Bildungskürzungen gefährden Nachhaltigkeitsziele
Die Mittel für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) werden im Bundeshaushalt deutlich gekürzt. Aus Sicht von youpaN und 170 weiteren Organisationen ist dies ein alarmierendes Zeichen für die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele.
15.11.2024
Die Klimakrise und das Artensterben stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Lebensgrundlage der Menschheit dar. Nachhaltige Entwicklung müsste daher in politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen konsequent verankert werden. Der aktuelle Stand sieht jedoch anders aus: Laut dem UN-Bericht 2024 sind lediglich 17 Prozent der Nachhaltigkeitsziele auf Kurs, während bei etwa der Hälfte der Ziele die Fortschritte gering ausfallen und bei mehr als einem Drittel sogar Stillstand oder Rückschritte zu verzeichnen sind.
Das Jugendforum youpaN sowie 170 Organisationen und 304 Unterstützerinnen und Unterstützer der BNE-Erklärung vom 17. September 2024 sprechen sich entschieden gegen die geplanten Kürzungen im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) aus. Sie betonen die Dringlichkeit, die finanzielle Unterstützung für BNE im Bundeshaushalt 2025 und in den Folgejahren ressortübergreifend deutlich zu erhöhen. „Die Kürzungen signalisieren, dass BNE weiter als nettes ‚Add-on‘ verstanden wird. Investitionen für eine strukturelle Implementierung einer Bildung, in der Kinder und Jugendliche sich selbstständig zu kritisch denkenden und handlungsfähigen Individuen entwickeln, sind in der heutigen Gesellschaft eine Notwendigkeit“ so Jasmin Scholtbach, Mitglied des youpaN.
Von den geplanten Kürzungen ist unter anderem das Projekt youclub2030 stark betroffen. In diesem Projekt werden junge Menschen gefördert, sich aktiv für bessere Zukunftsperspektiven und Nachhaltigkeit einzusetzen. Trotz der positiven Ergebnisse soll das Projekt jedoch vollständig eingestellt werden. Michael Raj Kunsmann, Geschäftsführer des Kreativ- und Bildungszentrums „die gelbe Villa“ der Stiftung Jovita, äußert sich dazu folgendermaßen: „Programme wie der youclub2030 stärken die Resilienz von jungen Menschen und regen das Verantwortungsgefühl für gesellschaftliche
Mitwirkung an, aktivieren nachhaltige Wirksamkeit und sind wesentlich für die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsstiftung. Kürzungen in der Investition in die Zukunft – bei der Jugendarbeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung – führen nicht nur kurzfristig zu einer prekären Lage, steigender Frustration und Ohnmacht bei jungen Menschen, sondern sind eine Entscheidung gegen eine nachhaltige, gemeinschaftliche Zukunft.“
Die Vereinten Nationen betrachten Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als ein wesentliches Element zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. „Gemeinsam mit Politischer Bildung hat sich BNE zu einem zentralen Bildungsauftrag in der Demokratie entwickelt. Menschen in Zeiten multipler Krisen werden dabei begleitet, Transformation unter Berücksichtigung politischer Machtverhältnisse und ökologischer, sozialer sowie ökonomischer Dimensionen zu analysieren, zu reflektieren, zu beurteilen und handelnd zu verändern. Damit das gelingen kann, braucht es einen Ausbau der strukturellen Förderung auf allen Ebenen“, erklärt Junior Prof. Dr. Steve Kenner, Sozialwissenschaftler an der Pädagogischen Hochschule Weingarten.
Kürzungen im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) würden in der heutigen Zeit ein bedenkliches Signal senden, da Investitionen in Bildung zu den wirksamsten ökonomischen Maßnahmen gehören, um unter anderem die Nachhaltigkeitsziele und die Einhaltung der 1,5-°C-Grenze zu unterstützen. BNE sollte als integraler Bestandteil aller Bildungsstrategien und -programme fest verankert werden. Das Jugendforum youpaN sieht die dringende Notwendigkeit, die finanzielle Ausstattung neu zu strukturieren und gezielt auszubauen. Besonders wichtig seien dabei:
- die Einführung einer speziellen Förderrichtlinie zur Stärkung der non-formalen und informellen Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), die in ihrem Umfang der bestehenden Richtlinie „Kultur macht stark“ ähnelt. Als rechtliche Grundlage hierfür werden das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 Alt. 2 GG), der Schutz zukünftiger Generationen (Art. 20a GG) sowie das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung herangezogen.
- Ergänzend zur strukturellen Förderung wird ein Ausbau niedrigschwelliger Fördermöglichkeiten angeregt. Durch leicht zugängliche Förderprogramme könnten neue Akteure zur Teilnahme motiviert werden und wertvolle Erfahrungen in Selbstwirksamkeit sammeln – wie es beispielsweise im nun gekürzten Projekt youclub2030 erfolgreich umgesetzt wurde.
In der BNE-Erklärung wird die Bundesregierung aufgefordert, langfristige Investitionen in die strukturelle Verankerung der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in allen Bildungseinrichtungen sicherzustellen. Nur durch gezielte und umfassende Förderung kann gewährleistet werden, dass heutige und zukünftige Generationen die erforderlichen Kompetenzen entwickeln, um als verantwortungsbewusste Akteure für eine nachhaltige Entwicklung zu agieren. Studien belegen, dass Menschen, die eine ganzheitlich ausgerichtete Bildung für nachhaltige Entwicklung erfahren haben, motivierter und besser befähigt sind, nachhaltige Praktiken anzuwenden und ihre Umwelt entsprechend zu gestalten (Holst, J., Grund, J., & Brock, A. (2024)). In der heutigen Zeit sind Defizite in diesem Bereich nicht vertretbar.
Die BNE-Erklärung setzt daher ein klares Zeichen gegen die Kürzungen im Bereich BNE und fordert eine Erhöhung der Mittel, um der zentralen Rolle von BNE bei der Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele gerecht zu werden.