Leben & Wohnen
Fussball WM: Die gefühlte Sicherheit
Eine Studie der Stiftung Warentest sorgt für Furore: Demnach weisen vier WM-Stadien erhebliche Mängel auf. Während Franz Beckenbauer verbal nachtritt ("Besserwisser, Olivenöl-Kenner"), kennt der Stadionbesucher die Probleme schon jetzt: Immer öfter werden Fussballspieler von Bechern und anderen Gegenständen, welche "Fans" werfen, getroffen. Insider warnen, dass durch Hartplastikbecher verursachte Verletzungen nicht nur für Spieler, sondern auch bei Fans mittlerweile zum wöchentlichen Bundesligaspieltag gehören. Schlechte Vorzeichen für die kommende WM?
11.01.2006
Mit Grummeln im Bauch darf man daher leider auch der Fußball-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr entgegen sehen, nachdem sich das Organisationskomitee (OK) des größten Fußballfestes aller Zeiten für den Ausschank von Getränken in Hartplastikbechern ausgesprochen hat. Das schwer wiegende Argument für diese Lösung war allerdings nicht der Sicherheitsaspekt, sondern die Frage der Umweltverträglichkeit. Und da Mehrwegssysteme in der deutschen Öffentlichkeit einfach positiver bewertet werden, wischte man andere bedenkenswerte Argumente zugunsten des gefühlten Umweltschutzes vom Tisch. Auch wenn beispielsweise die Deutsche Umwelthilfe e.V. das Umweltprogramm Green Goal der Fußball-WM gefährdet sah für den Fall, dass andere als Mehrwegbecher zum Einsatz kommen würden, hätte man insbesondere auch Sicherheitsaspekte berücksichtigen sollen.
Denn genau die Hartplastikbecher, die in diesen Wochen wieder für Verletzungen gesorgt haben, sollen nun zum Einsatz kommen. Erst im November wurde vor dem Amtsgericht Dortmund der Fall eines 13jährigen Fans von Schalke 04 verhandelt, der im Dezember 2004 beim Revierderby in Dortmund von einem solchen Becher ebenfalls schwer verletzt wurde. Zwar wurde die Klage auf Schmerzensgeld abgewiesen, Zivilrichter Helmut Aufderheide machte allerdings aus seiner Verwunderung über die bloße Existenz dieser Becher keinen Hehl, wie die Recklinghäuser Zeitung berichtete: Er habe es zunächst nicht für möglich gehalten, dass so ein Becher im Umlauf sei. Für ihn seien nun der Deutsche Fußballbund (DFB) und die deutsche Fußballliga (DFL) gefordert, die Becher gegebenenfalls aus dem Verkehr zu ziehen. Ebenso wie der Anwalt des 13jährigen Schalkefans hat übrigens auch Borussia Dortmund angekündigt, die Frage der Verletzungsgefahr durch die Hartplastikbecher gerichtlich neu aufzurollen - kein unbedeutender Hinweis auf die Brisanz, die auch auf Seiten der Vereine und Stadionbetreiber der Thematik zugemessen wird.
Und wer sich etwa im Internet abseits offizieller Vereinsseiten einmal den Fanforen widmet, findet ähnliche Vorkommnisse: Da schreibt etwa im HSV-Forum der User Hefferfan, der eine Dauerkarte in der Hamburger AOL-Arena besitzt: "Mein Sitznachbar wurde von einem vollen Bierbecher am Kopf getroffen, Samstag beim Nordderby, hat geblutet wie Sau, musste minutenlang am Platz von den Sanitätern behandelt werden uns ist dann ins Krankenhaus Altona gekommen." Selbst beim Nordderby gegen Werder Bremen am letzten Sonntag muss es dort erneut zu Verletzungen gekommen sein, hat ein User namens HSV-Perle beobachtet, als nämlich eine "Person beim 1:1 vor Wut den Becher auf einen älteren Herrn schmiss, so dass dieser mit einer riesigen Platzwunde auf dem Kopf von den Sanis von der Trübune geholt werden musste, um ihn zu behandeln." Dennoch stuft Wolfgang Niersbach, Vizepräsident des OK, die bisher bekannten Fälle als Einzelfälle ein, die man nie ganz ausschließen könne.
Dass Euphorie und mangelnde Selbstbeherrschung im Fußball oft dicht beieinander liegen, kann man in der Tat nicht ausschließen. Hätte das OK allerdings mit mehr Objektivität die Entscheidung in Sachen Cateringgeschirr für die WM-Stadien herbeigeführt, wäre den Verantwortlichen diese Diskussion möglicherweise erspart geblieben. Denn ein Blick auf die letzte Fußball-Europameisterschaft in Portugal hätte schon genügt, um zu wissen, dass der Einsatz weicherer Plastikbecher unter anderem der möglichen Verletzungsgefahr geschuldet war. Doch selbst, wenn man den Sicherheitsaspekt einfach außer Acht lässt, kann die bloße Begründung mit Umweltverträglichkeit der Mehrwegbecher kaum befriedigend sein. Unberücksichtigt blieb nämlich bei der Bewertung der Umweltverträglichkeit, dass die Hartplastikbecher nach der Weltmeisterschaft aufgrund des aufgedruckten WM-Logos nicht weiter verwendet, sondern einfach verbrannt werden.
Eine Analyse beispielsweise des Umweltmanagement-Systems der Münchener Allianz-Arena wäre nützlich gewesen, um sich von den Vorteilen von recyclebaren Mehrwegbechern zu überzeugen. Das modernste Stadion der Republik wird seit dieser Saison mit Cateringgeschirr des Pegnitzer Unternehmens Belland ausgerüstet. Die Becher aus speziellem Kunststoff lassen sich nach Angaben von Belland zu über 95 Prozent wieder verwerten. Neben dem Nürnberger Frankenstadion ist die Allianz-Arena europaweit derzeit die einzige Sportstätte vergleichbarer Größe, die ein Umweltmanagementsystem eingeführt hat und sich dem weltweit strengsten Prüfungsverfahren unterzieht, der so genannten EMAS-Qualifizierung (Environmental Management and Auditing System). Gab es zu Saisonbeginn noch Unkenrufe besonders aus Reihen der bayerischen Umweltschützer, dem Fröttmaninger Stadion drohe die wöchentliche Vermüllung, sind diese Kritiker nach der ersten Halbserie der Bundesliga komplett verstummt, denn die Sammlung der Recyclingbecher funktioniert ohne Reibungsverluste. Bisherige Erfahrungen mit Mehrwegbechern, so die Argumentation des Allianz-Arena-Betreibers Arena One zeigen eine Umlaufhäufigkeit von nur sieben bis neun Verwendungen. Danach müssen herkömmliche Mehrwegbecher durch neue rohstoff- und energieintensiv produzierte Becher ausgewechselt werden.
Denn genau die Hartplastikbecher, die in diesen Wochen wieder für Verletzungen gesorgt haben, sollen nun zum Einsatz kommen. Erst im November wurde vor dem Amtsgericht Dortmund der Fall eines 13jährigen Fans von Schalke 04 verhandelt, der im Dezember 2004 beim Revierderby in Dortmund von einem solchen Becher ebenfalls schwer verletzt wurde. Zwar wurde die Klage auf Schmerzensgeld abgewiesen, Zivilrichter Helmut Aufderheide machte allerdings aus seiner Verwunderung über die bloße Existenz dieser Becher keinen Hehl, wie die Recklinghäuser Zeitung berichtete: Er habe es zunächst nicht für möglich gehalten, dass so ein Becher im Umlauf sei. Für ihn seien nun der Deutsche Fußballbund (DFB) und die deutsche Fußballliga (DFL) gefordert, die Becher gegebenenfalls aus dem Verkehr zu ziehen. Ebenso wie der Anwalt des 13jährigen Schalkefans hat übrigens auch Borussia Dortmund angekündigt, die Frage der Verletzungsgefahr durch die Hartplastikbecher gerichtlich neu aufzurollen - kein unbedeutender Hinweis auf die Brisanz, die auch auf Seiten der Vereine und Stadionbetreiber der Thematik zugemessen wird.
Und wer sich etwa im Internet abseits offizieller Vereinsseiten einmal den Fanforen widmet, findet ähnliche Vorkommnisse: Da schreibt etwa im HSV-Forum der User Hefferfan, der eine Dauerkarte in der Hamburger AOL-Arena besitzt: "Mein Sitznachbar wurde von einem vollen Bierbecher am Kopf getroffen, Samstag beim Nordderby, hat geblutet wie Sau, musste minutenlang am Platz von den Sanitätern behandelt werden uns ist dann ins Krankenhaus Altona gekommen." Selbst beim Nordderby gegen Werder Bremen am letzten Sonntag muss es dort erneut zu Verletzungen gekommen sein, hat ein User namens HSV-Perle beobachtet, als nämlich eine "Person beim 1:1 vor Wut den Becher auf einen älteren Herrn schmiss, so dass dieser mit einer riesigen Platzwunde auf dem Kopf von den Sanis von der Trübune geholt werden musste, um ihn zu behandeln." Dennoch stuft Wolfgang Niersbach, Vizepräsident des OK, die bisher bekannten Fälle als Einzelfälle ein, die man nie ganz ausschließen könne.
Dass Euphorie und mangelnde Selbstbeherrschung im Fußball oft dicht beieinander liegen, kann man in der Tat nicht ausschließen. Hätte das OK allerdings mit mehr Objektivität die Entscheidung in Sachen Cateringgeschirr für die WM-Stadien herbeigeführt, wäre den Verantwortlichen diese Diskussion möglicherweise erspart geblieben. Denn ein Blick auf die letzte Fußball-Europameisterschaft in Portugal hätte schon genügt, um zu wissen, dass der Einsatz weicherer Plastikbecher unter anderem der möglichen Verletzungsgefahr geschuldet war. Doch selbst, wenn man den Sicherheitsaspekt einfach außer Acht lässt, kann die bloße Begründung mit Umweltverträglichkeit der Mehrwegbecher kaum befriedigend sein. Unberücksichtigt blieb nämlich bei der Bewertung der Umweltverträglichkeit, dass die Hartplastikbecher nach der Weltmeisterschaft aufgrund des aufgedruckten WM-Logos nicht weiter verwendet, sondern einfach verbrannt werden.
Eine Analyse beispielsweise des Umweltmanagement-Systems der Münchener Allianz-Arena wäre nützlich gewesen, um sich von den Vorteilen von recyclebaren Mehrwegbechern zu überzeugen. Das modernste Stadion der Republik wird seit dieser Saison mit Cateringgeschirr des Pegnitzer Unternehmens Belland ausgerüstet. Die Becher aus speziellem Kunststoff lassen sich nach Angaben von Belland zu über 95 Prozent wieder verwerten. Neben dem Nürnberger Frankenstadion ist die Allianz-Arena europaweit derzeit die einzige Sportstätte vergleichbarer Größe, die ein Umweltmanagementsystem eingeführt hat und sich dem weltweit strengsten Prüfungsverfahren unterzieht, der so genannten EMAS-Qualifizierung (Environmental Management and Auditing System). Gab es zu Saisonbeginn noch Unkenrufe besonders aus Reihen der bayerischen Umweltschützer, dem Fröttmaninger Stadion drohe die wöchentliche Vermüllung, sind diese Kritiker nach der ersten Halbserie der Bundesliga komplett verstummt, denn die Sammlung der Recyclingbecher funktioniert ohne Reibungsverluste. Bisherige Erfahrungen mit Mehrwegbechern, so die Argumentation des Allianz-Arena-Betreibers Arena One zeigen eine Umlaufhäufigkeit von nur sieben bis neun Verwendungen. Danach müssen herkömmliche Mehrwegbecher durch neue rohstoff- und energieintensiv produzierte Becher ausgewechselt werden.
Quelle: UD / pte