Politik

Uganda: Armes Land ganz reich

"Wir haben alles: Die besten Böden, Energie und Rohstoffe, hohes Wirtschaftswachstum, niedrige Inflationsraten, günstige Löhne, niedrige Steuern und freien Gewinntransfer, liberale Mediengesetze und politische Stabilität. Und trotzdem sind wir arm. Warum?", fragt ein Jungunternehmer aus Bwindi in einer Diskussion über die zukünftige Entwicklung des Tourismus in Uganda. Eine Antwort darauf ist nicht leicht. Die ehemalige britische Kolonie hat die blutige Diktatur Idi Amins (1971 bis 1979) noch immer nicht verdaut, auch die tiefe Verstrickung in die Bürgerkriege im Kongo, in Ruanda und im Südsudan bis in die 2000er-Jahre hinein hat die Entwicklung nicht erleichtert.

28.07.2016

Uganda: Armes Land ganz reich zoom
Die ostafrikanische Republik Uganda ist reich an Natur- und Bodenschätzen, ein immergrünes und saftiges Agrarland.

Doch die Voraussetzungen für Reichtum und Prosperität sind in keinem anderen Land Afrikas so gut wie hier. Die Binnenrepublik verfügt über echte Attraktionen: so zum Beispiel die größte Population an Berggorillas, das UNESCO-Weltnaturerbe im Rwenzorigebirge, vier der größten sieben Seen Afrikas, mit dem Lake Viktoria den drittgrößten See der Welt und die Quellgebiete der zwei größten Flüsse Afrikas, dem Nil und dem Kongo. Mit über 1.670 Vogelarten ist Uganda das vogelreichste Land Afrikas. Außerdem sind hier alle großen Wildtiere heimisch: Löwen, Elefanten, Leoparden, Büffel, Nashörner, Nilpferde, Reptilien und zahlreiche Primaten. Schon Winston Churchill bezeichnete Uganda als "Perle Afrikas".

Uganda ist geprägt von einem außerordentlich wasserreichen Hochland über 1.000 Meter Seehöhe - mit ganzjährig moderaten Temperaturen (25 bis 28 Grad Celsius) und zwei Regenzeiten im Frühjahr und Herbst, die auch zwei Ernten ermöglichen. Das Landschaftsbild reicht von erdfarbenen, gelb und lichtgrünen Savannen bis zu sattgrünen Hügeln und blauen Bergen und ist abwechslungsreich und vielfältig wie kaum anderswo. Zehn Nationalparks, kilometerweite Tee- und Kaffeefelder, Bananen- und Tabakplantagen wechseln mit weiten Ebenen, Seelandschaften, tropischen Regenwäldern und Kraterseen bis hinauf in die noch geringfügig vergletscherten Mondberge. Mit rund 241.000 Quadratkilometern hat das Land eine Ausdehnung wie Westdeutschland.

Kaffeeanbau ist typisch für Uganda. Bevor die rohen, weißen Kaffeebohnen getrocknet und dann geröstet werden, müssen sie vom Fruchtfleisch getrennt werden. Dazu gibt es spezielle Gerätschaften.
Kaffeeanbau ist typisch für Uganda. Bevor die rohen, weißen Kaffeebohnen getrocknet und dann geröstet werden, müssen sie vom Fruchtfleisch getrennt werden. Dazu gibt es spezielle Gerätschaften.

Armutsrate gesenkt

Uganda beherbergt unzählige Kulturen, mehrere (wieder eingesetzte) Königreiche, und die rund 40 Millionen Einwohner sprechen über 40 Sprachen, auch wenn sich Englisch als Amtssprache und Swahili (ursprünglich die Sprache der Militärs) als Verkehrssprache wie in anderen Ländern Ostafrikas durchgesetzt haben. Seit Anfang der 1990er-Jahre hat Uganda seine wirtschaftliche und soziale Situation durch solide gesamtwirtschaftliche Steuerung und Abstimmung mit Weltbank und IWF verbessert. Die "Armutsrate" konnte von 56 Prozent (1992) auf unter 20 Prozent im Jahr 2015 gesenkt werden.

Im gleichen Zeitraum stieg allerdings die Ungleichverteilung von Vermögen innerhalb des Landes an. Auch liegt die Armutsrate im Norden und Nordosten deutlich über jener des Südwestens und diese wiederum deutlich über jener der Hauptstadt. IWF, Weltbank und bilaterale Geber honorieren die entwicklungspolitischen Bemühungen Ugandas durch umfangreiche Neuzusagen, um das Land bei der Armutsbekämpfung zu unterstützen. Korruption bleibt jedoch ein Hindernis auf dem Weg zu mehr Wohlstand.

Beachtliches Wirtschaftswachstum

Uganda brachte es in den vergangenen 20 Jahren auf ein jährliches Wirtschaftswachstum von fünf bis zehn Prozent. 2015 betrug das Wachstum 4,6 Prozent, in den ersten Monaten 2016 flachte es aufgrund von Ernteausfällen weiter ab. Die hohen Wachstumsraten sind wohl auch dem anhaltend hohen Bevölkerungswachstum geschuldet, das sich wegen fehlender aktiver Geburtenkontrolle weiter fortsetzen wird. Das Pro-Kopf-Einkommen sinkt daher aktuell, während die Inflation sich seit 2014 beschleunigt hat und Mitte 2016 bei 6,2 Prozent lag (auf Jahresbasis). Der Staatshaushalt ist zu rund 20 Prozent geberabhängig. Rund 80 Prozent der Bevölkerung sind nach wie vor in der Landwirtschaft tätig. Da es sich vorwiegend um Subsistenzwirtschaft handelt, beträgt der Anteil der Landwirtschaft am BIP jedoch nur rund 22 Prozent.

Mehr als die Hälfte des BIP wird im Dienstleistungssektor erwirtschaftet. Zweitgrößter Sektor ist das verarbeitende Gewerbe mit gut 26 Prozent. Die Landwirtschaft ist allerdings der größte Devisenbringer des Landes. Bei den Exporten stehen Kaffee und Tee an erster Stelle, gefolgt von Fischprodukten, Tabak, Baumwolle, Blumen, Bananen, Obst und Gemüse. 2015 exportierte Uganda Waren im Wert von rund drei Milliarden Dollar. Wichtigste Handelspartner mit 50 Prozent sind die ost- und südafrikanischen Nachbarländer, gefolgt von der EU mit 20 Prozent. Der Wert der Importe betrug 4,6 Mrd. Dollar, davon über 40 Prozent aus Asien (vor allem China und Indien), 15 Prozent aus der EU und 14 Prozent aus den COMESA-Staaten. Importe aus China sind besonders stark gestiegen.

Uganda ist der größte Kaffee-Exporteur Afrikas und die Nummer sieben auf dem Weltmarkt. Eine halbe Million Kleinbauern und ihre Familien leben vom Kaffee-Anbau.
Uganda ist der größte Kaffee-Exporteur Afrikas und die Nummer sieben auf dem Weltmarkt. Eine halbe Million Kleinbauern und ihre Familien leben vom Kaffee-Anbau.

Ölförderung könnte Aufschwung bringen

Besondere Bedeutung für die Wirtschaft dürften die riesigen Erdöl-Funde entlang des Albert-Grabens erlangen. Deren Förderung könnte sich positiv auf die Reduzierung der hohen Staatsverschuldung und die Binnenwirtschaft auswirken, allerdings sträuben sich insbesondere Umwelt- und Natürschützer mit allen Mitteln gegen die Erschließung des sensiblen Rift Valleys und der großen Seen. Aufgrund des aktuellen niedrigen Weltmarktpreises für Öl und der noch nicht vorhandenen Infrastruktur zum Export von Rohöl (im März 2016 fiel die Entscheidung zugunsten des Baus einer Pipeline durch Tansania), ist mit dem Beginn der kommerziellen Förderung nicht vor 2020 zu rechnen.

Trotz politischer und ökonomischer Kontroversen: Die Transformation der Wirtschaft Ugandas vom Agrarland zur Industriegesellschaft ist voll im Gang. Der Anteil der Landwirtschaft am Bruttosozialprodukt beträgt heute nur noch 44 Prozent, Industrie (18 Prozent) und Dienstleistung (38 Prozent) hingegen wachsen. TV, Internet und Mobiltelefon haben Uganda rasch an die globalen Märkte herangeführt und die industrielle Entwicklung des Landes beschleunigt. Uganda profitiert dabei auch von Bodenschätzen wie Kobalt, Zink, Gold, Wolfram und Tantalum, die laufend erschlossen werden. Tourismus, Metallverarbeitung, Lederverarbeitung, Verpackungsindustrie und neue Industriezweige bieten reichlich weitere Chancen.

Gesellschaft im Umbruch

"Wenn der bescheidene Wohlstand Ugandas also zunehmen soll, muss das Land dringend an den Grundfesten seines Gesundheits- und Sozialwesens arbeiten", erklärt ein deutscher Entwicklungsexperte in der Diskussion von Bwindi. Und das wird einigermaßen schwierig: Das exorbitante Bevölkerungswachstum von rund fünf Prozent pro Jahr ist eine Folge von weitverbreiteter Polygamie und einer durchschnittlichen Fertilitätsrate von sieben Kindern pro Frau. Mehr als 50 Prozent der Bevölkerung sind unter 14 Jahre alt, nur 2,5 Prozent älter als 65 Jahre, jede zweite Frau ist schwanger. Die Kindersterblichkeit beträgt derzeit sechs bis sieben Prozent, die Analphabetenquote 33 Prozent. Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als zehn Prozent der Kinder in Uganda ohne Eltern aufwachsen, eine verlorene Generation.

Quelle: UD/pte
 

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