Geiz ist blöd und gefährdet Ihr Klima
Wegen Verstößen gegen die gesetzlich vorgeschriebene Energiekennzeichnung hat das Landgericht Stuttgart auf Antrag der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) gegen die Esslinger Filiale der Elektrogeräte-Kette Media Markt eine einstweilige Verfügung erlassen. Unter Androhung einer Geldstrafe von bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise bis zu sechs Monaten Haft für die Geschäftsführer verurteilte das Gericht die zum Metro-Konzern gehörende Filiale zur Einhaltung der Energieverbrauchskennzeichnungs-Verordnung.
15.12.2006
Ein Jahr nach den ersten Musterklagen der Deutschen Umwelthilfe e.
V. (DUH) gegen zwei Berliner Filialen der Elektrogeräteketten Media
Markt und Saturn verschärft sich die Auseinandersetzung um die korrekte
Energieverbrauchskennzeichnung und das Billig-Sortiment der
Marktführer. In Berufungsverfahren stemmen sich die betroffenen
Filialen, die beide zum Metro-Konzern gehören, weiterhin gegen ihre vor
dem Landgericht Berlin erlittenen Niederlagen. Gleichzeitig stellte die
DUH kürzlich im Rahmen stichprobenartiger Testbesuche in der Media
Markt Filiale Esslingen erneut massive Verstöße gegen die gesetzlich
vorgeschriebene Energieverbrauchskennzeichnung fest. Die DUH hatte daher beim
Landgericht Stuttgart den Erlass einer einstweiligen Verfügung
beantragen.
Die Energieverbrauchskennzeichnung von Kühl- und Gefriergeräten,
Waschmaschinen
oder Wäschetrocknern (so genannte "weiße Ware") soll es den Kunden bei
ihrer Kaufentscheidung erleichtern, ressourcenschonende und
klimafreundliche Geräte zu erwerben. Darüber hinaus würde mit einer
konsequenten Kennzeichnung ein Anreiz für Haushaltsgerätehersteller zur
Entwicklung energieeffizienterer und sparsamerer Geräte geschaffen.
"Während
das Einrichtungshaus Ikea und andere Elektroketten von der DUH
festgestellte Verstöße bei der Energieverbrauchskennzeichnung
unverzüglich abgestellt haben, verstoßen Filialen von Media Markt
uneinsichtig weiter gegen die Kennzeichnungspflicht. Gleichzeitig geht
"Ich-bin-doch-nicht blöd"-Anwalt Joachim Steinhöfel rabiat gegen
mittelständische Konkurrenten vor", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer
Jürgen Resch. Resch verwies auf entsprechende
Medienberichte , wonach hunderte Konkurrenten von Media Markt mit
"bösartigen Methoden" verfolgt würden und legte beispielhaft einen von
der DUH dokumentierten Fall in München von Ende Juli vor.
Wettbewerber mit Abmahnverfahren überzogen
Die
Media-Markt-Filiale in München-Solln hatte mit knapper Fristsetzung
"aufgrund Eilbedürftigkeit" und unter Zugrundelegung eines hohen
Streitwerts von 50.000 Euro von einem Elektrohändler die Korrektur der
Energieverbrauchskennzeichnung verlangt. Da es offenbar hunderte
vergleichbarer Abmahnverfahren gebe, in denen die Media Markt-Filialen
alle aus der Kanzlei des Rechtsanwalts und "Media-Markt-Reporters"
Joachim Steinhöfel vertreten werden, handele es sich erkennbar um eine Kampagne des
Marktführers, glaubt die DUH.
"Die DUH ist fast versucht, sich für die
Unterstützung beim Klimaschutz durch Anwalt Steinhöfel zu bedanken.
Leider drängt sich der Verdacht auf, als gehe es ihm nicht um
Wettbewerbsrecht und schon gar nicht um Klimaschutz, sondern um den
Versuch einer Marktbereinigung", so Resch. Angesichts dieser Praktiken
müssten sich die Saturn- und Media Markt Filialen ihrerseits auf
genaueste Kontrollen gefasst machen. Gerade im umsatzstarken
Vorweihnachtsgeschäft werde die DUH bundesweit - auch bei anderen
Elektrogerätehändlern - Testbesuche vornehmen, im Fall von Verstößen
konsequent juristische Schritte einleiten und die betroffenen
Unternehmen im Internet auf bewährte Weise auf die "DUH-Schmuddelliste"
setzen.
Keinerlei Forschritte
Die
beiden Ende 2005 in Berlin von der DUH verklagten Media Markt- und
Saturn-Filialen hatten seinerzeit zwar ihre Energiekennzeichnung noch
vor den Urteilen des Landgerichts Berlin korrigiert. Auch bundesweit
hatten sich viele Filialen beider Ketten nach Erkenntnissen der Umwelt-
und Verbraucherschützer verstärkt um eine korrekte Kennzeichnung
bemüht. Doch galt und gilt dies - wie der Fall Esslingen zeigt - bis
heute nicht für alle Geschäfte der Elektroketten.
"Keinerlei
Fortschritte" seien bei den Media- und Saturn-Märkten leider bezüglich
ihrer Marketingstrategie erkennbar, sagte Cornelia Ziehm, die Leiterin
Verbraucherschutz und Recht bei der DUH. "Wir erleben die unbeirrte
Fortsetzung der Geiz-ist-geil-Masche, obwohl inzwischen klar sein
müsste, dass gerade Billigprodukte wegen ihres unnötig hohen
Energieverbrauchs nicht nur das Klima belasten, sondern dem Kunden auf
Dauer auch noch teuer zu stehen kommen."
Eine von der
DUH durchgeführte Analyse des bei einem Dutzend Media Markt- und
Saturn-Filialen durchschnittlich angebotenen Sortiments an Kühlgeräten
(Kühlschränke und Kühlgefrierkombinationen) kommt zu dem
Ergebnis, dass nur etwa ein Drittel der Produkte den beiden oberen
Effizienzklassen A++ und A+ zuzurechnen ist. Die beste Effizienzklasse
A++ weist sogar nur etwa ein Prozent der Geräte auf. Offensiv in
Zeitungsbeilagen etc. beworben werden nach DUH-Beobachtungen
gegenwärtig Kühlgeräte der lediglich drittbesten Effizienzklasse A.
"Die sind statt ´sau, sau, sau, saubillig´, tatsächlich im Verbrauch
sau, sau, sauteuer", sagte Ziehm unter Hinweis auf die aktuelle Werbung
bei Media Markt.