„Wir brauchen ein ganz neues Ernährungssystem!“
Im Vorfeld der Bundestagswahl veröffentlicht der Bundesverband Menschen für Tierrechte regelmäßig Interviews mit Agrarexperten zur Transformation der Landwirtschaft. Im aktuellen Interview erklärt die Autorin Dr. Tanja Busse, die sich schwerpunktmäßig mit Landwirtschaft, Nachhaltigkeit und Ernährung beschäftigt, welche Aufgaben die Landwirt*innen der Zukunft haben sollten.
15.09.2021
Ganz zentral ist ihrer Meinung nach eine neue Agrar- und Ernährungspolitik, die Biodiversität, Wasser- und Klimaschutz sowie eine hauptsächlich pflanzenbasierte Ernährung und eine regionale Wertschöpfung umfasst. Von der nächsten Bundesregierung fordert sie eine konsequente Reform der EU-Agrarpolitik.
Der Weckruf des Weltklimarates Anfang August war unmissverständlich: Der menschengemachte Klimawandel ist da und die Folgen werden umso verheerender sein, je länger wir für die Transformation von Industrie, Mobilität, Energieerzeugung und Landwirtschaft brauchen. Bezüglich der Landnutzung geht es dabei nicht nur um den Klimawandel. Dramatisch ist die Situation auch bezüglich des Verlusts an Biodiversität und der Überfrachtung der Natur mit Nährstoffen. Zu diesen gefährlichen Entwicklungen trägt die Landwirtschaft einen entscheidenden Teil bei.
Bedrohlich: Globale Fleischkonsum-Krise
Im Interview berichtet die Autorin Dr. Tanja Busse von ihrem aktuellen Buch zum Thema Fleischkonsum. Die ganze Dimension der globalen Fleischkonsum-Krise sei ihr dabei erst bewusst geworden. Die weltweiten Stoffströme – Dünger, Futtermittel, lebende Tiere, Schlachtkörper – überschritten dabei die planetaren Grenzen. Längst seien es internationale Zucht-, Agrar- und Fleischkonzerne, die über das Schicksal von Tieren und von Bäuerinnen und Bauern entschieden.
Nötig ist eine neue Agrar- und Ernährungspolitik
Um Lösungen zu finden, sei es wichtig, die Fehler im gesamten Ernährungssystem zu suchen. Damit die Transformation gelinge, müsse die Politik eine neue Agrar- und Ernährungspolitik entwerfen, die die bestehenden Widersprüche auflöse. Zukünftig müsse es ökonomisch vorteilhaft sein, keinen ökologischen Schaden anzurichten. Diese neue Agrar- und Ernährungspolitik müsse Biodiversität, Wasser- und Klimaschutz, regionale Wertschöpfung und Ernährung zusammendenken. Bezüglich der Ernährung hält Busse den Vorschlag der Eat Lancet Kommission für empfehlenswert, denn dieser brächte eine Win-Win-Situation für Mensch, Natur und Tier.
Agroforstwirtschaft und extensive Ganzjahresweiden
Auf die Frage, was sie Landwirt*innen raten würde, die aktuell noch Tiere zur Fleischproduktion halten, sagt Busse, dass sie auf Agroforstwirtschaft setzen würde. Die Tierhaltung würde sie nach dem Vorbild der extensiven Ganzjahresweiden umbauen. Dies bedinge aber auch, dass es viel weniger Fleisch geben und dieses teurer würde. Die Landwirt*innen der Zukunft müssten Klimawirt*innen, Biodiversitätswirt*innen, Grundwasserwirt*innen und Lebensmittelerzeuger*innen sein.
Agrarförderung ausschließlich für Gemeinwohlleistungen
Von der nächsten Bundesregierung fordert sie den allergrößten Einsatz für eine Reform der EU-Agrarpolitik im Sinne des European Green Deal und der Farm to Fork Strategie. Die Agrarförderung müsse ausschließlich für Gemeinwohlleistungen vergeben werden. Außerdem bräuchten wir Agrar- und Ernährungsforen, in denen regionale Wertschöpfungsketten für Landwirtschaft, Lebensmittelhandwerk, Gastronomie und Kantinen aufgebaut werden. Für die öffentliche Beschaffung sollte es verpflichtend sein, so regional, nachhaltig und ökologisch wie möglich einzukaufen.
Das komplette Interview lesen Sie hier.