CSR-Management

CSR und Social Media verstärken sich gegenseitig

Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich aus der Nutzung von sozialen Medien für die Kommunikation von Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit? Dieser Frage geht das Interview mit Tim Breitbarth nach. Der ehemalige Marketing- und CSR-Berater lehrt derzeit an der Faculty of Management an der Bournemouth University in Südengland. Beim 1. Deutschen CSR-Kommunikationskongress im November wird er den Workshop "Social Media und Mobile Communication" leiten.

02.09.2015

CSR und Social Media verstärken sich gegenseitig zoom

Social Media und CSR: Wieso gehört das zusammen beziehungsweise warum passt das zusammen?

Tim Breitbarth: Beide Themen verlangen und erlangen wachsende Aufmerksamkeit in der Unternehmenskommunikation. Sie können sich gar gegenseitig verstärken. Social Media Plattformen, Blogs und andere Möglichkeiten des Internet bringen mehr Transparenz und erwirken oft konkreten Handlungsdruck. Es geht soweit, dass Neue Medien und mobile Kommunikationslösungen bereits althergebrachte Geschäftsmodelle unterwanderen und neue geschaffen haben – beispielsweise im Versandhandel oder der Medienbranche – und dass sie die gewollte und auch nicht gewollte Mitsprache von Kunden und Interessensgruppen ermöglichen. Nichtkommunizieren ist im Social Web keine Alternative – und das betrifft insbesondere Nachhaltigkeitsthemen, wo die gekonnte Auseinandersetzung mit kritischen Fragen und Nachfragen als Teil des Verbesserungsprozesses gesehen werden kann. Oder, wenn man als Organisation eine eher passive und zurückhaltendere Haltung einnimmt, geht es im Kontext von CSR und Social Media zumindest um die Vermeidung von Reputationsrisiken.

Das klingt so als ob die Rolle der Unternehmenskommunikation in einer Neufindungsphase ist?

Breitbarth: Die Beziehung zwischen Unternehmensstrategie und der Rolle der Kommunikation verändert sich zum Beispiel dadurch, dass die Ränder einer modernen Organisation unschärfer werden. Die strategische Einbindung von externen Partnern in die eigene Wertschöpfungskette nimmt zu; die klassische Trennung zwischen interner und externer Kommunikation löst sich auf – nicht zuletzt verstärkt durch das Social Web. Social Media Kanäle bieten Stakeholdern direkten Zugang zu allen Teilöffentlichkeiten einer Unternehmung. Dies kann wiederum strategische Entscheidungen beeinflussen. Es gibt viele Fälle in denen beispielsweise Lieferketten tiefgreifend verändert wurden, weil der Druck von Kundenseite, NGOs und schließlich Politik zu groß wurde. Hier können gute Kommunikatoren entscheidet beim Brückenschlag mit den Themen und Akteuren aber auch der internen Übersetzungsleistung helfen.

Wie aktiv beschäftigen sich Organisationen in ihrem Kommunikationsmanagement mit den Möglichkeiten und Herausforderungen des Social Web?

Breitbarth: Social Media ist eine noch relativ junge Angelegenheit. Zur Erinnerung: Twitter, Facebook und YouTube wurden erst vor zehn Jahren gegründet. Richtig Musik kam aber erst verzögert, dann aber gewaltig in die Sache. Seit wenigen Jahren ist es richtiger Rock’n’Roll mit einer Neigung zum Punk, da ist es für Kommunikationsmanager häufig eine Gradwanderung kühlen Kopf zu bewahren. Daten zeigen leider, dass in den USA eine deutlich höhere Zahl von Unternehmen Social Media schon seit längerer Zeit gezielt einbinden, zum Beispiel zur aktiven CSR-Kommunikation. Die derzeit in der Breite zurückhaltende Öffnung gegenüber Social Media in Deutschland und daher vorsichtigeren Lernschritte mögen ein Grund dafür sein, dass einer Studie zufolge etwa zwei Drittel der Unternehmenskommunikatoren ihre Erwartungen an Social Media als nicht erfüllt ansehen. Für eine auf Kontrolle ausgerichtete Kommunikationsstrategie traditionellerer Prägung mag es zudem erschreckend und beängstigend sein, wie durchaus versiert und erfolgreich sich NGOs, vereinzelte Unzufriedene oder relativ spontan bildende Interessensvereinigungen Social Media Kanäle als Kampagnenplattformen zu nutze machen. Insgesamt kann man jedoch sagen, dass sowohl das Social Web als auch das Kommunikationsmanagement der Zukunft in der Findungsphase sind.

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Welche Themen sind momentan 'hot'?

Breitbarth: Im Kontext von CSR und Social Media sowie mobiler Kommunikation im weiteren Sinne sind dies sicherlich die Tiefe und Breite von Transparenz, die Umsetzung von Reporting sowie der Umgang mit Kritik beziehungsweise die Einbindung und Übersetzung von kritischen Fragen in sinnvolle interne Veränderungen. Diese und weitere sind in dem Buch "CSR und Social Media", dass ich im letzten Jahr zusammen mit Riccardo Wagner und Georg Lahme herausgebracht habe, von Experten aus Wissenschaft und Praxis aufgearbeitet und veranschaulicht. Im Abschlusskapitel blicken Wayne Visser und Nick Tolhurst bereits weiter voraus und beschreiben, wie uns Makro- und Micro-Veränderungen auf den Weg zur 'Open Source Nachhaltigkeit' bringen. Es geht es um neue Denkrichtungen, die im Sinne von kollektiver Intelligenz der Stakeholder Lösungen für globale Herausforderungen geben, wobei die Technologien eine schnelle und effiziente Einbindung auf Augenhöhe insbesondere derer ermöglichen, die letztlich am meisten von unternehmerischen Entscheidungen betroffen sind.

Wie ist die Resonanz auf das Buch und was folgt nun?

Breitbarth: Da das Buch als Teil des Wirkens des DPRG Arbeitskreises CSR entstanden ist, hat es eine gute Verbreitung in die interessierte deutsche Kommunikationsbranche gefunden. Die Möglichkeit zum weiteren Austausch und gegenseitigen Lernen zum speziellen Thema Social Media und CSR bietet sich im gleichnamigen Workshop auf dem 1. Deutschen CSR-Kommunikationskongress in Osnabrück Mitte November. Darüber hinaus setzen wir hier weitere Diskussion zu wichtigen Themen der CSR-Kommunikation fort. Dazu haben wir auch viele renommierte Kommunikatoren und Akteure aus dem Bereich Nachhaltigkeit gewinnen können.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UmweltDialog
 

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