Wolfsjagd als Lösung? Brandenburgs Umweltministerin in der Kritik
Hanka Mittelstädt fordert die Regulierung des Wolfsbestands – doch Experten widersprechen. Studien zeigen: Jagd verringert Übergriffe auf Weidetiere nicht, oft ist das Gegenteil der Fall. Während sie steigende Risszahlen betont, ignoriert sie sinkende Zahlen in wolfsreichen Regionen. Ein Faktencheck zur umstrittenen Debatte.
08.04.2025

Hanka Mittelstädt, Umweltministerin in Brandenburg, führt Politik und Öffentlichkeit mit ihrer Initiative zur Regulierung des Wolfsbestands hinters Licht: Die Politikerin erweckte mit ihrer Rede auf der Sitzung des Bundesrats Ende März zum einen den Eindruck, dass ein Bestandsmanagement von Wölfen zur „effektiven Minderung“ von Schäden in der Nutztierhaltung führen könnte. Dafür gibt es bis dato in Europa und auch in den Vereinigten Staaten von Amerika keine Belege. Im Gegenteil. Laut Studien hat die Jagd auf den Wolf in der Slowakei die Risszahlen nicht spürbar verringert. In Slowenien sanken die Risszahlen auch nach fünfzehn Jahren Bejagung nicht. Ebenso wenig in Frankreich. In Spanien hat die Lizenzjagd von Wölfen sogar zu mehr Rissen geführt.
Mittelstädt spricht von einer „zunehmenden Zahl von Wolfsrissen bei Weidetieren“ und verdeutlicht das, indem sie Zahlen von 2006 den Daten von 2022 gegenüberstellt. Tatsache ist, dass zwar in den Bundesländern, in denen sich Wolfsrudel erst niederlassen und sich bisher nur wenige Rudel gebildet haben, die Übergriffe auf überwiegend ungeschützte Weidetiere zunehmen. Die Ministerin verschweigt, dass in den wolfsreichsten Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen die Zahl der Übergriffe auf Weidetiere seit Jahren stagniert oder wie 2024 signifikant zurückgeht.
Ihre Behauptung, dass das Nebeneinander von Wolf und Mensch zu erheblichen Akzeptanzproblemen im ländlichen Raum führe, ist ebenfalls widerlegt. Die Savanta-Studie (2023) belegt, dass entgegen den Stimmen der sich als Sprachrohr der ländlichen Bevölkerung gerierenden Bauern- und Jagdverbände die überwältigende Mehrheit der Landbevölkerung in zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter Deutschland, der Meinung ist, dass große Beutegreifer, darunter auch Wölfe, in der Europäischen Union weiterhin streng geschützt sein und ein Recht auf Koexistenz mit dem Menschen haben sollten.
„Nur durch guten Herdenschutz ist ein Zusammenleben von Wolf und Weidewirtschaft möglich“, erläutert Lovis Kauertz, Wildtierschutz Deutschland. „Jagd kann den Herdenschutz nicht ersetzen, im Gegenteil: Herdenschutz funktioniert dort, wo stabile, ungestörte Wolfsrudel leben, die es gelernt haben, dass Zäune weh tun. Diese Wölfe geben ihre Erfahrungen an ihre Nachkommen weiter und halten fremde Wölfe auf Distanz.“ Die „IG Herdenschutz plus Hund“ in Sachsen-Anhalt zeigt, dass effizienter Herdenschutz möglich ist – ohne Jagd auf Wölfe: Seit sechs Jahren haben die beteiligten Weidetierhaltenden mit insgesamt etwa fünfundzwanzigtausend Tieren keinen einzigen Riss zu vermelden.