Soziales Engagement

„Jeder junge Mensch hat das Recht auf Chancen und Perspektiven“

Die Fähigkeiten und das Wissen von jungen Menschen im MINT-Bereich zu fördern, ist eines der Ziele des gesellschaftlichen Engagements der BMW Group. Dafür kooperiert das Unternehmen mit UNICEF. Wie die Partnerschaft funktioniert und was bisher erreicht wurde, erläutern Ilka Horstmeier, Mitglied des Vorstands der BMW AG für Personal und Immobilien, und Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland, im Interview mit UmweltDialog.

24.01.2025

„Jeder junge Mensch hat das Recht auf Chancen und Perspektiven“

Von UmweltDialog

Frau Horstmeier, UNICEF und die BMW Group sind vor etwas mehr als einem Jahr eine Partnerschaft unter dem Motto „BRIDGE. Educating young people for tomorrow, today“ eingegangen. Welche Rolle spielt das Engagement für Bildung, insbesondere für Jugendliche, bei der BMW Group?

Ilka Horstmeier, Mitglied des Vorstands der BMW AG für Personal und Immobilien
Ilka Horstmeier, Mitglied des Vorstands der BMW AG für Personal und Immobilien

Ilka Horstmeier: Bildung ist der Schlüssel zu einer besseren Zukunft und der Motor, der die Entwicklung unserer Gesellschaft vorantreibt. Jeder junge Mensch hat das Recht auf Chancen und Perspektiven, unabhängig davon, wo er oder sie aufwächst. Leider bleibt das Recht auf Chancengleichheit und Bildung vielen jungen Menschen und Kindern auf der Welt noch immer verwehrt.

Als verantwortungsvolles Unternehmen mit mehr als 150.000 Mitarbeitenden aus über 110 Nationen wollen wir Teil der Lösung für gesellschaftliche Herausforderungen wie diese sein. Ziel unserer Partnerschaft mit UNICEF ist es, jungen Menschen Wissen und Fähigkeiten im MINT-Bereich – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – zu vermitteln und sie fit für die Arbeitswelt zu machen. Innerhalb des Unternehmens setzen wir stark auf den Kompetenzauf- und -umbau unserer Mitarbeitenden, damit die BMW Group auch weiterhin zukunftsfähig bleibt. Was wir unserer Belegschaft ermöglichen, wollen wir auch nach außen weitergeben, vor allem an Jugendliche. Auf lokaler Ebene engagieren wir uns bereits seit vielen Jahren für die Bildung von Kindern und Jugendlichen. In Deutschland geschieht das zum Beispiel mit der Initiative JOBLINGE, die benachteiligten Jugendlichen berufliche Perspektiven, auch im MINT-Bereich, aufzeigt.

Herr Schneider, UNICEFs übergeordnetes Ziel lautet: die Kinderrechte weltweit verwirklichen – für jedes Kind. Dazu gehört auch, ihnen zu ihrem Recht auf Bildung zu verhelfen, wie es in Artikel 28 der Kinderrechtskonvention und in Ziel 4 der Sustainable Development Goals, kurz: SDGs, verankert ist. Bitte erklären Sie, warum Partnerschaften wie die mit der BMW Group hierfür so wichtig sind.

Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland
Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland

Christian Schneider: Es stimmt, UNICEF ist für jedes Kind da. Und es gibt nach wie vor viele Herausforderungen, die wir angehen müssen, damit jedes Kind eine Chance hat, sein Potenzial zu entfalten. Bildung ist dabei eine der wichtigsten Säulen unserer Arbeit, um Kinder und junge Menschen weltweit zu unterstützen. Viel zu vielen von ihnen fehlt weiterhin der Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung, die letztlich den Weg in eine gute Zukunft eröffnet.

Diese Bildungslücke – wir können durchaus von einer weltweiten Bildungskrise sprechen – können wir als UNICEF nicht allein schließen. Wir brauchen den Schulterschluss mit der Wirtschaft und auch mit der Politik. Kooperationen mit Unternehmen tragen schon seit vielen Jahren dazu bei, die weltweite UNICEF-Arbeit für Kinder zu stärken. Wenn wir alle gemeinsam die Sustainable Development Goals erreichen wollen, kann und muss die Wirtschaft mit ihrer Innovationskraft, ihren technologischen Möglichkeiten, ihrem Netzwerk und ihrer finanziellen Power eine führende Rolle übernehmen. Die Zusammenarbeit mit der BMW Group zeigt, wie viel Wirkung wir hier gemeinsam entfalten können. Wir haben mit dem Fokus auf MINT-Bildung ein passendes Thema mit viel Entwicklungspotenzial identifiziert, das wir gemeinsam strategisch und zielgerichtet bearbeiten. Die Partnerschaft beschränkt sich dabei nicht allein auf die finanzielle Unterstützung, sondern BMW bringt auch seine globale wie lokale Präsenz und seine Expertise ein.

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2023 hat die BMW Group ihr gemeinsames Engagement mit UNICEF an ihrem Standort in Südafrika vorgestellt, 2024 folgte Mexiko. Frau Horstmeier, warum haben Sie sich speziell für UNICEF als Partner entschieden, unter all den Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind? Was sind Ihre gemeinsamen Pläne?

Horstmeier: UNICEF ist international tätig, ebenso wie wir. Wir teilen die gleichen Werte und ergänzen uns mit unseren jeweiligen Kompetenzen gegenseitig. Daher wollten wir unser Engagement für Bildung an internationalen BMW Group Produktionsstandorten gemeinsam auf eine neue Ebene heben.

Obwohl vor allem Karrieren in MINT-Berufen das Wirtschaftswachstum vorantreiben, führen die fehlenden Qualifikationen in diesem Bereich schon jetzt zu einem Fachkräftemangel. Besonders Entwicklungsländer und im Speziellen Frauen und Mädchen sind betroffen. Im Rahmen unserer Kooperation legen wir den Schwerpunkt auf genau den MINT-Bereich und – aber nicht ausschließlich – die Stärkung von Frauen und Mädchen. So können wir diese Lücke überbrücken. Daher lautet auch der Name unserer Partnerschaft: „BRIDGE. Educating young people for tomorrow, today“. Neben Südafrika und Mexiko setzen wir uns gemeinsam in Thailand, Brasilien und Indien für gleiche Chancen in der MINT-Bildung ein. In diesen Ländern hat die BMW Group Produktionsstätten.

Wie gestaltet UNICEF die weltweiten Programme? Wie unterstützen Sie Ihre Partner aus dem privaten Sektor, Herr Schneider?

Schneider: Der UNICEF-Ansatz beschränkt sich grundsätzlich nicht auf einzelne lokale Projekte, sondern hat immer einen systemischen Fokus – daher sprechen wir bewusst von Programmen. Wir kooperieren immer eng mit den nationalen wie lokalen staatlichen Behörden, um programmatische Initiativen früher oder später auch in die Breite ausrollen zu können. Dieser skalierbare Ansatz sorgt dafür, dass letztlich die größtmögliche Zahl an Kindern mit den Programmen erreicht wird – in diesem Fall mit einer guten Ausbildung, die echte berufliche Chancen eröffnet.

Die Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor und einem Unternehmen wie BMW ist dabei mittlerweile holistischer als noch vor einigen Jahren. Das beinhaltet beispielsweise, dass Unternehmen ihre Reichweite und ihren Einfluss für gemeinsame Interessensvertretung zugunsten der jungen Menschen nutzen oder Ressourcen und Fachwissen zielführend in die UNICEF-Arbeit integrieren. In einem Land wie Südafrika ist BMW stark aufgestellt – die Partnerschaft hilft uns hier, mehr Sichtbarkeit und Awareness für die Herausforderungen der jungen Generation zu erreichen, gerade vor dem Hintergrund hoher Jugendarbeitslosigkeit und sozialer Hürden, vor allem für Mädchen und junge Frauen.

UNICEF-Bildungsprogramm in Südafrika, Lethabong Secondary School.
UNICEF-Bildungsprogramm in Südafrika, Lethabong Secondary School.

Die UNICEF-Partnerschaft ist noch jung und die Programme werden noch weltweit nach und nach ausgerollt. Was haben Sie bisher gemeinsam erreicht, Frau Horstmeier?

Horstmeier: Im ersten Jahr unserer Zusammenarbeit haben wir gute Fortschritte gemacht. Insgesamt haben mehr als 135.000 Kinder und Jugendliche an den Bildungsprogrammen in Südafrika, Indien, Thailand, Mexico und Brasilien teilgenommen. Mehr als 6.300 Lehrende wurden ausgebildet. Indirekt profitierten über 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche durch Online-Bildungsprogramme und Verbesserungen im Bildungssystem. Während einige Programme bereits Tausende von jungen Menschen erreichen konnten, mussten sich andere zunächst auf wesentliche Grundlagen konzentrieren. Gerade das ist die Stärke unserer Partnerschaft: die Fähigkeit, sich an die lokalen Bedürfnisse anzupassen.

Auf diese Weise helfen wir den Jugendlichen dabei, ihre Talente zu entwickeln und sich auf ein selbstbestimmtes Leben vorzubereiten. Langfristig gesehen leisten wir so einen Beitrag zur gesellschaftlichen Stabilität und erzeugen positive Impulse für die Marktentwicklung. Durch den Einsatz unserer Kompetenzen, unseres Netzwerks und der Infrastruktur, die wir vor Ort haben, können wir Arbeitsplätze sichern und im Idealfall selbst Arbeitskräfte der Zukunft für unsere Standorte gewinnen.

Die Partnerschaft zwischen der BMW Group und UNICEF ist zunächst auf sieben Jahre ausgerichtet – vorläufig bis 2030, also zeitgleich mit der Frist zur Erreichung des SDGs. Wie weit sind wir heute noch davon entfernt, allen Kindern den Zugang zu Bildung zu ermöglichen, Herr Schneider?

Schneider: Ich hatte bereits über die großen Herausforderungen auf dem Weg zu den SDGs gesprochen, auch beim Thema Bildung. Wir, also die internationale Gemeinschaft, haben bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Beispielsweise gehen heute immerhin rund 87 Prozent aller Kinder im Grundschulalter weltweit in die Schule.

Aber viele junge Menschen können dort weiterhin nicht gut und nicht das Richtige lernen. Ihnen fehlen ganz bestimmte Skills, die sie auch in ihrem beruflichen Werdegang unterstützen und sie auf die wechselnden Anforderungen der heutigen Berufswelt vorbereiten. Darüber hinaus wurden und werden immer wieder Erfolge durch Krisen zunichte gemacht. Kriege und Konflikte wie etwa in der Ukraine führen dazu, dass Kinder oft über eine lange Strecke nicht mehr in die Schule gehen können. Und vergessen wir nicht die Pandemie, die viele Kinder weltweit auch schulisch zurückgeworfen hat. Doch wir bei UNICEF sind grundsätzlich Optimisten. Eine Partnerschaft wie die mit BMW lässt hoffen, dass wir gemeinsam viel für die junge Generation bewegen können und vergleichbare Initiativen auch anderswo gestartet werden.

In einem früheren UmweltDialog-Interview haben Sie, Frau Horstmeier, gesagt: Unternehmen werden nicht nur am wirtschaftlichen Erfolg gemessen, sondern daran, wie sie wirtschaftlichen Erfolg mit nachhaltigem Handeln und sozialer Verantwortung verbinden. Die BMW Group will hier mit gutem Beispiel vorangehen und investiert Ressourcen in Millionenhöhe. Wie stellen Sie als Unternehmen sicher, dass Ihr Engagement nachhaltig wirkt? Wo liegen hierbei die Herausforderungen? Welche Rolle spielt dabei die Kooperation mit UNICEF?

Horstmeier: Was ich damals ansprach, ist, dass die BMW Group unternehmerischen Erfolg nicht nur in Geschäftszahlen misst, sondern an der Veränderung, die wir in der Gesellschaft anstoßen. Mit unserem Engagement für Bildung und vor allem mit der Stärkung von Mädchen und Frauen im MINT-Bereich setzen wir ein starkes Zeichen und treiben sozialen Wandel voran. Diesen Wandel wollen wir aber nicht nur in der Außenwirkung erreichen, sondern auch innerhalb des Unternehmens und unseres Netzwerks. Vor allem zwei Faktoren spielen uns hierbei in die Karten: Unsere eignen Kompetenzen und unsere engagierte Belegschaft, die uns bei vielen unserer Initiativen unterstützt. So entsteht ein wirksames Engagement. Das lässt sich zwar nicht unbedingt monetär bewerten, trägt aber dennoch enorm zum Wandel bei. Wenn es uns gelingt, Strukturen und Einstellungen fundamental zu verändern, wird diese Entwicklung Generationen überdauern und den Weg ebnen in eine Zukunft, die auf Bildung, Chancen und Gleichberechtigung basiert. Das ist das übergeordnete Ziel. Eine langfristige Zusammenarbeit mit einem starken Partner wie UNICEF gibt uns die Gewissheit, dass diese Programme auf Dauer positive Effekte für die gesamte Gemeinschaft haben – auf lokaler und globaler Ebene.

Start der globalen Partnerschaft zwischen der BMW Group und UNICEF in Südafrika. Lethabong Secondary School, November 2023.
Start der globalen Partnerschaft zwischen der BMW Group und UNICEF in Südafrika. Lethabong Secondary School, November 2023.

Die Partnerschaft von UNICEF und der BMW Group ist vor anderthalb Jahren mit einem Programm in Südafrika gestartet. Gibt es messbare Fortschritte, die Ihnen, Herr Schneider, Mut machen? Und wie gehen Sie vor, um den Impact zu messen?

Schneider: Unser Team in Südafrika bestätigt uns, dass die Partnerschaft vor Ort schon viele Früchte trägt. Grundsätzlich hat das Land in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte im Bildungsbereich gemacht, beispielsweise sind die Schulbesuchsquoten in der Primar- und Sekundarstufe gestiegen. Doch die Perspektiven junger Menschen hängen immer noch weitgehend davon ab, woher sie kommen, ob sie in Armut aufgewachsen sind. Wir kombinieren in unseren Programmen MINT-Bildungsinhalte mit Mentoring und Coaching, um auch benachteiligten Jugendlichen einen sehr konkreten Weg in die Berufswelt aufzuzeigen. Frau Horstmeier hat bereits die Lethabong-Schule erwähnt – das ist schon ein enormer Hebel, und wir arbeiten daran, dass das Beispiel auch in anderen Regionen des Landes im wahrsten Sinne Schule macht.

Es ist dabei sehr entscheidend für uns und auch für unsere Partner, dass die eingesetzten Ressourcen gezielt, verlässlich und transparent verwendet werden. Daher sind Monitoring und Evaluation zentrale Bestandteile unserer Programmarbeit. Wir erheben viele Daten zu Kindern weltweit und messen die Wirkung detailliert.

Für jedes Programm entwickeln wir ein konkretes Rahmenwerk an Erfolgsindikatoren, anhand derer wir den Fortschritt gemeinsam mit dem Partner überprüfen und letztlich den Erfolg des Ansatzes bewerten. In diesem Fall beziehen sich die Indikatoren zu Beginn der Partnerschaft beispielsweise auf die Zahl der Kinder und jungen Menschen, die an MINT-Kursen oder Mentoring-Programmen teilnehmen oder auch die Zahl der Lehrkräfte, die wir im Rahmen eines Programmes mit den nötigen Skills für eine gute MINT-Ausbildung ausgestattet haben.

Quelle: UmweltDialog
 

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