Willkommen in der Wegwerfgesellschaft
Sie klagen über zu viel Einwegprodukte? Schlimmer noch sind Waren, die ungenutzt in den Müll wandern. Wir leben in einer Überfluss- und deshalb auch Wegwerfgesellschaft. Wolfgang Königs Buch dazu ist eine nachdenkliche Reise in das Thema - mit hoffnungsvollen Vorschlägen.
31.12.2019
Früher oder später wird alles weggeworfen. In der Konsumgesellschaft wandern aber auch gebrauchsfähige und neuwertige Produkte auf den Müll. Solche Verhaltensweisen sind das Ergebnis eines langfristigen Prozesses, entstanden über einen Zeitraum von anderthalb Jahrhunderten. Vorläufer waren die USA, die Bundesrepublik Deutschland zog nach. Angefangen hat es um die Jahrhundertwende mit Hygieneartikeln wie Toilettenpapier, Monatsbinden, Windeln und Papiertaschentüchern; nach dem Zweiten Weltkrieg kamen bald eine Vielzahl weiterer Wegwerfartikel hinzu: Pappbecher und Plastikgeschirr, Nylonstrümpfe und Kugelschreiber, Rasierklingen, Getränkedosen und vieles andere mehr. Wolfgang König zeigt, wie die Wirtschaft und die Konsumenten gemeinsam das Wegwerfen zur Routine gemacht haben – und diskutiert Möglichkeiten, die Wegwerfgesellschaft zu überwinden.
"Unsere Wirtschaftsweise hat fatale Konsequenzen: Klimawandel, Artensterben, Wassermangel - diese Phänomene sind bereits heute für viele Menschen auf unserer Welt existenzbedrohend. So, wie wir wirtschaften, kann es nicht weitergehen!", sagt Julika Dittrich vom Umweltdachverband. Deshalb hat sie vor wenigen Jahren die Plattform "Circular Futures" gegründet, in deren Rahmen sie gemeinsam mit Wissenschaftlern, Wirtschaftsvertretern und NGOs an Wegen hin zur sogenannten Kreislaufwirtschaft arbeitet.
Gemeinsam gegen die Wegwerfgesellschaft
Kreislaufwirtschaft bedeutet, Rohstoffe möglichst lange zu nutzen, um dadurch die Umwelt zu schonen. Damit das klappt, braucht es grundlegende Änderungen bei der Herstellung und Nutzung von Produkten. Hier geht es etwa um die Frage, wie man ein Produkt so designt, dass es sich gut reparieren lässt, bis zur Frage des Recyclings und neuer Nutzungsformen wie das Teilen oder Mieten von Produkten. Beispiele für erfolgreiche Kreislaufwirtschaft sind etwa das Fairphone, bei dem sich einzelne Bestandteile wie Kamera und Akku gut austauschen und reparieren lassen, oder das Mieten statt Kaufen von Alltagsgeräten wie Bohrmaschinen.
EU bringt Thema voran
"Wenn wir nicht die Art und Weise ändern, wie wir Kunststoffe herstellen und verwenden, wird 2050 in unseren Ozeanen mehr Plastik schwimmen als Fische. Wir müssen verhindern, dass Kunststoffe in unser Wasser, unsere Lebensmittel und sogar in unsere Körper gelangen", sagt Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der EU-Kommission. "Wenn die Wirtschaft nicht mitmacht und umdenkt, kann Umweltschutz nicht funktionieren. Zum Glück erkennen immer mehr Unternehmen die Bedeutung und das Potenzial der Kreislaufwirtschaft. Die EU liefert dabei wichtige Impulse, indem sie einheitliche Ziele für alle Mitgliedsstaaten vorgibt", so Dittrich. Als Beispiele nennt sie das EU-Kreislaufwirtschaftspaket, das 2015 von der Europäischen Kommission veröffentlicht wurde, sowie die daraus hervorgegangene Plastikstrategie 2018. So sollen bis 2030 55 Prozent aller Kunststoffverpackungen wiederverwertet werden - derzeit sind es lediglich 25 Prozent. Zusätzlich ist das Inverkehrbringen bestimmter Einwegkunststoffartikel, wie etwa Plastikstrohhalme oder Plastikbesteck, ab 2021 verboten.
König, Wolfgang
Geschichte der Wegwerfgesellschaft
Die Kehrseite des Konsums
168 Seiten, Steiner Verlag 2019
ISBN 978-3-515-12500-0 (Print)
ISBN 978-3-515-12503-1 (eBook)
Preis: 21,90 Euro (D)