Oxfam-Report: Hunger als Kriegswaffe – Tägliche Todeszahlen alarmieren
Oxfams aktueller Bericht „Food Wars“ zum Welternährungstag hebt die Schwächen in den globalen Anstrengungen zur Stabilisierung des Friedens und zur Konfliktbewältigung hervor: In Ländern, die von bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen sind, erreicht der Hunger ein alarmierendes Niveau. Oxfam appelliert an die Notwendigkeit, Friedensinitiativen durch Investitionen in sozialen Schutz, gerechten Handel und nachhaltige Ernährungssysteme zu unterstützen.
30.10.2024
Einem aktuellen Bericht von Oxfam, der heute anlässlich des Welternährungstags veröffentlicht wurde, zufolge sterben in Ländern, die unter bewaffneten Konflikten leiden, schätzungsweise täglich zwischen 7.000 und 21.000 Menschen an Hunger.
Der Bericht mit dem Titel „Food Wars“ analysiert 54 kriegsgeplagte Nationen und zeigt auf, dass nahezu alle der 281,6 Millionen Menschen, die weltweit unter akutem Hunger leiden, in diesen Gebieten leben. Darüber hinaus sind bewaffnete Konflikte eine der wesentlichen Ursachen für Vertreibung und Flucht; mit über 117 Millionen Geflüchteten weltweit wird auch hier ein historisches Höchstmaß erreicht.
Hunger wird zur Kriegswaffe
Oxfams Analyse verdeutlicht, dass Konflikte nicht lediglich eine der wesentlichen Ursachen für Hunger darstellen, sondern dass die beteiligten Kriegsparteien den Entzug von Lebensmitteln gezielt als strategisches Mittel einsetzen. Hierbei werden absichtlich die Infrastruktur für Nahrungsmittel, Wasser und Energie angegriffen und die Versorgung mit Lebensmitteln systematisch unterbrochen.
„In den bewaffneten Konflikten ist der Hunger zu einer tödlichen Waffe geworden, die von Kriegsparteien entgegen internationaler Gesetze eingesetzt wird und zu einem alarmierenden Anstieg der Zahl der Todesopfer führt. Dass die Zivilbevölkerung in vielen Ländern im 21. Jahrhundert weiterhin diesem fürchterlichen und langsamen Sterben ausgesetzt ist, ist ein kollektives Versagen", sagt Emily Farr, Leiterin des Themenbereichs Ernährung und wirtschaftliche Sicherheit bei Oxfam.
Die gegenwärtigen Ernährungskrisen sind überwiegend auf militärische Auseinandersetzungen und Konflikte zurückzuführen. Aktuell leiden nahezu eine halbe Million Menschen im Gazastreifen unter Hunger – dort erreichen 83 Prozent der erforderlichen Lebensmittelhilfen die Bedürftigen nicht. Im Sudan haben mehr als dreiviertel Millionen Menschen keinerlei Zugang zu Nahrungsmitteln oder nur in sehr begrenztem Umfang. Die verheerenden Folgen der Kriege auf die Ernährung werden über viele Generationen hinweg spürbar bleiben.
Der Bericht zeigt auch, dass die Bemühungen um Friedenskonsolidierung und Wiederaufbau nach Kriegen zu oft auf der Förderung ausländischer Investitionen und exportorientierter Volkswirtschaften beruhen. Diese Konzentration auf die wirtschaftliche Liberalisierung kann jedoch zu mehr Ungleichheit, Leid und dem Wiederaufflammen von Konflikten führen.
Klimakatastrophe wird durch kriegerische Konflikte verstärkt
Kriegshandlungen und Auseinandersetzungen verstärken häufig andere Herausforderungen, wie die Klimakrise, wirtschaftliche Unsicherheiten und soziale Ungleichheiten, wodurch die Lebensgrundlagen der Menschen erheblich bedroht werden. Ein Beispiel dafür sind klimatische Extremereignisse wie Dürreperioden und Überschwemmungen, die zusammen mit dem Anstieg der globalen Lebensmittelpreise infolge von Pandemien sowie den Störungen in der Lebensmittelversorgungskette, die im Kontext des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine entstanden sind, die Hungerkrisen in Ost- und Südafrika weiter verschärfen.
„Wir können Kriege nicht einfach dadurch beenden, dass wir ausländische Investitionen in krisengeschüttelte Länder leiten. Wir müssen auch die Ungleichheit und seit Generationen bestehende Missstände und Menschenrechtsverletzungen angehen, die diese Konflikte schüren. Friedensbemühungen müssen mit Investitionen in den sozialen Schutz und den Aufbau des sozialen Zusammenhalts einhergehen. Wirtschaftliche Lösungen müssen den Schwerpunkt auf fairen Handel und nachhaltige Nahrungsmittelsysteme legen“, betont Farr.