Betriebliche Nachhaltigkeit: Managementsysteme sind Erfolgsfaktoren
Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind in aller Munde. Zahlreiche Gesetze aus Brüssel und Berlin festigen diesen Trend. Für Unternehmen bedeutet das einen enormen Anpassungsdruck. Was zu tun ist und wie etablierte Managementsysteme helfen können, erläuterte DNV jetzt in einem fundierten Webinar.
22.06.2021
Der Druck auf Akteure aus Politik und Wirtschaft wächst stetig. Vor allem die weitgehenden Klimaurteile deutscher und niederländischer Gerichte haben jüngst für viele Schlagzeilen gesorgt. Dabei sind es nicht die einzigen Streitfälle vor Gericht: Aktuell sind über 1700 Verfahren europaweit anhängig. Dass viele weitere folgen werden, ist abzusehen, denn internationale Abkommen wie etwa die Pariser Klimaschutzvereinbarungen verpflichten ausdrücklich dazu, die Interessen künftiger Generationen zu schützen. Und genau das ist der Hebel der derzeitigen Richterurteile.
Anforderungen steigen
Durch Durchsetzung dieses international bindenden Rahmens schaffen immer mehr Staaten rund um den Globus entsprechende rechtliche Rahmen. Hier ragen insbesondere die Green Deals der EU und der USA heraus. Das langfristige Ziel ist dabei eine vollständige Klimaneutralität bis 2050. In Europa wird dies jetzt durch entsprechende Vorgaben konkretisiert: Dazu zählen insbesondere die steigenden CO2-Ausgaben und -Steuern, die Klima-Taxonomie, die Neuordnung der Nachhaltigkeitsberichtspflicht für Unternehmen sowie zahlreiche weitere Maßnahmen des für Juli angekündigten "Fit for 55"-Programms.
Was kann ein einzelnes Unternehmen da überhaupt tun?
Unternehmen können auf die wachsenden Rechtsansprüche und Anforderungen mit einem systematischen Ansatz antworten, mit dem sie den Nachweis liefern, dass sie richtig und in bester Sorgfalt handeln und damit einen ganz konkreten und überprüfbaren Beitrag zu intergenerationeller Gerechtigkeit leisten. Gerade Nachhaltigkeitsberichte sollen hier die notwendige Transparenz schaffen. Das ist eine Entscheidungsgrundlage für Investoren oder Kreditgeber, für Staat und NGOs, aber immer öfter auch für interessierte Bewerberinnen und Bewerber, die wissen wollen, wie der potenzielle Arbeitgeber Unternehmensverantwortung lebt.
Beatrice Maier berät seit mehr als 20 Jahren DNV Kunden bei der Implementierung von wirksamen Managementsystemen. In einem gemeinsamen Webinar mit Dr.-Ing. Jochen Nühlen vom Fraunhofer-Institut UMSICHT gab sie einen versierten Einblick in die Möglichkeiten, die ISO-Normen hier bieten. Insbesondere das Thema Ökobilanzierung rückte dabei in den Fokus: Klar ist, dass die politischen Vorgaben einer klimaneutralen Wirtschaft darauf hinauslaufen, den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen auf CO2-Nutzung zu durchleuchten. Insbesondere ISO-Standards zu Umwelt- und Energiemanagement bieten Unternehmen eine systematische Grundlage. Die Expertise dieser unabhängigen, normgebenden Instanz und ihr weltweit einheitlicher Ansatz bieten Struktur und Vergleichbarkeit. Die Umsetzung erfolgt, indem Unternehmen ihre Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen und die damit verbundenen Umweltauswirkungen – zum Beispiel auf das Klima – erkennen, bewerten und bearbeiten.
Beatrice Maier hob besonders hervor, dass es darauf ankommt, nicht nur einzelne Standorte isoliert zu betrachten. „Die ISO – Norm 14001 betont die Lebenswegbetrachtung“. Vertiefende Themen, die derzeit auch viel diskutiert werden sind z.B. :
- Der Einsatz der Blockchain – Technologie insbesondere im Food-Sektor, der die Lieferkette des Produktes auch für die Verbraucher sichtbar macht,
- Meeresschutz u.a. durch Plastikrecycling,
- Die Pflicht zum Nachhaltigkeitsreporting, orientiert an den GRI-Standards,
- die Zunahme von Ökobilanzierungen (Life Cycle Analyse - LCA) nach ISO 14040 bzw. 14044.
Analyse entlang der Wertschöpfung
Bei der Um- und Durchsetzung der jeweiligen Managementsysteme brauchen Unternehmen Unterstützung. Dafür eignen sich Partner wie DNV, die regional wie auch thematisch breit aufgestellt sind und getrennt voneinander Services von der Beratung über die Prüfung bis hin zur Zertifizierung anbieten. Da in den heutigen vernetzten Lieferketten Standorte rund um den Globus miteinander verflochten sind, ist diese Betreuung entlang der Wertschöpfungskette der Schlüssel für Transparenz und erfolgreichen Klimaschutz. Insbesondere Ökobilanzierungen kommen in der aktuellen Diskussion um steigende Steuern und Abgaben auf CO2 eine wachsende Rolle zu. Das Spektrum ist groß, es reicht von Umweltproduktdeklarationen, den sogenannten EPDs (ISO 14025) bis zum ökologischen Fußabdruck einzelner Produkte (ISO 14067). Am universellsten nutzbar ist die klassische Ökobilanzierung (ISO 14040/14044). Sie gibt Aufschluss über die Umweltauswirkungen eines Produktes, einer Dienstleistung oder eines Verfahrens über den gesamten Lebenszyklus hinweg.
Ökobilanzen können im Unternehmen vielfältigen Nutzen haben: Dazu zählt die Identifizierung von Potenzialen, sei es bei der Effizienzsteigerung oder Ressourceneinsparung. LCAs bieten aber auch fundierte Grundlagen für Unternehmensentscheidungen: So lassen sich darüber beispielsweise Investitionsentscheidungen in verschiedene Technologien mit Blick auf ihre jeweiligen Klimaauswirkungen vergleichen. Und da diese immer mehr mit Kosten verbunden sind, kann eine Ökobilanz einen weiteren Blick verschaffen als eine reine betriebswirtschaftliche Betrachtung.
Ökobilanzierung sorgt für kritisches Detailwissen
Ein kritischer Faktor sind dabei allerdings die Systemgrenzen, so Dr. Jochen Nühlen vom Fraunhofer-Institut UMSICHT. Ob man in der Analyse innerhalb der Betriebsgrenzen bleibt (Gate-to-Gate-Analyse) oder den Lebenszyklus in den Blick nimmt (Cradle-to-Grave), will wohlüberlegt sein. Dr. Nühlen betonte, dass gerade bei dieser frühen Weichenstellung bereits entschieden wird, inwieweit die eigenen Erhebungen später vergleichbar, übertragbar und skalierbar sind.
Prominente bzw. populäre Beispiele sind hier das berühmte Elektroauto oder
das Händetrocknen im Bürogebäude. Was ist ökologisch sinnvoller: Das Papierhandtuch oder die Handtuchrolle aus Baumwolle? Um hier eine authentische Bilanz ziehen zu können, braucht man für beide Produkte eine möglichst lückenlose Prozesskette, die von der Gewinnung der Rohstoffe über deren Verarbeitung, die Logistik und Nutzung bis zur Entsorgung etc. reicht. Erst dann lasse sich, so Dr. Nühlen, eine saubere Bilanzierung und damit Vergleichbarkeit erstellen.
Schon das einfache Beispiel „Hände trocknen“ zeigt die Komplexität einer Ökobilanz und beschreibt die Herausforderungen, die an die Datenerhebung gestellt werden. Sogenannte Primärdaten lassen sich im Unternehmen selbst erheben. Dazu zählen etwa Material-, Wasser- und Stromverbräuche. Aber spätestens bei der Einbindung der Lieferketten ist man schnell auf weitere Quellen angewiesen, die belastbar und zuverlässig sein müssen. Hier gibt es zwar heute einiges an Datenbanken und Literatur, so Dr. Nühlen, aber meist braucht es dann doch einen Experten, der die Daten für das jeweilige Unternehmen bewertet und anpasst.
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