Politik

Energiewende setzt Energiebildung voraus

Nach Ansicht der meisten Lehrkräfte in Deutschland lernen Kinder und Jugendliche zu wenig über Energie. Das ergab eine Umfrage des Kieler Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), an der sich deutschlandweit rund 500 Lehrerinnen und Lehrer beteiligten. Demnach halten zwei Drittel der Pädagogen an so genannten Standardschulen die Situation für verbesserungswürdig. Unter Standardschulen versteht das IPN Schulen, die nach Lehrplan unterrichten. Nur an Schulen, die von sich aus einen Themenschwerpunkt Energie setzen, werden die Angebote mehrheitlich als ausreichend eingeschätzt. Gut 80 solcher "Energie-Schulen" hat das IPN identifiziert. Sie liegen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Berlin.

16.07.2012

An vielen Schulen wie hier in Düsseldorf wird das Thema nachhaltige Zukunft diskutiert. Bild: Comenius Gymnasium
An vielen Schulen wie hier in Düsseldorf wird das Thema nachhaltige Zukunft diskutiert. Bild: Comenius Gymnasium
"Zwischen den Vorstellungen der Lehrerinnen und Lehrer und dem Status quo an den meisten Schulen liegen Welten", resümiert der Direktor am IPN, Professor Dr. Manfred Euler. So wünschten sich beispielsweise viele der Befragten einen fächerübergreifenden Unterricht, der die naturwissenschaftlich-technischen Grundlagen mit ökonomischen, ökologischen und gesellschaftspolitischen Aspekten von Energie verzahnt. Um dies zu erreichen, müssten unter anderem die Lehrpläne optimiert werden.

Die Lehrkräftebefragung ist Teil einer Studie zur Energiebildung, die das IPN im Auftrag der RWE Stiftung erstellt. Dr. Stephan Muschick, Geschäftsführer der RWE-Stiftung, sieht darin ein Thema mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. "Deutschland hat mit der Energiewende ein Projekt beschlossen, für das wir über alle sozialen Schichten und politischen Anschauungen hinweg einen Konsens brauchen", so Muschick. "Inwieweit die Bürgerinnen und Bürger beispielsweise neue Stromtrassen, Kraftwerke und Speichertechnologien unterstützen, hängt auch von ihrem Wissen rund um Energie ab."

Wo gehandelt werden muss, zeigt unter anderem die Betrachtung der Schulstufen. Zwei Drittel der Lehrkräfte beklagen etwa, dass das Thema Energie in der Grundstufe unterrepräsentiert sei und dem komplexen Thema deshalb später die Basis fehle. Außerdem verlangen die Lehrkräfte mehr Kontinuität über die Schulstufen hinweg. Das vermittelte Wissen baue zu wenig aufeinander auf. Als besonders problematisch sehen acht von zehn Befragten den Übergang von der Grundschule in die Klassenstufe 5 bis 6.

Zu den wesentlichen Ergebnissen der Umfrage zählt, dass Energiebildung in den Bundesländern sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Lehrkräfte in Sachsen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen sind tendenziell am ehesten der Meinung, dass der Unterricht ausreicht. Außer in Sachsen beklagen die Befragten allerdings überall, dass nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen, um die Schüler beispielsweise in Fragen der Erzeugung und effizienten Nutzung von Energie fit fürs Leben zu machen. Außerdem offenbart die Umfrage Parallelen zur PISA-Studie. In Bayern und Sachsen, die im PISA-Test gut bei den naturwissenschaftlichen Grundlagen abschneiden, sind die Lehrkräfte deutlich zufriedener mit dem Grundlagenunterricht zur Energie als in Nordrhein-Westfalen und Berlin.

"Diese Ergebnisse sagen aber noch nichts darüber aus, wie energiegebildet junge Menschen in Deutschland die Schule verlassen", stellt Euler fest. Aufschlüsse darüber werde ein Test geben, in dem das IPN das tatsächliche Energiewissen von 15-Jährigen in ganz Deutschland erfasst. Zum Abschluss der Studie werden Euler und seine Mitarbeiter Bildungsmaßnahmen für alle Altersstufen entwickeln und vorschlagen. "Als Vorbilder könnten sich die Konzepte der Energieschulen erweisen", sagt Euler.
Quelle: UD / na
 
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