Reporting

Mehr Transparenz und Nachhaltigkeit durch eine gezielte Wesentlichkeitsanalyse

Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wurde ein Meilenstein in der EU-Gesetzgebung für nachhaltiges Wirtschaften gesetzt. Sie erweitert den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen und legt detaillierte Anforderungen an die Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen fest. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ergänzen die CSRD und bieten konkrete Leitlinien für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sowohl die CSRD als auch die ESRS sind für viele Unternehmen rechtlich bindend.

18.09.2024

Mehr Transparenz und Nachhaltigkeit durch eine gezielte Wesentlichkeitsanalyse

Von Yvonne Ebert

Ein zentraler Aspekt der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die „Wesentlichkeitsanalyse“, die dazu dient, relevante Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren. Was es mit der Wesentlichkeitsanalyse, auch Materialitätsanalyse genannt, auf sich hat und welche Schritte zuerst gegangen werden müssen, wird in diesem Artikel erläutert.

Die Wesentlichkeitsanalyse: Was sich dahinter verbirgt

Die Wesentlichkeitsanalyse ist ein systematischer Prozess, der Unternehmen dabei unterstützt, die für sie jeweils relevantesten Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren und zu bewerten. Diese Analyse dient als Grundlage für die Entwicklung einer nachhaltigen Unternehmensstrategie und die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten.

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Im Kern geht es darum, herauszufinden, welche ökologischen, sozialen und governance-bezogenen (ESG)-Aspekte einen signifikanten Einfluss auf das Unternehmen haben oder umgekehrt, wie das Unternehmen in diesen Aspekten die Umwelt und die Gesellschaft beeinflusst. Dabei wird sowohl die perspektivische Sichtweise (Outside-In: Wie wirken sich externe Faktoren auf das Unternehmen aus?) als auch die auswirkungsorientierte Sichtweise (Inside-Out: Welche Auswirkungen hat das Unternehmen auf seine Umwelt und Stakeholder?) berücksichtigt.

Die Ergebnisse einer Wesentlichkeitsanalyse bilden in vielerlei Hinsicht die Grundlage für nachhaltigeres Handeln. So ermöglichen sie es, Nachhaltigkeitsvorhaben gezielt zu priorisieren, indem sie Unternehmen dabei unterstützen, ihre Anstrengungen auf die Bereiche zu fokussieren, die den größten Einfluss haben. Zudem spielt die Analyse eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien, da sie hilft, konkrete Maßnahmen zur Bearbeitung der identifizierten Themen zu formulieren. Darüber hinaus sind die Resultate der Wesentlichkeitsanalyse essenziell für die Erstellung von transparenten und aussagekräftigen Nachhaltigkeitsberichten, die die Fortschritte und Bemühungen des Unternehmens nachvollziehbar dokumentieren.

Vor der CSRD konzentrierten sich Unternehmen bei der Wesentlichkeitsanalyse darauf, welche Nachhaltigkeitsthemen sowohl ihre Geschäftstätigkeit beeinflussten als auch von dieser beeinflusst wurden. Die CSRD erweitert diesen Ansatz: Unternehmen müssen nun auch die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen berücksichtigen, wenn sie auch nur in einer der beiden Perspektiven wesentlich sind und nicht mehr nur, wenn beide Perspektiven (Inside-Out und Outside-In) relevant sind. Diese umfassendere Betrachtungsweise führt zu einer detaillierteren und aussagekräftigeren Nachhaltigkeitsberichterstattung und ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen.

Wer von der Berichtserstattungspflicht betroffen ist

Die CSRD und somit auch die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse gilt für alle großen Unternehmen in der EU, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro, einen Nettoumsatz von mehr als 50 Millionen Euro oder mehr als 250 Mitarbeitende.

Ab 2027 fallen auch börsennotierte Unternehmen mit zehn bis 250 Mitarbeitenden, sowie kleinere und mittlere Unternehmen (KMUs), unter die Richtlinie – mit einigen Ausnahmen für Mikrounternehmen. Zusätzlich betrifft die CSRD auch nicht-europäische Unternehmen, die erhebliche Umsätze in der EU erzielen, sofern sie bestimmte Schwellenwerte überschreiten.

Die Pflicht zur Durchführung wird europaweit also immer mehr zur Norm – früher oder später wird sicherlich jedes Unternehmen dazu verpflichtet sein, die CSRD anzuwenden.

Schritte zur Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse

Die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse besteht immer aus der Abfolge bestimmter Schritte. Zunächst gilt es, die relevanten Stakeholder zu identifizieren, sowohl intern als auch extern, direkte und indirekte Betroffene. Anschließend werden die Auswirkungen, Chancen und Risiken aller in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definierten Nachhaltigkeitsaspekten aus beiden Perspektiven – sowohl von innen nach außen (Inside-Out) als auch von außen nach innen (Outside-In) – ermittelt. Eine eingehende Analyse des Unternehmensumfelds, inklusive externer Faktoren und Gegebenheiten, sowie eine gründliche Untersuchung des eigenen Geschäftsmodells, Portfolios und der Wertschöpfungskette sind ebenfalls unerlässlich. Die Ergebnisse dieser Analysen werden in einer Wesentlichkeitsmatrix zusammengefasst, die die Bedeutung der einzelnen Nachhaltigkeitsthemen visualisiert. Abschließend werden die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse kommuniziert, im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts veröffentlicht und in die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens integriert.

Für die Umsetzung dieser Schritte stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Neben Umfragen und Interviews können auch vorhandene Daten ausgewertet oder Workshops durchgeführt werden. Eine Online-Befragung unter Mitarbeitenden und externen Stakeholdern bietet beispielsweise einen ersten Überblick über als wesentlich erachtete Nachhaltigkeitsthemen. Bei komplexen oder fachlich anspruchsvollen Themen ist es ratsam, auf das Know-how interner oder externer Expert:innen zurückzugreifen.

Die Wahl der geeigneten Methoden hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Größe des Unternehmens, der Branche, den verfügbaren Ressourcen und den spezifischen Zielen der Analyse. Eine Kombination verschiedener Methoden kann dabei helfen, ein umfassendes und aussagekräftiges Bild der wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen zu erhalten.

Digitale Tools als Hilfestellung

Für Unternehmen, die eine Wesentlichkeitsanalyse durchführen, können spezielle Softwarelösungen eine wertvolle Unterstützung bieten. Diese Tools erleichtern eine strukturierte und effiziente Umsetzung, insbesondere wenn sie rechtssicheres Fachwissen zur Verfügung stellen und die Anwender:innen sicher durch den gesamten Prozess führen. Mit solch einem Tool können Unternehmen die Wesentlichkeitsanalyse rechtssicher, effizient und eigenständig durchführen und die relevantesten Nachhaltigkeitsthemen identifizieren.

Praktische Handlungsempfehlungen zur Durchführung

Bei der Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse ist es für Unternehmen entscheidend, ausreichend Kapazitäten einzuplanen. Besonders bei der ersten Durchführung sollte der Aufwand nicht unterschätzt werden, weshalb genügend personelle Ressourcen und ausreichend Zeit zur Verfügung stehen müssen. Je komplexer das Geschäftsmodell und die Unternehmensstruktur, desto mehr Zeit wird für die Analyse benötigt.

Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist eine effektive Kommunikation. Die Qualität der Wesentlichkeitsanalyse hängt maßgeblich von den verwendeten Daten ab. Daher ist es unerlässlich, sowohl interne als auch externe Stakeholder für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren und aktiv in den Prozess einzubinden. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle relevanten Informationen in die Analyse einfließen.

Die Wahl der passenden technischen Unterstützung ist ebenfalls von großer Bedeutung. Mit der richtigen Technologie können Unternehmen eine Wesentlichkeitsanalyse sicher und effizient durchführen, auch ohne tiefgehendes Fachwissen. Es ist daher ratsam, frühzeitig nach einer Lösung zu suchen, die fundiertes Know-how mit einer benutzerfreundlichen Handhabung kombiniert.

Zudem sollte beachtet werden, dass eine Wesentlichkeitsanalyse ein kontinuierlicher Prozess ist. Da sie immer den aktuellen Stand abbilden muss, ist eine regelmäßige Aktualisierung notwendig. Bei Veränderungen in den Rahmenbedingungen, Geschäftsfeldern oder Modellen sollte eine Anpassung erfolgen. Es wird empfohlen, die Analyse jährlich zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die aktuellen Prioritäten und Handlungsfelder berücksichtigt werden.

Insgesamt kann gesagt werden: Mit einer guten Vorbereitung und passender Unterstützung sowie digitaler Tools wird die Wesentlichkeitsanalyse schnell von einer Herausforderung zu einem wertvollen Werkzeug für Unternehmen. Denn sie bietet Unternehmen bei der korrekten Anwendung eben auch erhebliche Vorteile, da sie nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllt, sondern auch eine strategische Grundlage für nachhaltiges Handeln schafft.

Über die Autorin

Yvonne Ebert ist Produktmanagerin Haufe Wesentlichkeitsanalyse bei der Haufe Group. Die studierte Medienbetriebswirtin verantwortet in ihrer Position die Konzeption, Umsetzung und Markteinführung von Neuprodukten im Bereich Nachhaltigkeit.

Yvonne Ebert
Quelle: UD
 

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