Gesunde Mangroven, nachhaltige Garnelen
Seit anderthalb Jahren engagiert sich der Global Nature Fund mit innovativen Maßnahmen für die Lösung eines ökologischen Problems in Süd- und Südostasien: Infolge ausgeweiteter Garnelen-Aquakultur ist kostbarer Mangrovenwald bedroht. Jetzt gibt es positive Nachrichten von einem Projekt, das auf Integration und Partnerschaft setzt.
19.02.2021
Menschen lieben Fisch und Meeresfrüchte. Über 20 Kilogramm verzehren wir davon im Durchschnitt pro Kopf und Jahr, Tendenz steigend. Einen besonders rasch wachsenden Markt gibt es für Garnelen aus Aquakultur. Allerdings birgt diese Produktionsweise ökologische Probleme, auf die das aktuelle GNF-Projekt SAIME eingeht.
Ökologische Herausforderung Aquakultur
„Aquakultur ist nicht per se schlecht“, erklärt Thies Geertz, Projektmanager beim GNF. „Tatsächlich bietet sie Chancen, der Überfischung der Weltmeere mit kontrollierbarer Produktion zu begegnen. Allerdings liegen auch die Nachteile bei nicht nachhaltiger Anwendung auf der Hand: Fischmehl, das als Futtermittel für die Zucht in Aquakultur verwendet wird, trägt mittelbar zur Überfischung der Meere bei. Die Zuchtteiche werden überdüngt und mit Antibiotika belastet. Und in vielen Küstenregionen der Welt, darunter auch in unserem Projektgebiet in Indien und Bangladesch, holzen Garnelenfarmer illegal Mangrovenwälder ab, um neue Zuchtteiche anzulegen.“
Kostbare Küstenökosysteme
Mehr als ein Drittel der weltweiten Mangrovenwälder sind seit den 1980er Jahren verloren gegangen – drei bis fünf Mal schneller als tropischer Regenwald und Korallenriffe. Etwa die Hälfte der gerodeten Flächen geht auf neue Aquakulturen zurück. Das ist besonders bedenklich angesichts der immensen ökologischen Bedeutung der Mangroven. Die Bäume und ihr dichtes Wurzelgeflecht bieten Lebensraum für eine Vielzahl seltener Säugetiere, Reptilien und Vögel. Sie dienen als Rückzugsort und Kinderstube für unzählige Fisch- und Krebsarten. Außerdem schützt der dichte Bewuchs Küsten vor tropischen Wirbelstürmen und Sturmfluten. Und gesunde Mangrovenwälder speichern mehr Kohlenstoff als jeder andere Wald – bis zu 1.000 Tonnen pro Hektar.
GNF: Expertise in Sachen Mangrovenschutz
Bereits seit 2004 engagiert sich der der GNF im Mangrovenschutz in Asien. Im Rahmen des 2019 gestarteten SAIME-Projekts steht der Schutz von Mangrovenökosystemen in Aquakultur-Landschaften im Fokus („Sustainable Aquaculture in Mangrove Ecosystems“). Gemeinsam mit Umweltorganisationen in Indien (NEWS) und Bangladesch (BEDS) werden 40 Modellfarmen in den Sundarbans (Bengali für „schöner Wald“), dem größten zusammenhängenden Mangrovenwald der Welt, eingerichtet.
Ein integrativer Ansatz für das Miteinander von Garnelen und Mangroven
„Mit SAIME verfolgen wir einen neuen methodischen Ansatz“, erklärt Udo Gattenlöhner, Geschäftsführer des GNF. „Wir helfen den Pilotfarmen beim Aufbau einer sogenannten Integrierten Mangroven-Aquakultur (IMA): Dabei pflanzen wir Mangrovensetzlinge direkt in die Zuchtteiche, um Garnelenzucht und Mangrovenschutz zu kombinieren. Die 40 Partnerbetriebe im Projekt haben bereits damit begonnen, Bäume zu pflanzen – allein in Indien über 6.000 Stück.“ Die Projektregion hat dabei Signalwirkung: Fast 85 Prozent der weltweiten Garnelenproduktion stammt aus Asien, davon ein großer Teil aus Indien und Bangladesch.
Das Prinzip MAP: Diversität, Miteinander, Dauerhaftigkeit
Neben der innovativen Integrierten Mangroven-Aquakultur (IMA) und der bedeutenden Projektregion erläutert Geertz, was das SAIME-Projekt vor allem ausmacht: „Wir gehen hier im Rahmen einer sogenannten MAP, einer Multi-Akteurs-Partnerschaft, neue Wege und verbinden Natur- und Umweltschutz mit der Entwicklungszusammenarbeit: Was der Umwelt nützt, soll gleichzeitig auch der doch sehr armen Bevölkerung vor Ort Vorteile bringen. Die Garnelenzucht ist nun einmal wesentliche Einnahmequelle für viele Menschen in der Region. Der Grundgedanke ist, unterschiedliche Akteure – zivilgesellschaftliche, wissenschaftliche, wirtschaftliche – zu verbinden. Und das nicht nur für eine begrenzte Projektlaufzeit. Wir wollen Strukturen schaffen, die dauerhaft funktionieren. Dazu gehört auch die Etablierung eines lebendigen Süd-Süd-Dialogs, der die Expertise vor Ort festigt.“