Waldnutzung im Klimawandel: Forschung liefert Impulse zum Tag des Waldes
Am 21. März rückt der Internationale Tag des Waldes die Bedeutung dieses Ökosystems in den Mittelpunkt. Weltweit nehmen Konflikte um die Nutzung und den Erhalt von Wäldern zu – auch in Deutschland. Der Klimawandel verschärft diese Auseinandersetzungen weiter: Trockenheit, Hitzestress und Schädlinge setzen den Wäldern zu und führen in vielen Regionen zu großflächigen Waldschäden. Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung hat Mediationsansätze entwickelt und erprobt, um Konflikte rund um die Waldnutzung konstruktiv zu lösen.
21.03.2025

Kontroverse um die Zukunft der deutschen Wälder
Die Zukunft der deutschen Wälder ist zunehmend Gegenstand intensiver Debatten. Der Klimawandel setzt die Ökosysteme unter Druck: Anhaltende Trockenperioden und Hitzestress schwächen die Bäume, während Schädlinge sich leichter ausbreiten können. In vielen Regionen haben sich bereits großflächige Schadflächen gebildet, auf denen zahlreiche Bäume abgestorben sind – ein Bild, das sowohl Spaziergänger als auch Forstfachleute besorgt.
Über den richtigen Umgang mit diesen Herausforderungen besteht jedoch Uneinigkeit. Soll abgestorbenes Holz entfernt oder vor Ort belassen werden? Sollen Schadflächen aktiv aufgeforstet oder der natürlichen Regeneration überlassen werden? Die Antworten auf diese Fragen hängen oft von den jeweiligen Interessen ab. Während Erholungssuchende, Jäger:innen, Forstmitarbeitende und Umweltschützer unterschiedliche Perspektiven vertreten, können sich die Standpunkte so stark verhärten, dass ein konstruktiver Austausch kaum noch möglich ist.
Dialog als Schlüssel zur Konfliktlösung
Wie sich diese Nutzungskonflikte konstruktiv bearbeiten lassen, hat das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung in zwei Fallstudien untersucht. „Die Interessen von Klima-, Natur- und Umweltschutz, Jagd, Forstwirtschaft und touristischer Nutzung unter einen Hut zu bekommen, ist eine große Herausforderung“, sagt Co-Projektleiter Michael Kreß-Ludwig. „Es geht darum, dass die Konfliktparteien ihre unterschiedlichen Perspektiven in einem moderierten Prozess teilen und einander verstehen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass alle gemeinsam Lösungswege erarbeiten können, die schließlich alle Akteursgruppen mittragen.“
Häufig erschweren festgefahrene Positionen jedoch eine sachliche Entscheidungsfindung. So bestehe die Gefahr, dass nicht alle relevanten Informationen, etwa zu den Ursachen und Folgen von Waldschäden, einbezogen werden. Fehlendes Wissen kann zu nicht optimalen Entscheidungen führen. Zudem bergen Konflikte das Risiko von Blockaden – sei es durch Proteste oder juristische Auseinandersetzungen. „Oft kommt es zu Frustrationen auf allen Seiten, die dann das Engagement der verschiedenen Gruppen für den Wald einschränken. Ein Ergebnis, das eigentlich keine der beteiligten Gruppen anstrebt, wollen doch alle in erster Linie den nächsten Generationen einen widerstandsfähigen Wald übergeben“, sagt Kreß-Ludwig.
Mediation als Lösungsansatz
Im Rahmen der Fallstudien haben Fachleute Mediationsmethoden mit einer sozial-ökologischen Perspektive verknüpft. Dabei wurden Personen mit unterschiedlichen Ansichten zur Entwicklung eines Waldgebiets in einem moderierten Prozess zusammengebracht, um ihre jeweiligen Perspektiven auszutauschen. Die Forschenden begleiteten diesen Ansatz wissenschaftlich und leiteten daraus allgemeingültige Erkenntnisse für den Umgang mit Konflikten in der Waldnutzung ab.
Ziel der eingesetzten Formate, wie beispielsweise runde Tische, war es zunächst, die Positionen aller Beteiligten umfassend zu erfassen. In den anschließenden Gesprächen standen die Erarbeitung einvernehmlicher Lösungen und die Überwindung verhärteter Fronten im Mittelpunkt. Die in zwei deutschen Mittelgebirgen durchgeführten Fallstudien zeigten, dass für eine erfolgreiche Mediation nicht nur sachliche und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden müssen, sondern auch emotionale und wertorientierte Faktoren eine entscheidende Rolle spielen.
Wege zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung
Co-Projektleiterin Deike Lüdtke erklärt: „Der Weg hin zu wirksamen Lösungen für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung führt über konstruktive, ergebnisoffene Dialoge.“ Im Ergebnis sei es gelungen, während der Prozesse die zuvor konfrontativen Positionen aufzuweichen und gemeinsam individuelle Lösungsoptionen zu entwerfen. „Die Beteiligten haben Verständnis für die Positionen der anderen entwickelt und gemeinsam an Ideen für die Weiterentwicklung der Wälder gearbeitet. Die Mediation hat zu besseren und schnelleren Entscheidungen geführt“, berichtet Lüdtke.
Ein konkretes Beispiel sei die Entscheidung einer Naturschutzbehörde, in bestimmten Fällen zeitlich befristete Ausnahmen bei der Holzrückung zuzulassen, um eine übermäßige Belastung des Bodens zu vermeiden. Die Erkenntnisse aus diesen Mediationsprozessen könnten insbesondere für Kommunen wertvoll sein, die bereits mit Nutzungskonflikten konfrontiert sind oder in Zukunft mit ähnlichen Herausforderungen rechnen müssen.
Forschungsprojekt „Zukunft des Waldes: Konflikte und Lösungsansätze“
Detaillierte Informationen zum Forschungsprojekt „Konflikte um den Wald der Zukunft – Analyse und kooperative Bearbeitung von waldbezogenen Aushandlungsprozessen im Kontext des Klimawandels“ sind unter folgendem Link abrufbar: www.waldkonflikte.de. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des Förderprogramms „Nachwachsende Rohstoffe“ auf Basis eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.