroffen? Für solche Themen vergeben wir die Kategorie A. Wir verlagen dann vom Kunden, dass er Maßnahmen, die konform zu den IFC Standards sind, ergreift, oder wir stellen fest, dass man es nicht finanzieren kann und möchte.
Woher beziehen Sie Ihre Informationen?
Sabine Lehan: Wir beziehen die Informationen zunächst über den Kunden und informieren uns darüber hinaus zusätzlich. Es liegt an uns, all diese Daten kritisch zu überprüfen. Natürlich können wir Banker als Laien das im Einzelnen nicht beurteilen, und daher schalten wir in der Regel externe Berater ein, die den entsprechenden Sachverstand mitbringen.
Gibt es Firmen oder Branchen, die unter den Equator Principles generell von einer Projektfinanzierung ausgeschlossen sind?
Sabine Lehan: Welche Industriesparten oder Sektoren eine Bank finanziert, ist individuelle Bankenentscheidung und nicht in den Equator Principles geregelt. Auch die IFC hat eine Ausschlussliste von Sektoren, die sie nicht finanziert.
Dennoch war im letzten Jahr eine mögliche finanzielle Unterstützung von Lukoil höchst umstritten, die ja im Naturschutzgebiet der Kurischen Nehrung ihr Ölfeld D6 errichten wollen.
Sabine Lehan: Nur bei der Projektfinanzierung haben Banken den Hebel, um hier die Vorgaben auch machen zu können. Bei einer ganz normalen Unternehmensfinanzierung können sie sicherlich nicht so weit gehen, vorzuschreiben, wie das Unternehmen sein Management zu machen hat.
Jens Kubusch: Das strittige Ölprojekt D6 ist eindeutig keine Projektfinanzierung, sondern das kann Lukoil aus eigenen Mitteln realisieren. Alle Banken, die hier heftig kritisiert wurden, sind nur mit normalen Unternehmenskrediten engagiert. Allerdings kann man dann nicht ausschließen, dass Lukoil diese Kredite auch für solche Projekte verwendet, und an dieser Stelle ist die Kritik nicht ganz unberechtigt. Aber fest steht: Banken haben das Projekt nicht direkt finanziert.
... dann machen halt andere Banken das Geschäft!
Sabine Lehan: Deshalb wollen wir auch den Kreis der Equator Banken in Zukunft deutlich vergrößern! Die größte Herausforderung wird dabei sein, auch regionale Banken wie etwa in China oder Indien zu gewinnen. Wir beobachten nämlich, dass ein steigender Anteil der internationalen Projektfinanzierungen schon jetzt in diesen Ländern aus eigenen Kräften finanziert wird.
Die UN haben jüngst die Principles for Responsible Investment (PRI) ausgerufen. Ist das für sie eine Konkurrenz?
Sabine Lehan: Konkurrenz würde ich nicht sehen. Wenn man die Standards betrachtet, wird es am Ende eher konvergieren. Alles, was zusätzlich dazukommt, ist hilfreich, weil es das Bewusstsein für die Themen schärft.
Jens Kubusch: Die Equator Principles-Initiative wird sich weiterhin auf Projektfinanzierungen beschränken und kann daher auch nicht auf andere Bereiche übertragen werden. Wir müssen aber versuchen eine Einheitlichkeit herzustellen, denn sonst kommt viel Verwirrung auf.
Heißt dass, dass Sie sich auf Dauer in die PRI-Initiative einreihen werden?
Jens Kubusch: Ich denke, wir bleiben auf jeden Fall eine eigenständige Initiative. Schließlich haben wir auch schon große Erfolge vorzuweisen! Unsere Standards sind heute weitestgehend akzeptiert, handfest und nachprüfbar. Bei UN-Veranstaltungen ist es dagegen oft so, dass sie zwar eine gewisse Autorität haben, aber oft nur schwammige Vorgaben machen oder Absichtserklärungen abgeben. Wenn sich auf Dauer die PRI an die Equator Principles anpasst, dann wäre das doch viel besser!
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Jens Kubusch: Die Equator Principles-Initiative startete im Oktober 2002 in London und sollte ursprünglich eine bloße Diskussionsrunde sein. Daraus entstand die Idee, auf Basis der Weltbankstandards eine Bankeninitiative zu gründen, die eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Einhaltung dieser Standards eingeht. Nachdem das für uns bei der HVB im Alltagsgeschäft sowieso schon üblich war, war es kein Frage, ob wir uns beteiligen.
...aber das gilt nicht für alle Finanzinstitute, denn sonst wäre die Initiative ja nicht notwendig gewesen!
Jens Kubusch: Stimmt. Was wir anfangs kritisch sahen, war, dass einige der beteiligten Banken damals durchaus Probleme in diesem Bereich hatten und mit einigen Projekten heftig in der Kritik standen. Da war kurzzeitig schon unsere Überlegung: Könnte das nicht zu sehr als PR ausgelegt werden? Wir haben dann aber den Eindruck gewonnen, dass alle Beteiligten das Thema wirklich ernst nehmen. Die Entwicklung hat gezeigt, dass es eine Erfolgsgeschichte geworden ist: Heute sind die Equator Principles fast ein globaler Industriestandard und für uns dadurch auch kein Wettbewerbsnachteil mehr.
Wurde das von allen Kunden von Anfang an so akzeptiert?
Sabine Lehan: Anfangs war schon eine gewisse Skepsis zu spüren. Es war aber eher ein Erstaunen, dass wir jetzt ein Feld besetzen, über das wir zuvor nur sporadisch Informationen verlangt haben. Sehr positiv war das Feedback dagegen von solchen Industrien, die in der Thematik schon sehr viel länger und tiefer involviert sind. Nämlich jene, die man salopp als „Dirty Business“ bezeichnet. Dort wird seit langem daran gearbeitet, nicht nur das Image aufzupolieren, sondern auch Sacharbeit zu leisten.
Nach drei Jahren wurden die Prinzipien jetzt überarbeitet. Was ist neu?
Sabine Lehan: Die International Finance Corporation (IFC) der Weltbank hat ihre Standards überarbeitet, und wir haben diese adaptiert. Der Grund für die Überarbeitung war, das Regelwerk auf den Stand der Zeit zu bringen: Es ist jetzt stringenter und um wichtige Themen wie Arbeitsstandards oder Treibhausgase und Klimawandel erweitert. Punkte wie eine Absenkung des Schwellenwertes von 50 auf 10 Mio. US$, ab denen die Equator Principles zum Einsatz kommen, sehen wir persönlich nicht als großen Wurf an, weil im internationalen Projektfinanzierungsgeschäft auch schon mit der 50 Mio.-Grenze rund 95 Prozent aller Fälle abgedeckt waren.
Es kam Kritik auf, die neuen IFC-Standards seien weicher formuliert als zuvor. Was antworten Sie?
Sabine Lehan: Das ist eine Auslegungsfrage. In der NGO-Gemeinde wird kritisiert, dass manche Regelungen weiter und damit vielleicht auch weicher gefasst sind. Der IFC tritt dem entgegen und sagt, eine weniger detaillierte Fassung helfe, den Prozess zu verbessern. Nehmen Sie das Beispiel der Einbindung von betroffenen Gemeinden: In der Vorgängerversion mussten die Gespräche zu genau festgelegten Zeiten erfolgen. Jetzt heißt es „In einer frühen Projektphase“. Wenn man mit der IFC spricht, dann sagen die: Wir wollten es eben zeitlich nicht genau festlegen, damit sich keiner zurücklehnen und sagen kann „Was wollt ihr? Wir haben der Pflicht doch genüge getan!“ Manchmal ist es eben besser, nicht genau festzuschreiben, wie viel gemacht werden muss, damit letztendlich mehr gemacht wird.
Wie funktioniert das in der Kreditvergabepraxis?
Sabine Lehan: In der Projektfinanzierung werden gemäß den Equator Prinzipien die Kreditanfragen analysiert und in die Kategorien A, B oder C unterteilt, um dann entsprechende Maßnahmen mit dem Kunden zu vereinbaren und in den Kreditverträgen zu dokumentieren. Bei den Buchstaben handelt es sich um Einschätzungen der Umweltauswirkungen, die ein jeweiliges Projekt hat, immer vorausgesetzt, man würde es einfach so laufen lassen und nichts machen. Dazu gehören Fragen wie: Kommt es zu Umsiedlungen von Personen? Sind indigene Völker involviert? Ist kulturelles Erbe in irgendeiner Form beeinträchtigt? Ist ein Naturschutzgebiet betroffen? Für solche Themen vergeben wir die Kategorie A. Wir verlagen dann vom Kunden, dass er Maßnahmen, die konform zu den IFC Standards sind, ergreift, oder wir stellen fest, dass man es nicht finanzieren kann und möchte.
Woher beziehen Sie Ihre Informationen?
Sabine Lehan: Wir beziehen die Informationen zunächst über den Kunden und informieren uns darüber hinaus zusätzlich. Es liegt an uns, all diese Daten kritisch zu überprüfen. Natürlich können wir Banker als Laien das im Einzelnen nicht beurteilen, und daher schalten wir in der Regel externe Berater ein, die den entsprechenden Sachverstand mitbringen.
Gibt es Firmen oder Branchen, die unter den Equator Principles generell von einer Projektfinanzierung ausgeschlossen sind?
Sabine Lehan: Welche Industriesparten oder Sektoren eine Bank finanziert, ist individuelle Bankenentscheidung und nicht in den Equator Principles geregelt. Auch die IFC hat eine Ausschlussliste von Sektoren, die sie nicht finanziert.
Dennoch war im letzten Jahr eine mögliche finanzielle Unterstützung von Lukoil höchst umstritten, die ja im Naturschutzgebiet der Kurischen Nehrung ihr Ölfeld D6 errichten wollen.
Sabine Lehan: Nur bei der Projektfinanzierung haben Banken den Hebel, um hier die Vorgaben auch machen zu können. Bei einer ganz normalen Unternehmensfinanzierung können sie sicherlich nicht so weit gehen, vorzuschreiben, wie das Unternehmen sein Management zu machen hat.
Jens Kubusch: Das strittige Ölprojekt D6 ist eindeutig keine Projektfinanzierung, sondern das kann Lukoil aus eigenen Mitteln realisieren. Alle Banken, die hier heftig kritisiert wurden, sind nur mit normalen Unternehmenskrediten engagiert. Allerdings kann man dann nicht ausschließen, dass Lukoil diese Kredite auch für solche Projekte verwendet, und an dieser Stelle ist die Kritik nicht ganz unberechtigt. Aber fest steht: Banken haben das Projekt nicht direkt finanziert.
... dann machen halt andere Banken das Geschäft!
Sabine Lehan: Deshalb wollen wir auch den Kreis der Equator Banken in Zukunft deutlich vergrößern! Die größte Herausforderung wird dabei sein, auch regionale Banken wie etwa in China oder Indien zu gewinnen. Wir beobachten nämlich, dass ein steigender Anteil der internationalen Projektfinanzierungen schon jetzt in diesen Ländern aus eigenen Kräften finanziert wird.
Die UN haben jüngst die Principles for Responsible Investment (PRI) ausgerufen. Ist das für sie eine Konkurrenz?
Sabine Lehan: Konkurrenz würde ich nicht sehen. Wenn man die Standards betrachtet, wird es am Ende eher konvergieren. Alles, was zusätzlich dazukommt, ist hilfreich, weil es das Bewusstsein für die Themen schärft.
Jens Kubusch: Die Equator Principles-Initiative wird sich weiterhin auf Projektfinanzierungen beschränken und kann daher auch nicht auf andere Bereiche übertragen werden. Wir müssen aber versuchen eine Einheitlichkeit herzustellen, denn sonst kommt viel Verwirrung auf.
Heißt dass, dass Sie sich auf Dauer in die PRI-Initiative einreihen werden?
Jens Kubusch: Ich denke, wir bleiben auf jeden Fall eine eigenständige Initiative. Schließlich haben wir auch schon große Erfolge vorzuweisen! Unsere Standards sind heute weitestgehend akzeptiert, handfest und nachprüfbar. Bei UN-Veranstaltungen ist es dagegen oft so, dass sie zwar eine gewisse Autorität haben, aber oft nur schwammige Vorgaben machen oder Absichtserklärungen abgeben. Wenn sich auf Dauer die PRI an die Equator Principles anpasst, dann wäre das doch viel besser!
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Quelle: UD