Familienunternehmen: Balance zwischen Betrieb und Privatvermögen wahren
Familiengeführte Unternehmen und inhabergeführte Mittelständler verfolgen ein zentrales Ziel: Sie wollen Betrieb und Privatvermögen an die nächste Generation weitergeben. Eine strategische und vorausschauende Planung ist dafür unerlässlich. Doch wie gelingt es, unternehmerische und private Interessen in Einklang zu bringen?
04.04.2025

Familienunternehmer brennen für ihren Betrieb. Als Eigentümer fühlen sie sich ihm eng verbunden – oft stärker als ein angestellter Manager, der nur für eine begrenzte Zeit Verantwortung trägt. „Sie fühlen sich nicht nur ihrer Firma verpflichtet, sondern auch ihren Angehörigen. Ihr wichtigstes Ziel ist es, das geschaffene Vermögen zu mehren und geordnet an die nächste Generation zu übergeben“, erklärt Harald Wild, Geschäftsführer der Früh & Partner Vermögensverwaltung. Dabei stellt sich eine zentrale Herausforderung: Wie lässt sich die Balance zwischen unternehmerischem und privatem Besitz wahren?
Ein Thema, das viele Unternehmer umtreibt – schließlich sind rund 90 Prozent aller Betriebe in Deutschland familiengeführt, also rund 2,8 Millionen Familienunternehmen. Diese Unternehmen tragen maßgeblich zur deutschen Wirtschaft bei, indem sie rund 37 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaften und etwa 56 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze stellen. Nic Ritter und Harald Wild nennen fünf Faktoren, auf die es ankommt:
1. Unternehmens- und Privatbesitz klar trennen
Das Unternehmens- und Privatvermögen zu trennen, ist ein zentrales Instrument, um das Gesamtvermögen zu erhalten. Eine klare Aufteilung hilft, Risiken zu minimieren und die finanzielle Stabilität zu gewährleisten. In der Praxis wird dies jedoch häufig vernachlässigt. Studien zeigen, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Familienunternehmen eine strikte Trennung zwischen privatem und betrieblichem Eigentum vornimmt. Ein weiteres Drittel unterscheidet beide Bereiche weitgehend, während elf Prozent keine Trennung vorsehen. Eine konsequente Abgrenzung kann dazu beitragen, den Besitz breiter aufzustellen und wirtschaftliche Risiken zu reduzieren.
2. Den passenden Rahmen schaffen
Holdingstrukturen und Stiftungen können die Basis für den langfristigen Vermögenserhalt bilden. „Eine von allen Generationen getragene Familienverfassung kann Ziele, Verantwortlichkeiten und Werte klar definieren – und so helfen, Konflikte zu vermeiden“, erläutert Wild. Eine solche Charta legt fest, welche langfristigen Ziele die Familie verfolgt und wie das Vermögen verwaltet und weitergegeben wird.
Untersuchungen belegen, dass Unternehmen mit einer Familienverfassung ökonomisch erfolgreicher sind: Laut einer Befragung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC verfügen bislang nur 35 Prozent der Familienunternehmen über eine derartige Verfassung – dabei schneiden Unternehmen mit einem solchen Regelwerk ökonomisch oft besser ab. Eine Stiftung kann zudem helfen, Vermögenswerte zu bündeln und vor externem Zugriff zu schützen. Auch eine Holdinggesellschaft bietet Vorteile: Sie ermöglicht es, Beteiligungen effizient zu verwalten und langfristige Strukturen für die Unternehmensnachfolge zu schaffen.
3. Nachfolge langfristig planen
Eine vorausschauende Planung ist essenziell – auch mit Blick auf die Unternehmensnachfolge. Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn stehen bis 2026 rund 190.000 Familienunternehmen in Deutschland vor einem Generationenwechsel. Unternehmer sollten den Übergabeprozess frühzeitig einleiten, um ihn ohne Zeitdruck und mit der nötigen Sorgfalt zu gestalten.
Fehlende Planung kann gravierende Folgen haben: Laut der Förderbank KfW droht bis 2026 rund 43.000 Betrieben die Schließung, weil keine Nachfolgeregelung existiert. Ein strukturierter Übergabeprozess stellt sicher, dass das Unternehmen erfolgreich in Familienhand bleibt und reibungslos an die nächste Generation übergeht.
4. Vermögenswerte diversifizieren
Ein Grundprinzip der Kapitalanlage gilt auch für Familienunternehmer: Diversifikation, also das Vermögen breit zu streuen. „Das gesamte Kapital im eigenen Betrieb zu belassen, birgt Risiken. Eine gezielte Streuung erhöht die finanzielle Sicherheit der Familie“, erklärt Wild.
Ein gut verteiltes Portfolio könne nicht nur Stabilität bieten, sondern auch Renditechancen verbessern. „Wir setzen auf eine ausgewogene Mischung aus Aktien von rund 25 Unternehmen, ergänzt um Anleihen und Gold. So lassen sich Risiken reduzieren und langfristig Vermögenswerte sichern“, sagt Ritter. Diese Strategie orientiert sich an den Prinzipien erfolgreicher Unternehmer: erstklassige Geschäftsmodelle, langfristiges Denken und solide Investitionen.
5. Generalvollmacht: Handlungsfähigkeit sichern
Plötzlich krank, unerwartet abwesend – in solchen Momenten muss das Unternehmen weiterlaufen. Eine Generalvollmacht sorgt dafür, dass eine Vertrauensperson Entscheidungen treffen und das Geschäft am Laufen halten kann. Besonders für Familienunternehmen ist das essenziell, um das Vermögen zu erhalten. Ohne eine klare Regelung drohen Stillstand und Unsicherheit.
„Familienunternehmen brauchen schnelle und verlässliche Entscheidungen. Eine Generalvollmacht stellt sicher, dass auch in schwierigen Situationen jemand Verantwortung übernimmt“, sagt Harald Wild.
Auch bei der Unternehmensnachfolge spielt die Generalvollmacht eine Schlüsselrolle. Sie ermöglicht es dem Bevollmächtigten, bereits vor der formellen Übergabe wichtige Weichen zu stellen. „Ohne klare Regelungen riskieren Unternehmer Verzögerungen und Unklarheiten – für die Familie ebenso wie für das Unternehmen“, warnt Wild. Damit die Generalvollmacht im Ernstfall greift, sollte sie notariell beurkundet sein. Sie lässt sich individuell anpassen und jederzeit widerrufen. Wer rechtzeitig vorsorgt, verhindert Chaos und sichert den Fortbestand seines Unternehmens.