Politik

Menschenrechte & Wirtschaft: Alternative Konfliktlösung

Beschweren statt vor Gericht ziehen? Inwieweit dies bei Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen eine Alternative bietet, wird nun anhand konkreter Beispiele untersucht. Im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Projekts werden dazu drei Kategorien von Beschwerdemechanismen analysiert. Im Fokus stehen dabei solche, die von internationalen Institutionen, Unternehmen und Multi-Stakeholder-Initiativen etabliert wurden. Insgesamt werden neun Fallbeispiele inklusive der Weltbank, eines bekannten Sportartikelherstellers sowie mehrerer internationaler Initiativen näher betrachtet. Ziel ist es, die Best Practice- und Exzellenz-Kriterien für Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen in einem unternehmerischen Kontext zu identifizieren.

02.11.2012

Bild: Marion Lenzen
Bild: Marion Lenzen
Menschenrechte wiegen mehr als Firmengewinne. Was selbstverständlich erscheint, ist jedoch nicht überall Realität. Kinderarbeit und industrielle Umweltzerstörung verdeutlichen dies. Tatsächlich können Menschenrechte und unternehmerische Interessen in einem problematischen Verhältnis zueinander stehen. Doch existierende Mechanismen zur Lösung solcher Konflikte kommen rasch an ihre (Staats-)Grenzen. Denn Staaten bilden die eigentliche Basis des Menschenrechtssystems. Damit sind zwar gerichtliche Wege zur Konfliktlösung verfügbar, diese sind aber komplex und häufig nicht zufriedenstellend. In Konsequenz fehlt es oft an Wiedergutmachung oder Rechtsschutz für die Opfer. In einem jetzt anlaufenden Projekt des Wissenschaftsfonds FWF werden daher außergerichtliche Lösungswege untersucht, die Alternativen aufzeigen.

Leicht beschweren

Den Fokus des Projekts erläutert die Projektleiterin Dr. Karin Lukas vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte wie folgt: "Beschwerdemechanismen scheinen effiziente Lösungswege außerhalb der Gerichtlichkeit zu bieten. Ob das tatsächlich so ist - und wenn ja, in welchem Ausmaß -, untersuchen wir anhand der Analyse von neun Beispielen." Dabei differenziert Dr. Lukas drei Kategorien von Organisationen, die Beschwerdemechanismen für die Konfliktlösung mit Unternehmen eingerichtet haben: internationale Institutionen, Unternehmen und Multi-Stakeholder-Initiativen.

Für die Kategorie "Internationale Institutionen" analysieren Dr. Lukas und ihr Team Beschwerdemechanismen, die von der OECD, der Weltbank und der International Finance Corporation (IFC) eingerichtet wurden. So hat die OECD relevante Leitfäden für multinationale Firmen herausgegeben und mit nationalen Kontaktpunkten auch für deren Umsetzung gesorgt. Die Weltbank und die IFC wiederum schufen interne Mechanismen, um Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen in von ihnen begleiteten Projekten effizient zu begegnen. In der Kategorie "Unternehmen" werden Dr. Lukas und ihr Team neben den Beschwerdemechanismen von Adidas auch jene von Hewlett Packard Mexiko Ltd. und dem Bergbaukonzern Goldcorp näher analysieren. Alle drei sind multinationale Unternehmen, die bereits vor einiger Zeit unternehmensinterne Beschwerdemechanismen etabliert haben und mit diesen Erfahrungen sammeln konnten. Ergänzt werden diese Untersuchungen durch die Analyse solcher Mechanismen bei Multi-Stakeholder-Initiativen wie der Fair Wear Foundation, der Ethical Trading Initiative und der Fair Labour Association. Diese schaffen Richtlinien für den besonderen Schutz von ArbeitnehmerInnen in speziellen Industrien und errichten Mechanismen in ihren Partnerbetrieben, um Verstöße zu ahnden.

Leiten statt leiden

Zu den primären Zielgruppen für die zu erwartenden Ergebnisse ihrer Arbeit meint Dr. Lukas: "Personen, die Menschenrechtsverletzungen erlitten haben, werden die Erkenntnisse als Leitfaden zur Beurteilung der Wirksamkeit solcher Beschwerdemechanismen dienen können. Tatsächlich können effiziente außergerichtliche Beschwerdemechanismen ja die emotionale und finanzielle Schwelle für Betroffene senken, um gegen die Verletzung ihrer Rechte vorzugehen. Für Unternehmen wiederum werden Exzellenz-Kriterien identifiziert. Diese werden als Grundlage bei der Einrichtung eines Beschwerdemechanismus fungieren und dessen Effizienz unterstützen können." Ganz besonders wichtig werden diese Ergebnisse vor dem Hintergrund eines Konzepts, das vom UN-Sonderbotschafter John Ruggie im Jahr 2008 vorgelegt wurde. Dieses fordert die Respektierung von Menschenrechten durch Firmen, den staatlichen Schutz des Individuums vor Menschenrechtsverletzungen durch Dritte sowie Lösungswege, um mit Menschenrechtsverletzungen in einer angemessenen Form zu verfahren. Das nun vom FWF bewilligte Projekt trägt dazu bei, wissenschaftlich qualifizierte Daten zur Umsetzung dieses Konzepts anzubieten.
Quelle: UD / fo
 
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