Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes generalüberholt
In einer ersten Stellungnahme begrüßt der Nachhaltigkeitsrat die grundlegende Generalüberholung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. „Wichtig ist vor allem, dass die Bundesregierung erstmals sogenannte Transformationsbereiche ausgewiesen hat“, so Dr. Werner Schnappauf, Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE).
11.03.2021
Um diese Bereiche wirksam zu machen für ein gemeinsames Vorgehen reiche es nicht aus nachzusteuern, sondern es müsse konsequent umgesteuert werden. „Klimaneutralität rückt damit ins Zentrum der Nachhaltigkeitspolitik, aber auch beispielsweise Flächenverbrauch und Breitbandausbau bekommen einen hohen Stellenwert.“ Schnappauf forderte die Regierung auf, künftig das Leitprinzip der Nachhaltigkeit mutig, entschlossen und konsequent über die Ressortgrenzen hinweg auch tatsächlich umzusetzen.
Der Nachhaltigkeitsrat hatte in mehreren Stellungnahmen umfangreiche Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie vorgelegt, damit diese als echter Fahrplan für die Zukunft fungieren kann.
„Wichtige neue Impulse, die der Nachhaltigkeitsrat empfohlen hatte, haben einen Weg in die neue Strategie gefunden. Dazu gehören neben der stärkeren strategischen Verankerung der großen Transformationsherausforderungen auch die Zuspitzung und Ergänzung wichtiger Ziele und Indikatoren. Ich begrüße vor allem, dass die Stärkung der Globalen Gesundheitsarchitektur Eingang in das Zielsystem der Strategie gefunden hat. Damit wird die internationale Rolle Deutschlands in der globalen Pandemieprävention und -reaktion deutlich gemacht“, so Prof. Dr. Imme Scholz, stellvertretende Ratsvorsitzende sowie stellvertretende Direktorin am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE). Auch die erstmalige Veröffentlichung einer Kurzfassung der Strategie von knapp 30 Seiten sei eine sinnvolle Neuerung, die den Dialog über die Strategie erleichtern werde, so Scholz.
Die Weiterentwicklung der Strategie finden Sie hier (Langfassung) und hier (Kurzfassung), die dazugehörige Pressemitteilung der Bundesregierung hier.
DNR und Forum Umwelt & Entwicklung mahnen konkrete Maßnahmen an
Angesichts der von der Bundesregierung beschlossenen Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie haben der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) und das Forum Umwelt und Entwicklung mehr Tempo bei der Umsetzung angemahnt. „Die vorliegende Nachhaltigkeitsstrategie bietet wichtige Ansätze für eine stärkere Integration der Nachhaltigkeit in die verschiedenen Politikbereiche. Ob Deutschland damit wirklich nachhaltiger wird, ist jedoch eine andere Frage. Denn die Umsetzung der genannten Ziele und Maßnahmen bleibt oft zu unkonkret und unverbindlich“, sagte DNR-Geschäftsführer Florian Schöne. Die Bundeskanzlerin stelle im Vorwort zutreffend fest, dass die Welt Gefahr läuft, die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu verfehlen, sowohl im ökologischen Bereich als auch bei der Armutsbekämpfung und der Entwicklung.
Nach Überzeugung von DNR und Forum Umwelt & Entwicklung werden die großen Herausforderungen für mehr nachhaltige Politik immer noch zu wenig angetastet. Denn unser ökologischer Fußabdruck sowie unser Rohstoff- und Energieverbrauch sind weiterhin viel zu hoch. Der Verlust an Artenvielfalt, anhaltend hohe Stickstoff- und Phosphatüberschüsse, unzureichende Fortschritte in der Verkehrspolitik sowie nicht-nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster zeigen dies eindeutig.
Die Überschrift der überarbeiteten Nachhaltigkeitsstrategie ‚Jetzt die Weichen richtig stellen für die Dekade des Handelns‘ beschreibe daher absolut zutreffend, worum es gehen müsse. „Die größten Schwächen der bisherigen Nachhaltigkeitsstrategien waren immer, dass für viele Ressorts daraus keine Konsequenzen für eine tatsächliche Politikänderung gezogen wurden. In der nächsten Regierung muss das Kanzleramt daher seine Richtlinienkompetenz nutzen, um in den zentralen Problemfeldern eine Dekade des Handelns durchzusetzen. Dies betrifft vor allem die Bereiche Landwirtschaft, Verkehr sowie die Wirtschafts- und Finanzpolitik“, so Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt & Entwicklung. Ansonsten würde das Grundproblem der Nachhaltigkeitsstrategie auch in Zukunft lauten: Zu viel Ankündigung, zu wenig Umsetzung.