Sanierte Wohnungen müssen bezahlbar bleiben
Vonovia überarbeitet seine Nachhaltigkeitsstrategie. Darüber hat UmweltDialog mit Nachhaltigkeitsmanagerin Catrin Coners gesprochen. Im zweiten Teil des Interviews geht es um die Aktivitäten der Wohnungsgesellschaft bei der energetischen Gebäudesanierung, der Wohnumfeldverbesserung und der Förderung der Biodiversität sowie die soziale Verantwortung des Unternehmens.
04.01.2021
UmweltDialog (UD): Vonovia überarbeitet seine Nachhaltigkeitsstrategie. Sind bereits wesentliche Inhalte absehbar?
Catrin Coners: Das Ziel der Vonovia ist der klimaneutrale Gebäudebestand. Den Weg dorthin haben wir mit unserem Klimapfad verbindlich festgeschrieben. Darin sind Zielvorgaben bis 2030 und 2050 definiert. Die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in unserem Bestand steht dabei im Mittelpunkt.
Der Schlüssel dazu liegt in Innovationsprojekten für energetische Gebäudesanierung und im Ausbau erneuerbarer Energien in unseren Beständen und Quartieren. Weitere Schwerpunkte liegen in der Weiterentwicklung der Sektorenkopplung und natürlich auch in Themen wie Photovoltaik, Mobilität oder Energiespeicher. All das vereinen und testen wir gerade in unserem Innovationsquartier und der dort entstehenden Energiezentrale der Zukunft (EZZ) in Bochum-Weitmar. Zudem beteiligen wir uns am EU-Projekt „Mustbe0“. Dabei geht es um Mehrfamilienhäuser, die nach dem Energiesprong-Prinzip schnell und zu bezahlbaren Kosten auf klimaneutrale Null-Emission (NetZero-Standard) gebracht werden sollen.
Als großer Bestandshalter und Bauträger ist die Entwicklung unserer Quartiere in Richtung Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit ein wesentliches Handlungsfeld. Auch zum demografischen Wandel wollen wir etwas beitragen und den Anteil barrierearmer, teilmodernisierter Wohnungen steigern.
Darüber hinaus stehen der Ausbau der Mitarbeiter- und der Kundenzufriedenheit auf unserem CSR-Fahrplan, genauso wie der Ausbau der Arbeitgeberattraktivität und mehr Diversität im Management.
UD: Gebäudesanierung ist eine dauerhafte Aufgabe. In Deutschland können Sanierungskosten aber nur begrenzt auf die Miete umgelegt werden. Vonovia-CEO Rolf Buch hat angekündigt, dass deswegen die Sanierungsinvestitionen in Deutschland reduziert würden. Was heißt das für energetische Sanierungen?
Coners: Die Äußerung von Rolf Buch war bezogen auf die Einführung des Mietendeckels. Es ist richtig, dass wir energetisch sanieren müssen, um die CO2-Emissionen zu senken und dieses mit dem Einsatz erneuerbarer Energien verbinden.
Die Umlage nach der Sanierung muss für den Mieter bezahlbar sein. Deswegen haben wir die Selbstverpflichtung von zwei Euro eingeführt. Das heißt, keine Modernisierung darf für die Mieter am Ende mehr als zwei Euro pro Quadratmeter kosten. Damit schaffen wir unser Sanierungsziel. Das Ganze kann allerdings nicht allein über Vermieter und Mieter finanziert werden. Vielmehr braucht es auch eine Ausweitung der Förderungssystematik in Deutschland für erneuerbare Energien.
UD: Deswegen betreiben Sie Projekte wie das 1.000-Dächer-Programm oder die Erforschung alternativer Energieträger?
Coners: Absolut! Unsere Abteilung Innovation & Business Building ist sehr aktiv im Bereich Ausbau erneuerbarer Energien. Wir investieren daher weiter in die Forschung für Lösungen von morgen: Wir forschen beispielsweise zu Themen wie dem Ausbau von Photovoltaik, wofür das 1.000-Dächer-Programm ein Beispiel ist. Unser Forschungsinteresse gilt auch der Wasserstofftechnologie sowie Batterie- und Wärmespeichern. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut, finanziell gefördert durch das Land NRW, wird Vonovia in seinem Innovationsquartier Bochum-Weitmar an der Energiezentrale der Zukunft forschen und neue Technologien zur Energieerzeugung mit dem Ziel austesten, eine möglichst CO2-neutrale Strom- und Wärmeversorgung des Quartiers zu erreichen – unter anderem durch Kopplung der Energiesektoren über eine zentrale Plattform. Nochmal: Ziel ist das autarke, sich selbst versorgende Quartier. In diesem auf drei Jahre angelegten Projekt kooperieren wir neben dem Fraunhofer-Institut auch mit der Deutschen Energie-Agentur (dena) und Universitäten.
UD: Die Förderung der Biodiversität ist ein Ziel Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie. Wie setzen Sie dies in konkretes Handeln um?
Coners: Wir haben rund 220.000 Bäume und 14 Millionen Quadratmeter Grünflächen. Die umweltgerechte Gestaltung unseres Wohnumfeldes ist uns wichtig. In einer Kooperation mit dem NABU haben wir gelernt, was klimaresistente Pflanzen sind. Unsere Abteilung Wohnumfeld hat im vergangenen Jahr viele Wildblumenwiesen angelegt und Lebensräume für Bienen und Insekten geschaffen und weitere Konzepte für nachhaltige Wohnumfelder entwickelt.
UD: Sie haben Integration und Bekämpfung der Wohnungsknappheit als Ziele definiert. Welche Maßnahmen kann man da ergreifen?
Coners: Wir leisten da, wo es möglich ist, einen Beitrag durch Neubauten. Wir führen Nachverdichtungen in unseren Quartieren durch Neubau und auch Dachgeschossaufstockungen durch. Es muss aber auch Akzeptanz für Neubauten in Städten entstehen. Das ist – noch vor steigenden Baukosten – das eigentliche Problem.
Unsere Position ist: Neubau muss bezahlbar bleiben, und dazu wollen wir als Vonovia einen Beitrag leisten. Bei Neubauten plädieren wir für die Drittel-Lösung, die es bereits in vielen großen Städten gibt. Das bedeutet: ein Drittel Mietwohnungen, ein Drittel Eigenheime für Eigentümer und ein Drittel Sozialwohnungen mit öffentlicher Förderung. Nach diesem Drittel-Mix bauen wir auch selber – so bekommen wir durchmischte Wohngebiete.
UD: Vonovia bekennt sich zu seiner sozialen Verantwortung als Vermieter. Diese untermauern sie durch verschiedene Angebote. Werden die sozialen Ziele gerade durch die Corona-Pandemie eine größere Rolle spielen als bisher?
Coners: Corona wird uns noch länger beschäftigen. Insofern führen wir natürlich unsere Angebote und Versprechen wie das Härtefallmanagement und die Ü-70-Regelung fort. Wir haben versprochen, dass niemand, der durch Corona in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, seine Wohnung verlieren wird. Das hat unser Vorstandsvorsitzender gerade noch einmal bekräftigt.
Natürlich gibt es zusätzliche Herausforderungen, und wir fördern Projekte, die das soziale Zusammenleben in unseren Quartieren stärken. So haben wir in mehreren Quartieren die Tafel-Bewegung unterstützt und verstärken unser Engagement im Bereich der Bekämpfung von Obdachlosigkeit: so zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen mit einer Vereinbarung der Landesregierung gegen Wohnungslosigkeit, der wir uns angeschlossen haben.
UD: Was genau verstehen Sie unter der „Ü-70-Regelung“?
Coners: Das ist eine Wohngarantie. Wir versprechen konkret, dass ein Mieter, der über 70 ist, aufgrund von Mietanpassungen nicht ausziehen muss. Sollte sich ein Mieter die Miete nicht mehr leisten können, finden wir über das Härtefallmanagement eine individuelle Lösung.
UD: Gibt es mit Mietern eine Art regelmäßigen Austausch zu Ihren Anliegen?
Coners: Bei einer Million Kunden sind Kundenzufriedenheit und Servicequalität für uns wichtige Handlungsmaßstäbe. Ebenso die Kommunikation mit unseren Mietern. Diese messen wir über Kundenzufriedenheitsumfragen. Wir nutzen unterschiedliche Kanäle der Kommunikation. Wir haben persönlichen Kontakt über die Objektbetreuer und Quartiersmanager. Wir informieren regelmäßig in Mieterversammlungen. Es werden Mieterfeste ausgerichtet. Wir binden die Mieter auch in Projekte und Beteiligungsverfahren ein. Die „Mein Vonovia“-App bietet schließlich Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit über das Kundenportal. Wir pflegen den Austausch mit unseren Kunden auch über die Kundenservice-Hotline, unser Kundenmagazin und verschiedene Online- Informationskanäle.
UD: Vielen Dank für das Gespräch!
Erfahren Sie mehr über die überarbeitete Nachhaltigkeitsstrategie von Vonovia im ersten Teil des Inteviews.
Über Catrin Coners
Catrin Coners ist seit März 2020 Bereichsleiterin Nachhaltigkeit / Strategie bei Vonovia SE. Die Diplom Kauffrau ist seit dem Jahr 1999 in wechselnden operativen Tätigkeiten in der Immobilienbranche in unterschiedlichen zentralen und operativen Funktionen für Vonovia und Vorgängergesellschaften tätig. Sie startete ihre Karriere als Strategieberaterin bei der Boston Consulting Group in Düsseldorf von 1994-1998.