BMW: Der Umweltbeauftragte im Wandel der Zeit
Früher dachte man, sie sorgen für Mülltrennung und machen das Licht aus. Doch die Arbeit eines Umweltbeauftragten ist um einiges vielfältiger - gerade heutzutage. Wie haben sich Aufgaben und Rahmenbedingungen im Laufe der Zeit verändert und wie haben die Betroffenen diesen Wandel erlebt? Darüber sprachen wir mit Walter Pippig und Herbert Höltschl, zwei Umweltexperten der BMW Group.
12.01.2007
Herr Pippig, Herr Höltschl, wie ist Ihr persönlicher Werdegang zum Umweltbeauftragten verlaufen?
Walter Pippig:
Ich bin 1984 nach meinem Bauphysikstudium als Spezialst für
Schallissionsschutz bei BMW eingestiegen. Später kamen die Bereiche
Luftreinhaltung und Genehmigungsrecht dazu. Heute bin ich
Umweltbeauftragter für Immissionsschutz, Genehmigungsplanung und
Emissionshandel.
Herbert Höltschl: Ich habe
1979 im Werk Dingolfing begonnen und war damals zuständig für den
Bereich Fehleranalyse Gesamtfahrzeug. In dieser Funktion bin ich zum
ersten Mal im Zuge der Akustik- und Abgasmessungen mit dem Umweltschutz
in Berührung gekommen. Nach vier Jahren in Berlin bin ich schließlich
1988 ins Werk München zurückgekehrt und von 2001 bis zum Frühjahr 2006
war ich Leiter des Motorenwerks. Seit Mai letzten Jahres bin ich der
Konzernbeauftragte Umweltschutz der BMW Group.
UD: Wie sah beziehungsweise sieht der Arbeitsalltag eines Umweltbeauftragten aus?
Pippig:
Früher waren wir näher am und im Werk, hauptsächlich geprägt durch die
Münchener Standortsituation, als sich der Stadtteil quasi um uns herum
geschlossen hat und wir nicht länger auf der Wiese vor der Stadt
produziert haben. Das sah dann auch schon einmal so aus, dass man sich
die Nächte auf dem Balkon einer angrenzenden Mietwohnung um die Ohren
geschlagen hat, um Schallmessungen vorzunehmen. Heute bewegt man sich
mehr in der strategischen Ebene, koordiniert den operativen Bereich und
kümmert sich verstärkt um die Frage, was kommt auf das Unternehmen zu,
was steht in Zukunft an...
Höltschl: ...
Abfrage des Umweltradars nennen wir das. Im Kern geht es uns darum, auf
dem neuesten Stand zu bleiben, was die aktuellen Entwicklungen intern
und extern angeht. Dazu gehört der regelmäßige Besuch der nationalen
und internationalen Standorte. Denn wir müssen die Situation vor Ort
kennen und auch mit den Unterschieden von Sprache und Kultur vertraut
sein um in unserem weltweiten Umweltschutznetzwerk voneinander zu
lernen und Best-Practice-Lösungen zu identifizieren, die man eventuell
auf andere Standorte übertragen kann. Deswegen haben wir z.B. auch
Workshops eingerichtet, in denen die Umweltbeauftragten aus allen
Ländern zusammenkommen und sich über die neuesten Entwicklungen
austauschen.
UD: Das Thema Umweltschutz spielt im politischen und
gesellschaftlichen Diskurs eine immer wichtigere Rolle. Inwieweit hat
das zu einer Veränderung der Unternehmensphilosophie bei BMW im
Hinblick auf den Umweltschutz geführt?
Pippig:
Als erfolgreicher Premium-Hersteller war für uns das Thema Umweltschutz
schon immer wichtig. Ein besonders wichtiger Schritt dabei war sicher die
Einführung des Umweltmanagementsystems in den Produktionsstandorten
1994. Damit wurde das Thema Umweltschutz besser im Unternehmen
verankert. Gleichzeitig gab es uns eine höheren Planungssicherheit bei
der Einführung neuer Prozesse, da überall in der Produktion die
gleichen Standards galten. Deswegen war für mich der Schritt, das
Umweltmanagementsystem 2002 auch innerhalb der Zentralbereiche zu
implementieren, ein Meilenstein.
Höltschl: Dabei ist die Philosophie bei BMW im Endeffekt gleich geblieben: Wir wollen uns ständig auf allen Gebieten des Umweltschutzes verbessern. Aber die Rahmenbedingungen ändern sich zwangsläufig, wenn man zum Global Player avanciert. Da geht es viel stärker darum, Prozesse zentral zu planen, um die optimale Ressourceneffizienz sicher zu stellen. Dies verlangt von uns aber verstärkt, dass wir unsere Vorhaben in die Sprache des Unternehmens übersetzen. So müssen wir etwa einem Planer klar machen, welches Referenzsystem er zu erfüllen hat im Hinblick auf Energieeffizienz, Ressourcenschonung und sonstige Umweltbelastungen. Und das gilt nicht nur für uns bei BMW, sondern auch für unsere Zulieferer und externen Dienstleister, denn wir fühlen uns für die komplette Lieferkette verantwortlich.
UD: Und wie stellen Sie das sicher?
Höltschl:
Um unsere Standards auch bei unseren Partnern zu etablieren führen wir
kontinuierlich Audits durch und haben darüber hinaus z.B. Schulungen
entwickelt, die in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden.
UD: Inwieweit haben sich auch die Messmethoden im Laufe der Zeit verändert?
Pippig:
Früher ging es vor allem um das Physikalische, wie die Emissionsmessung
und -minderung. In der Zwischenzeit steht die Gesundheit des Menschen
stärker im Mittelpunkt und damit alles, was auf ihn einwirkt, wie
Luftschadstoffe oder Lärmbelastung. Dazu ist durch die Einführung des
Umweltmanagementsystems das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung
mittlerweile ein Prozess, den man mit Zahlen belegen kann. Und last but
not least spielt die Außenwirkung eine große Rolle. Hier erhalten wir
ein positives Feedback wie Rankingpositionen und Umweltpreise belegen.
UD: Gerade Automobilhersteller werden, was den Bereich Ökologie angeht, kritisch beäugt. Wie gehen Sie in Ihrem Alltag damit um?
Pippig:
Das Thema Außendarstellung hat bei BMW schon allein aufgrund der
Standortsituation in München Tradition. Alle Anlieger werden stets
offen über anstehende Veränderungen informiert. Uns war immer wichtig
darzustellen, dass wir ein offenes Ohr für die Belange der Betroffenen
haben und versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Das hat bisher
gut funktioniert.
Höltschl: Uns ist
wichtig, direkt auf die Menschen zuzugehen und die Probleme und
Bedenken in offenen Gesprächen zu klären. Das heißt auch, kein
Fachchinesisch zu reden. Zum Beispiel erklären wir die Maßeinheit einer
Tonne CO2 gerne anhand eines Schwimmbeckens: 25 Meter lang, 10 Meter
breit und 2 Meter tief. Das kann man sich vorstellen. Damit erreichen
wir am besten ein Feedback, und sei es in Form von Kritik. Aber auch
die bringt uns weiter, wenn sie uns aufzeigt, was wir unter Umständen
zu wenig berücksichtigt haben.
UD: Was sind die nächsten Projekte, die Sie bei BMW angehen?
Höltschl: Derzeit generieren wir auf der Grundlage eines umfassenden Datenmanagements ein Umweltcontrollingprogramm auch mit dem Ziel, den Business Case von Umweltmaßnahmen weiter zu entwickeln.
Walter Pippig ist Referent für Immissionsschutz und Genehmigungsplanung und Verantwortlicher der BMW Group für Emissionshandel.
Herbert Höltschl ist seit Mai 2006 Konzernbeauftragter für Umweltschutz bei der BMW AG.