Weltweite humanitäre Programme in Gefahr
Die 90-tägige Aussetzung der US-Hilfsgelder beeinträchtigt die weltweite humanitäre Arbeit des internationalen Netzwerks von Aktion gegen den Hunger erheblich. Insgesamt sind 50 Programme in über 20 Ländern betroffen.
12.03.2025

„Die vorübergehende Einstellung der US-Hilfsprogramme hat dramatische Folgen für hunderttausende Menschen weltweit, die dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Die Suspendierung der US-Mittel erschwert es Hilfsorganisationen wie Aktion gegen den Hunger, dringend benötigte lebensrettende Hilfe zu leisten“, sagt Dr. Helene Mutschler, Geschäftsführerin von Aktion gegen den Hunger. „Viele Länder, in denen wir arbeiten, werden Schwierigkeiten haben, ihre Ernährungs-, Gesundheits- und Sozialsysteme aufrechtzuerhalten. Die abrupten Kürzungen werden den weltweiten Bedarf an humanitärer Hilfe erhöhen und die Grundversorgung in vielen Ländern gefährden.“
Wie viele andere Hilfsorganisationen und UN-Institutionen ist auch das internationale Netzwerk von Aktion gegen den Hunger auf finanzielle Unterstützung aus den USA angewiesen. Über 30 Prozent der institutionellen Finanzierung stammen aus US-Beiträgen, die unter anderem lebensrettende Maßnahmen zur Behandlung schwerer akuter Unterernährung ermöglichen. Durch die Aussetzung dieser Mittel fehlen dem Netzwerk nun bis zu 120 Millionen Dollar für seine humanitäre Arbeit weltweit. Erste Projekte, die auf US-Finanzierung angewiesen sind, mussten bereits eingestellt werden. Dennoch setzen die Teams von Aktion gegen den Hunger alles daran, die dringend benötigten Hilfsmaßnahmen so weit wie möglich fortzuführen.
In bestimmten Fällen wurden Ausnahmegenehmigungen erteilt, um einzelne lebensrettende Programme weiterhin durchführen zu können. Dennoch steht auch Aktion gegen den Hunger – wie viele andere Hilfsorganisationen – vor großen Herausforderungen, da die Finanzierung aus den USA ausbleibt. „Ohne die notwendigen Mittel zur Finanzierung unserer Projekte in den kommenden Tagen müssen wir fast alle durch US-Hilfe finanzierten Aktivitäten unterbrechen. Dazu gehört auch unsere lebensrettende Nothilfe für akut unterernährte Kinder“, erläutert Mutschler.
Zäsur in der humanitären Hilfe
Die USA sind der mit Abstand größte Geber für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Im Jahr 2024 stellten sie schätzungsweise 64 Milliarden Dollar bereit, was rund 42 Prozent der weltweiten internationalen Hilfsleistungen ausmacht. In Krisenregionen wie der Demokratischen Republik Kongo entfallen sogar 70 Prozent der gesamten humanitären Hilfe auf US-Mittel. Diese Unterstützung entspricht etwa ein Prozent des US-Bundeshaushalts.
„Die Suspendierung der US-Hilfen markiert einen Wendepunkt in der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit. Hilfsorganisationen sind mehr denn je auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft angewiesen, um Menschen in Not zu helfen. Deutschland leistet einen bedeutenden Beitrag zur internationalen Hilfe und Entwicklung und sollte dieser Verantwortung auch in Zukunft gerecht werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Werte von Menschlichkeit und Solidarität. Angesichts der aktuellen dramatischen Entwicklungen muss die künftige Bundesregierung die geplanten Kürzungen bei der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit dringend überdenken“, so Mutschler.
Folgen für betroffene Länder
In Afghanistan betreibt Aktion gegen den Hunger ernährungsmedizinische Abteilungen in den Krankenhäusern von Kabul und Badakshan, um Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung zu behandeln. Zusätzlich versorgen mobile Kliniken ländliche und schwer erreichbare Gebiete mit medizinischer Grundversorgung. Doch aufgrund der Kürzung finanzieller Mittel droht die Einstellung dieser Maßnahmen. Dadurch könnten rund 9.500 Kinder unter fünf Jahren sowie schwangere und stillende Frauen nicht mehr medizinisch betreut werden – mit potenziell irreversiblen Folgen für die Entwicklung der Kinder und einer möglichen Lebensgefahr. Zudem würden etwa 29.400 von Ernährungsunsicherheit betroffene Menschen keine Nahrungsmittel oder Bargeldhilfen für Lebensmittel mehr erhalten. Weitere 21.100 Menschen wären von einem eingeschränkten Zugang zu Wasser- und Sanitärmaßnahmen betroffen.
In Nigeria erhalten derzeit 11.000 Kinder unter fünf Jahren medizinische Behandlung gegen schwere akute Unterernährung. Ohne diese lebenswichtigen Programme könnte für einige von ihnen das Überleben gefährdet sein. Sollte die Nothilfe eingestellt werden, hätten zudem mehr als 90.000 Menschen in Vertriebenenlagern, Krankenhäusern und Gemeinden keinen Zugang mehr zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Dies würde die bereits schwierigen Lebensbedingungen weiter verschärfen und die öffentliche Gesundheitsversorgung erheblich beeinträchtigen.
Im Süden Madagaskars bleibt der Zugang zu sauberem Wasser nach vier aufeinanderfolgenden Dürrejahren eine enorme Herausforderung für die Bevölkerung. In den Regionen Androy und Anosy unterstützt Aktion gegen den Hunger fast 30.000 Menschen mit Trinkwasser, funktionierenden Latrinen, Hygienesets und Schulungen für lokales Personal. Ein Ausbleiben der US-Hilfen für diese essenziellen Maßnahmen würde das Risiko von Epidemien und wasserbedingten Krankheiten – die Hauptursachen für Kindersterblichkeit – weiter erhöhen. Zudem könnten Gesundheitszentren und Krankenhäuser nicht mehr mit dringend benötigten Medikamenten und therapeutischer Fertignahrung zur Behandlung schwerer akuter Unterernährung versorgt werden.
Über Aktion gegen den Hunger
Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre und entwicklungspolitische Hilfsorganisation, die weltweit in 56 Ländern und Regionen aktiv ist und über 21 Millionen Menschen unterstützt. Seit über 45 Jahren kämpft Aktion gegen den Hunger gegen Mangelernährung, schafft Zugang zu sauberem Wasser und gesundheitlicher Versorgung. 8.987 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten Nothilfe und unterstützen Menschen beim Aufbau nachhaltiger Lebensgrundlagen.