Aufgeladen: Oliver Blume über Strategie und Ziele
Porsche fährt seit Jahren auf einer Erfolgsspur. Im Interview blickt der Vorstandsvorsitzende Oliver Blume zurück und nach vorn. Ein Gespräch über gutes Teamwork, eine konsistente Strategie, effektives Planen und nachhaltiges Wirtschaften.
04.06.2024
Herr Blume, Porsche weist auch im Jahr 8 mit Ihnen als Vorstandsvorsitzendem Rekordwerte auf. Erfolg ist messbar. Was empfinden Sie nach der jahrelangen Erfolgsfahrt?
Oliver Blume: Erfolg ist immer Teamwork. Und wir sind ein starkes Team. Es ist uns gelungen, Porsche über Jahre kontinuierlich weiterzuentwickeln. Uns nach erfolgreichen Jahren immer wieder neu zu motivieren. Im Zentrum stehen unsere Produkte, bei denen wir unsere Porsche-Werte mit modernsten Technologien verbinden. Uns geht es darum, unsere Kundinnen und Kunden zu begeistern und ihnen mit jedem Auto einen Traum zu erfüllen. Finanzielle Erfolge sind dabei das Ergebnis einer erfolgreichen Strategie. In den vergangenen Jahren konnten wir den Umsatz und operativen Gewinn mehr als verdoppeln. Es gibt keine Zufälle in der Automobilindustrie. Erfolg ist planbar. Wir haben eine konsistente Strategie mit einem konkreten Konzept zur Umsetzung. Wichtig ist mir, sich nicht auf Erfolgen auszuruhen. Wie im Motorsport beginnt jedes Rennen immer von Neuem an der Startlinie. Nur wenn ich mich jedes Mal neu konzentriere und den unbedingten Willen zum Gewinnen habe, werde ich am Ende auch als Erster über die Ziellinie fahren.
Oliver Blume: „Mit einer Quote in den Zielen ist es nicht getan“
Vorstandsvorsitzender Oliver Blume diskutiert mit Porsche-Mitarbeiter:innen über das Thema Vielfalt bei Porsche. Warum ist sie so wichtig für den unternehmerischen Erfolg? Und wie kann sie weiter gestärkt werden? Lesen Sie hier weiter.
Sie sagen, Erfolg sei planbar. Gibt es ein Patentrezept für erfolgreiche Planung?
Blume: Ich habe kein Patentrezept, aber eine Philosophie und Methode zur Führung des Unternehmens. Diese gilt es für mich, spezifisch auf die jeweiligen Rahmenbedingungen und Fragestellungen anzuwenden. Es ist wie im Sport: Erfahrung hilft – ebenso strategisches Vorbereiten und strukturiertes Umsetzen. Mein Rezept lautet – in Grundzügen – erstens: die Lage präzise analysieren, zweitens: die Themen und Aufgaben priorisieren, drittens: strategisch weitblickend entscheiden und entschlossen umsetzen. Unseren Teams setze ich Leitplanken, die jedem eine Orientierung geben und gleichzeitig genügend Spielraum bieten, sich zu entfalten, Ideen zu entwickeln und unternehmerisch zu agieren. Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass jeder im Sinne des Teams, des Unternehmens und unserer Kundinnen und Kunden handelt. Mir geht es um das richtige Mindset und gemeinsamen Teamgeist.
Dabei geht es weniger um visionäre als um pragmatische Vorgaben?
Blume: Am Ende zählt Pragmatismus, gerade in einer bewegten Zeit wie dieser. Ziele setzen den Maßstab. Entscheidend ist, sie ehrgeizig, aber erreichbar zu formulieren. Ich bin ein pragmatischer Manager. Bei der Zielsetzung denke ich im Großen und in Etappen. Wie bei einer bevorstehenden Wanderung kommt es darauf an, welchen Gipfel wir besteigen wollen und welche Route wir nehmen. Warum die Nordroute besser ist als die südliche Strecke. Wir organisieren, dass unsere Rucksäcke richtig gepackt sind. Und dann geht es los. Zum Start ist es nicht entscheidend, wie das letzte Stück des Wegs im Detail aussehen wird. Wichtig ist es, zu starten und dann je nach Situation zu entscheiden. Dabei haben wir stets im Blick, was wir langfristig erreichen wollen. Unsere Strategie weist den Weg, unsere Jahresprioritäten gestalten die Etappen. Den Gipfel als Ziel und Schritt für Schritt umsetzen.
Ist die Transformation so ein Wettbewerb in Etappen?
Blume: Die Transformation mit den Megathemen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Elektromobilität ist der größte Veränderungsprozess in der Geschichte unserer Industrie. Es geht um deutlich mehr als Technologien – Organisation und Prozesse spielen eine wesentliche Rolle. Der Zeitraum wird mehr als 15 Jahre umfassen. Und wir haben gerade rund ein Drittel hinter uns. Wesentliche Aufgaben sind noch zu erledigen. Beispiele sind die Effizienzsteigerung der Elektromobilität, der Ausbau der regenerativen Energieerzeugung, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur und die Dekarbonisierung der Unternehmen. Produktstrategisch berücksichtigen wir, dass sich die Weltregionen unterschiedlich schnell transformieren. Wir sind flexibel aufgestellt: Elektrosportwagen als klare Priorität, mit gleichzeitigem Angebot von Verbrennern und Hybrid-Antrieben in der Transformationsphase.
Und eine Portion Mut gehört wahrscheinlich auch dazu?
Blume: Auf jeden Fall. Wir sind bei Porsche Ende 2015 sehr früh in die Elektromobilität eingestiegen. Damals brauchte die Entscheidung für die Entwicklung des Taycan wirklich Mut. Ich erinnere mich gut an meine erste Aufsichtsratssitzung als Porsche-CEO. Es ging um Milliardeninvestitionen. Wir schlugen damit einen neuen Weg ein. Und nicht wenige waren skeptisch, ob es für Porsche der richtige sei. Als die Fabrik im Herbst 2019 eröffnet und die Weltpremiere ein Volltreffer war, wussten alle: Der Taycan wird ein Erfolg. Ende 2022 haben wir bereits den 100.000sten Taycan ausgeliefert, 2023 waren es mehr als 40.000 Fahrzeuge – und das im letzten Zyklusjahr der ersten Generation. Jetzt kommt der neue Taycan – technisch setzt er neue Maßstäbe.
Das waren bereits bemerkenswerte Etappensiege?
Blume: Ja, weil sie uns Bestätigung, Zuversicht und Selbstvertrauen für den eingeschlagenen Weg geben. Jetzt kommt der nächste große Entwicklungssprung. Unsere Elektrofahrzeuge werden noch leistungsfähiger, effizienter und damit noch attraktiver. 2024 bringen wir neben der zweiten Generation des Taycan den vollelektrischen Macan auf den Markt. Beide Fahrzeuge definieren den Sportwagen in ihrem Segment. Porsche und Elektroantriebe passen perfekt zusammen. Wir haben die Ambition, im Jahr 2030 mehr als 80 Prozent unserer Neufahrzeuge vollelektrisch auszuliefern – abhängig von der Nachfrage und der Entwicklung der Elektromobilität in den Weltregionen. Zusätzlich arbeiten wir auf eine bilanziell CO2-neutrale Wertschöpfungskette unserer neu produzierten Fahrzeuge im Jahr 2030 hin.
Der neue Macan und die nächste Generation des Taycan sind das Maß der Dinge.
Blume: Mit dem neuen Taycan und dem vollelektrischen Macan zeigen wir, was unseren Performance- und Qualitätsanspruch in den nächsten Jahren ausmachen wird. Dank 800-Volt-Technologie benötigt beispielsweise der Taycan nur 18 Minuten, um von zehn auf 80 Prozent aufzuladen. Bei den Fahreigenschaften ist der neue Macan die Benchmark seiner Klasse. Hierzu tragen die hochmoderne Hinterachslenkung und die präzise Allradregelung bei. Bei der Software machen wir einen großen Sprung. Die Reaktionszeiten sind vergleichbar mit einem Tablet. Das System reagiert in Sekundenschnelle. Wenn Sie per Sprachbedienung das Navigationsziel eingeben, bekommen Sie die Route auch bei sehr langen Distanzen unmittelbar angezeigt. Ebenso schnell und präzise wird parallel dazu die Ladeplanung berechnet.
Heute geht es bei allen Zukunftsprojekten von Porsche noch mehr um nachhaltige Mobilität.
Blume: Nachhaltigkeit soll immer mehr Teil unserer Sportwagen werden. So, wie es Technologie, Performance und zeitloses Design sind. Ein aktuelles Beispiel sind Hochleistungsbatteriezellen. Wir entwickeln gemeinsam mit unserer Tochtergesellschaft Cellforce Group eine Zelle, die sich durch einen deutlich höheren Siliziumanteil in der Anode und damit durch eine deutlich höhere Energie- und Leistungsdichte auszeichnet. Die Cellforce-Zellen sind der ideale Energiespeicher für hoch performante, elektrisch angetriebene Sportwagen.
Einen eigenen Weg gehen Sie auch mit dem Engagement für eFuels.
Blume: Wir denken Klimaschutz ganzheitlich. Deswegen setzen wir auf ein doppeltes E: Elektromobilität und ergänzend eFuels. Dank regenerativer synthetischer Kraftstoffe können Ottomotoren potenziell nahezu CO2-neutral betrieben werden. Dabei denken wir gerade an die Bestandsflotten. Auf den Straßen sind 1,3 Milliarden Verbrenner unterwegs. Viele davon noch sehr lange. Als Beimischung im Kraftstoff können eFuels den CO2-Ausstoß senken. Zusätzlich werden in Luft- und Schifffahrt synthetische Kraftstoffe benötigt. Die eFuels-Pilotanlage im Süden Chiles produziert seit Ende 2022 synthetischen Kraftstoff. Die Anlage ist für eine maximale Produktionskapazität von 130.000 Litern ausgelegt, der Kraftstoff soll zunächst für den Porsche Mobil 1 Supercup und andere Leuchtturmprojekte verwendet werden.
Und jetzt legen Sie nach und optimieren die Anlage – eine weitere Pionierleistung?
Blume: Eindeutig ja. Es geht hier um das Direct-Air-Capture-Verfahren DAC. Wir sehen darin eine absolut relevante Zukunftstechnologie an der Schwelle zur Serienentwicklung. Indem Kohlendioxid in größeren Mengen aus der Atmosphäre gewonnen wird, kann diese Technologie einen potenziellen Beitrag leisten, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Mit Partnern arbeiten wir an der Integration dieser DAC-Technologie in die eFuels-Pilotanlage.
Abschließend die Frage: Sie betonen stark das Thema Nachhaltigkeit – eine Herzensangelegenheit?
Blume: Auf jeden Fall. Nachhaltigkeit ist eine der wichtigsten Verantwortungen unserer Zeit. Unser aller Aufgabe ist es, die Welt für künftige Generationen lebenswert zu erhalten. Bei Porsche wollen wir Verantwortung übernehmen für nachhaltiges Handeln, für die Umwelt und die Gesellschaft. Das ist mir persönlich sehr wichtig.
Der Inhalt dieser Webseite stellt ausgewählte Informationen des Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts 2023 der Porsche AG dar. Alle Informationen sind daher stichtagsbezogen und werden seit der Veröffentlichung am 12. März 2024 nicht aktualisiert. Rechtlich bindend ist das deutsche PDF des Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts.