CSR-Management

Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung: Ein ungenutztes Potenzial

Eine Umfrage beim Blueprint Talk zeigt, dass Nachhaltigkeit nur für ein Viertel der Unternehmen eine zentrale Rolle spielt. Expert:innen weisen auf die Herausforderungen und Chancen dieser Entwicklung hin. Digitale Tools und Regulierung könnten als Katalysatoren dienen, während integrierte Teamarbeit weiterhin unerlässlich ist, um nachhaltige Ziele in der Produktentwicklung zu erreichen.

21.11.2024

Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung: Ein ungenutztes Potenzial

Die Tatsache, dass Nachhaltigkeit bislang nicht die ihr gebührende Aufmerksamkeit erhält, steht auch im Zusammenhang mit den damit verbundenen Herausforderungen. Diese Ansicht teilten die Gesprächsteilnehmer der Moderatorin Sarah Yvonne Elsser von Blueprint weitgehend. Bernd Vojanec, der für den Antriebe-Hersteller Wittenstein spricht, hob hervor, dass Nachhaltigkeit aus zahlreichen Aspekten besteht. „Dazu gehören Reparierbarkeit eines Produkts, die längere Lebensdauer und ein optimales Design, das wiederum zu Abstrichen bei der Reparierbarkeit führen kann.“ Eine zusätzliche Dimension, in der sich Fachleute und Teilnehmer einig waren, ist der Energieaufwand während der Produktion.

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Nachhaltigkeit in der Produktgestaltung stelle auch aus diesem Grund eine Herausforderung dar, da sie Fachwissen und ein Umdenken erfordere, erklärte Therese Seiringer von Thyssenkrupp Automotive Technology. „Wo Prozesse über Jahre hinweg etabliert wurden, muss man Umschulungen machen, das Wissen intern aufbauen, und das bedeutet auch hohe Investitionskosten.“ Zudem sei Nachhaltigkeit ein sehr komplexes Thema: „Wenn wir von Nachhaltigkeit sprechen, gehen damit auch immer soziale Aspekte einher.“ Dazu gehöre am Ende der Produktion auch die Frage nach dem Umgang mit überschüssigen Materialien, „die früher Abfall waren, die ich vielleicht weiterverwenden kann“.

„Tsunami an Regulatorik“ hilfreich

Im Wesentlichen erachteten die Fachleute die Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung als äußerst bedeutend. Stefan Gatersleben von Schaeffler erkennt darin Möglichkeiten für einen Wandel der Kultur in der industriellen Fertigung. „Das kann aber nur gelingen, wenn ich einen Überblick über die eingesetzten Werkstoffe habe.“ Die zum Teil umfassenden gesetzlichen Regularien seien dabei hilfreich, aber auch umfangreich. „Es ist eine Flut, ein Tsunami an Regulatorik, der zu ordnen und zu überblicken ist.“ Als Zulieferer sei Schaeffler „in einer Sandwich-Position“ zwischen Zulieferern und dem Kunden, der am Ende daraus ein Gesamtprodukt erstellt. „Regulatorik hilft unserer Firma. Wir möchten Vergleichbarkeit auch für unsere Lieferanten, dafür brauche ich Standards.“

Bernd Vojanec betonte, dass man für eine wirkliche Kreislaufwirtschaft wissen müsse, was konkret in welchem Produkt steckt. „Wenn keiner weiß, was genau drin ist, ist ein Recycling oder eine Wiederaufbereitung nicht möglich.“ Nachhaltigkeit lässt sich nicht erfolgreich umsetzen, wenn die dazugehörigen Daten nicht kontrolliert werden können. Auch in diesem Kontext erkannten die Fachleute im Gespräch die erheblichen Vorteile, die Digital Engineering bietet.

Stefan Kuntzagk von der Lufthansa Technik betonte ebenfalls die Chancen, die Digital Engineering mit sich bringt, und zog einen Vergleich zu einer Brille, die bestimmte Details erst zum Vorschein bringt. Im Bereich der Flugzeuge ermöglicht es die numerische Simulation, durch geringfügige Modifikationen, beispielsweise an der Außenhaut, den Treibstoffverbrauch zu reduzieren. „Kleine Änderungen, mit denen wir was bewegen können.“ Durch die Nutzung der umfangreichen Informationen aus dem Flugbetrieb (Big Data Analytics) sei es möglich, auffällige Verhaltensweisen, beispielsweise bei Triebwerken, frühzeitig zu identifizieren und zu beheben, was letztlich positive Effekte zur Folge habe.

Von außen sei oft nicht erkennbar, welche Auswirkungen die Veränderung einzelner Parameter mit sich bringt. Digital Engineering offenbare jedoch beträchtliche Einsparpotenziale; jedes eingesparte Kilo CO2 führe auch zu finanziellen Einsparungen. „Simulation macht das möglich.“ Sie helfe außerdem, so Bernd Vojanec, „die Entwicklungszeit zu verkürzen und auf Tests zu verzichten oder auf viel höherem Level in Tests einzusteigen“.

Nachhaltigkeit ist ein Teamplay

Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung ist aber nicht nur eine Frage der Simulations-Tools. „Bei Unternehmen unserer Größe geht es auch darum, sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst zu sein“, sagte Therese Seiringer. Wo es Sinn macht, müssten Nachhaltigkeitsziele in die Planung und den gesamten Entwicklungsprozess integriert werden. Das betreffe auch Gremienarbeit, da seien Abstimmungen mehrerer Units nötig, denn Entscheidungen zur Nachhaltigkeit „müssen ja auch in den jeweiligen Arbeitsalltag passen“. Nach Stefan Gatersleben ist Nachhaltigkeits- oder Sustainability-Management daher „nichts anderes als ein Teamplay von unterschiedlichen Einheiten des Unternehmens“.

Im Hinblick auf den ab 2027 in der EU vorgeschriebenen Digitalen Produktpass empfahlen die Diskutierenden, sich frühzeitig darauf vorzubereiten. Es sei entscheidend, bereits jetzt das Thema Nachhaltigkeit mithilfe digitaler Werkzeuge zu erproben und schrittweise in die Praxis umzusetzen. Auf diese Weise könne man kontinuierlich seine Fachkenntnisse erweitern und erkennen, dass auch einfache Simulationen erhebliche Auswirkungen haben können. Besonders im Mittelstand könne dies in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen oder in Kooperation mit Branchenverbänden realisiert werden.

Quelle: UD/pm
 

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