Leben & Wohnen

Abschied vom Häuschen im Grünen?

Laut Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes ist die Bundesrepublik - bei gleichbleibender Flächeninanspruchnahme - in 80 Jahren vollständig bebaut. Der große Flächenverbrauch in Deutschland ist ein „leises“ Umweltproblem, das nur in kleinen Schritten deutlich wird. Nur wenige Kommunen haben bisher das Problem erkannt.

29.10.2003

Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung sieht zwar eine Beschränkung des Flächenverbrauchs von derzeit rund 130 Hektar auf 30 Hektar pro Tag bis 2020 vor, bislang allerdings ist noch kein Rückgang des Flächenverbrauchs verzeichnen. Hoher Flächenverbrauch bringt gravierende ökologische Probleme mit sich: Zerschneidung von Flächen, unzureichende Durchlässigkeit des Bodens, Verlust von Biotopen durch Bodenversiegelung. Der große Flächenverbrauch in Deutschland sei ein "leises Umweltproblem, das nur in kleinen Schritten deutlich wird", betonte Dr. Angelika Zahrnt, Vorsitzende des BUND und Mitglied des Nachhaltigkeitsrates. Mit einem neuen Leitbild für Bauen und Wohnen beschäftigen sich die Teilnehmer eines Themenforums auf dem Jahreskongress des Nachhaltigkeitsrates am 1. Oktober in Berlin.

Die Kommunen haben mit dem Flächenverbrauch gegenwärtig ganz unterschiedliche Probleme: Viele Städte schrumpfen, immer mehr Wohnungen und Industriegebäude stehen leer. Gleichzeitig führen Neubaugebiete in den so genannten Speckgürteln zu einer nahezu unkontrollierten Ausbreitung der Siedlungsräume. Ein Phänomen, mit dem auch niederländische Kommunen konfrontiert sind. Wie die niederländische Regierung seit Jahren diesem Problem begegnet, erläuterte Prof. Heinz-Jürgen Rosemann von der Technischen Universität Delft. Die Strategie des "Verdichtens und Verdünnens" sieht auf der einen Seite die Intensivierung der städtischen Flächen durch Umnutzung und Verdichtung und auf der anderen Seite die Anlage neuer Siedlungen in bevölkerungsarmen Regionen anstelle von Stadterweiterungen vor. Zum anderen bemühen sich viele niederländische Kommunen, die Attraktivität der Stadt als Wohnort zu erhöhen. Zum dritten werden die vorhandenen Verkehrsknotenpunkte optimal und intensiver genutzt, statt Autobahnen auszubauen und Standorte, Städte oder Erweiterungsgebiete neu zu erschließen.

Auch die Stadt Konstanz hat Maßnahmen gegen eine unkontrollierte Zersiedlung ergriffen. So wurde in Konstanz 1996 im breiten Konsens mit der Bürgerschaft und den Umweltverbänden der letzte Flächennutzungsplan für diese Generation aufgestellt, der die Nachverdichtung als vorrangiges Ziel vorsieht. Heute wohnen, arbeiten und konsumieren etwa 60 Prozent der Konstanzer innerhalb eines Umkreises von fünf Kilometer, betonte Horst Frank, Oberbürgermeister von Konstanz und Ratsmitglied. Um den Bau großer Einkaufzentren auf der grünen Wiese zu vermeiden, sollen große Einkaufszentren auf städtischen Brachflächen errichtet werden. Auf diese Weise werde einerseits Kaufkraft zurück in die Stadt geholt, andererseits soll diese Zentrierung für kürzere Wege für den Radverkehr und den öffentlichen Verkehr sorgen.

Prof. Paul Klemmer vom Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung unterstrich die These, dass nicht nur die Eigenheimzulage oder die Pendlerpauschale für den hohen Flächenverbrauch verantwortlich sind, sondern das Bodenpreisgefälle. Viele könnten sich Grund und Boden in der Stadt schlichtweg nicht leisten. Zudem könne die Bevölkerung in vielen Städten nur gehalten werden, wenn dort auch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Vergleichbare Erfolge wie in den Niederlanden, so Klemmer, werden daher ohne einen Wirtschaftsaufschwung in Deutschland nicht möglich sein.
Quelle: rne
 
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