Berufsschulklasse für junge Frauen in Ingolstadt erfolgreich gestartet
Aufbruch in ein neues, selbstständiges Leben: 22 Schülerinnen besuchen seit Mitte September eine Klasse für weibliche Flüchtlinge an der Berufsschule I in Ingolstadt. Die Schule hatte das Projekt gemeinsam mit Audi und der Volkshochschule Ingolstadt ins Leben gerufen, um den teils traumatisierten jungen Frauen in einer geschützten Umgebung Starthilfe für ihr Leben in Deutschland zu geben.
03.01.2017
Die Schülerinnen stammen aus mehr als zehn verschiedenen Ländern, unter anderem aus Eritrea, Syrien und Afghanistan. Und so unterschiedlich wie ihre Herkunftsländer sind, ist auch ihre Vorbildung: Manche sind bereits mehrere Jahre in der Region und schon auf einem fortgeschrittenen deutschen Sprachniveau, andere dürfen zum ersten Mal in ihrem Leben überhaupt eine Schule besuchen und lernen in der Klasse Lesen und Schreiben. Für alle Schülerinnen neu sind erste Einblicke in die Berufswelt in Deutschland. So stehen zum Beispiel Friseurunterricht oder Hauswirtschaft auf dem Stundenplan.
„Die Solidarität und Hilfsbereitschaft unter den jungen Frauen ist riesig“, berichtet Simone Ming, Lehrerin an der Berufsschule. „Viele erzählen mir, dass sie vorher nie eine Freundin hatten – und nun erhalten sie Unterstützung von einer ganzen Klasse.“ Beeindruckt sind alle Beteiligten auch vom großen Engagement und dem Fleiß der Frauen: Viele nehmen lange Anfahrts‑ und Fußwege in die Schule auf sich und müssen die Betreuung ihrer Kinder während des Unterrichts organisieren. Dennoch halten sich die Fehlzeiten der Schülerinnen in Grenzen. „Ich bin sehr dankbar für die Chance, hier in die Schule zu gehen“, erzählt die 23‑jährige Smret aus Eritrea. „Ich möchte Deutsch lernen und dann eine Ausbildung machen, zum Beispiel zur Friseurin.“ Auch die Lehrerinnen und Lehrer lernen bei dem Projekt dazu: Ihre Erfahrungen mit der Klasse sind mittlerweile Grundlage einer schulinternen Fortbildung zum Umgang mit geflüchteten jungen Menschen.
Perspektive durch Bildung
Die Frauenklasse ist die zweite Berufsschulklasse für Flüchtlinge, die Audi in Ingolstadt unterstützt. Die Schülerinnen und Schüler der anderen Klasse bereiten sich seit Anfang 2016 auf ihren Hauptschulabschluss vor. Einer der besten Schüler hat bereits einen Ausbildungsplatz als Spengler in Ingolstadt gefunden und besucht nun eine Regelklasse. Einige andere Schüler wiederum haben sich entschieden, einfache Jobs in der Region anzunehmen. „Grundsätzlich wollen wir den Schülern vermitteln, wie wichtig eine Ausbildung für eine langfristige Perspektive in Deutschland ist“, sagt Dr. Ute Röding, Leiterin Standortprojekte der Audi AG. „Aber viele junge Flüchtlinge möchten möglichst schnell eigenes Geld verdienen, um ihren Familien zu helfen. In jedem Fall wollen wir diese jungen Menschen bei ihrem Neuanfang in Deutschland unterstützen.“
Gabriel Engert, Referent für Kultur, Schule und Jugend der Stadt Ingolstadt, betont: „Der Stadt Ingolstadt ist es ein großes Anliegen, den geflüchteten Menschen durch Bildungsangebote den Weg in unsere Gesellschaft zu ebnen und ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie mittelfristig ohne fremde Hilfe leben können. Die Kooperation zwischen den Berufsschulen, der Volkshochschule und der Audi AG gehört zu den ganz gelungenen Beispielen von konstruktiver Netzwerkarbeit.“
Das Unternehmen fördert die beiden Berufsschulklassen in Ingolstadt im Rahmen der Audi‑Flüchtlingshilfe. Im September 2015 hatte Audi eine Million Euro für Hilfsprojekte an den Produktionsstandorten Ingolstadt, Neckarsulm, Brüssel und Győr zur Verfügung gestellt. Anfangs stand Soforthilfe für die Menschen, die damals in großer Zahl nach Europa kamen, im Mittelpunkt. Mittlerweile liegt der Fokus der geförderten Hilfsprojekte vor allem auf den Themen Spracherwerb, berufliche Qualifikation und kulturelle Integration, um den Geflüchteten in Deutschland neue Perspektiven zu eröffnen.