Meinhard Miegel kritisiert Wohlstandsindikator des Bundestages
Aus Anlass der Verabschiedung des "Wohlstandsindikatorensatzes" der Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" erklärte das sachverständige Mitglied Prof. Meinhard Miegel: Die Absicht der Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität", das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Wachstums- und insbesondere als Wohlstandsindikator durch weitere Indikatoren zu ergänzen und gegebenenfalls zu ersetzen ist, zu begrüßen. Denn das BIP hat neben unbestrittener Stärken empfindliche Schwächen. So negiert es den größten Teil der wirtschaftlichen Aktivitäten, die außerhalb des Marktes stattfinden wie Hausarbeit oder bürgerschaftliches Engagement und gibt umgekehrt Schäden wie Unfälle oder Krankheiten als wohlstandsmehrend aus, sofern diese durch Staat oder Markt behoben werden.
31.01.2013
Ein solcher Wohlstandsindikatorensatz ist zu komplex, intransparent und unhandlich, um in der künftigen Wachstums- und Wohlstandsdebatte eine größere Rolle spielen zu können. Vielmehr ist zu erwarten, dass mangels einer praktikablen und alltagstauglichen Alternative das BIP weiterhin der dominante Wachstums- und Wohlstandsindikator bleibt, der bestenfalls durch einen periodischen Wohlstandsbericht ergänzt wird. Aber selbst eine solche Ergänzung ist keineswegs gewährleistet, da sie aufgrund der Indikatorenfülle institutionen-, personal- und nicht zuletzt kostenaufwändig ist.
Damit wurde das Ziel, durch eine zutreffendere Erfassung individuellen und gesellschaftlichen Wohlstands, die derzeitige Verquickung von Wachstum und Wohlstand zu überwinden, verfehlt. Wohlstand wird trotz mancher gegenteiliger Bekundungen im öffentlichen Bewusstsein und im praktischen Handeln vorerst ein Anhängsel von Wirtschaftswachstum bleiben. Der Lebenswirklichkeit wird dies nicht gerecht. Auch die Chance, das Wohlstandsverständnis der Bevölkerung zu weiten, wurde mit diesem Indikatorensatz vertan.