Personalmangel erschwert Umsetzung von Lieferkettengesetz in Deutschland
9 von 10 Unternehmen in Deutschland sehen Personalmangel als größtes Hindernis bei der Umsetzung des LkSG. Laut einer Studie der EQS Group in Zusammenarbeit mit der Hochschule Ansbach ist das Risiko von Verstößen gegen das LkSG im Direktgeschäft gering, bei Zulieferern jedoch höher. Seit Inkrafttreten des LkSG hat fast die Hälfte der Unternehmen mindestens eine Beschwerde erhalten. Auch bei der EU-CSDDD erwarten die Unternehmen, dass die personellen und finanziellen Ressourcen nicht ausreichen.
05.11.2024
Personalmangel bremst LkSG-Umsetzung
Obwohl zahlreiche Firmen das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) bereits in ihre Prozesse integriert haben, stellt der Fachkräftemangel nach wie vor eine wesentliche Barriere dar. 89 Prozent der befragten Unternehmen betrachten die eingeschränkte Verfügbarkeit von Personal als größte Herausforderung, was einen erheblichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (60 Prozent) darstellt. In den meisten der befragten Firmen sind 1 bis 5 Mitarbeitende aus den Bereichen Compliance, Einkauf oder Recht für die Umsetzung des Gesetzes verantwortlich.
87 Prozent der Unternehmen haben ein Risikomanagementsystem für mögliche menschen- und umweltrechtliche Verstöße innerhalb ihrer Organisation eingeführt. Als digitale Lösung verwenden 58 Prozent Excel, während 34 Prozent auf eine spezifische Softwarelösung zurückgreifen.
Wahrgenommenes Risiko nimmt entlang der Lieferkette zu
94 Prozent der Firmen betrachten in ihrem eigenen Geschäftsbereich das Risiko für Verstöße gegen das LkSG als gering oder sehr gering. Bei direkten Lieferanten schätzen sogar 85 Prozent das Risiko als niedrig ein. Im Gegensatz dazu verändert sich die Risikoeinschätzung bei indirekten Lieferanten deutlich: Lediglich 27 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass bei ihren mittelbaren Lieferanten nur ein geringes Risiko für LkSG-Verstöße besteht; 62 Prozent hingegen sehen ein mittleres Risiko.
Zusätzlich zu dieser Risikoeinschätzung zeigt die Untersuchung, dass in 46 Prozent der befragten Unternehmen seit dem Inkrafttreten des LkSG bereits mindestens eine Beschwerde im Zusammenhang mit diesem Gesetz eingegangen ist. Über ein Viertel (26 Prozent) dieser Meldungen wurde anonym eingereicht. Die übrigen Beschwerden stammen hauptsächlich von Mitarbeitern (25 Prozent), Dritten (20 Prozent) oder Betroffenen (19 Prozent).
„Viele Unternehmen haben ihre unmittelbaren Lieferanten bereits gut im Blick, jedoch steigt die Unsicherheit bei den weiter entfernten Gliedern der Lieferkette deutlich. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar, verdeutlicht aber auch den steigenden Handlungsbedarf“, erklärt Studienleiterin Prof. Dr. Stefanie Fehr von der Hochschule Ansbach. „Eine gezielte und effiziente Ressourcennutzung ist entscheidend, um die Anforderungen sowohl des LkSG als auch der CSDDD erfolgreich zu bewältigen und unvorhergesehene Risiken frühzeitig zu adressieren.“
Fehlende Ressourcen auch bei CSDDD-Umsetzung
Im Zusammenhang mit der CSDDD, die über die Vorgaben des LkSG hinausgeht und die rechtlichen Rahmenbedingungen verschärft, äußern Unternehmen Bedenken hinsichtlich unzureichender Ressourcen. Die EU-Richtlinie muss bis 2026 in nationales Recht überführt werden. Zum Zeitpunkt der Befragung hatten 57 Prozent der deutschen Unternehmen bereits mit der CSDDD vertraut gemacht, obwohl die Richtlinie zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht war. 84 Prozent schätzen die Umsetzung auf einer Skala von 1 (problemlos) bis 5 (schwierig) mit 3 oder höher ein, was auf erhebliche Unsicherheiten hinweist.
Als größte Hürden nennen Unternehmen auch hier fehlende Ressourcen wie Personal, finanzielle Mittel oder IT-Systeme sowie die hohen Anforderungen an die Dokumentation und intransparente Lieferketten. Dennoch sind 72 Prozent nicht bereit, zusätzliche Mittel für die Umsetzung der CSDDD zur Verfügung zu stellen. Nur 17 Prozent beabsichtigen, zusätzliches Personal einzustellen, und lediglich 10 Prozent planen den Einsatz neuer digitaler Werkzeuge.
Wirtschaftliche Chancen durch das LkSG
Obwohl Unternehmen mit Herausforderungen konfrontiert sind, erkennen sie auch die Chancen, die sich aus den Lieferkettengesetzen ergeben. 52 Prozent sind der Überzeugung, dass die Implementierung der Anforderungen des LkSG die Gelegenheit bietet, Werte und Verantwortungsbewusstsein in ihrer Wertschöpfungskette zu fördern. 30 Prozent sind der Meinung, dass das Gesetz ihnen dabei hilft, Aufträge zu gewinnen, während 28 Prozent Vorteile hinsichtlich ihrer Reputation wahrnehmen.
„Unternehmen sehen die Komplexität globaler Lieferketten vor allem als Hürde, aber sie birgt auch enormes Potenzial für den Aufbau nachhaltiger Strukturen“, sagt Achim Weick, Gründer und CEO der EQS Group. „Mit dem LkSG und in Vorbereitung auf die CSDDD bietet sich die wertvolle Gelegenheit, nicht nur den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, sondern auch das Vertrauen von Geschäftspartnern und Kunden zu festigen. Wer jetzt in Transparenz und Verantwortung investiert, schafft sich langfristig einen Wettbewerbsvorteil. Dafür müssen Unternehmen aber weitere Investitionen tätige, zum Beispiel in digitale Lösungen, mit welchen sie personelle Engpässe ausgleichen können.“
Für 54 Prozent der Unternehmen, die dem LkSG unterliegen, stellen menschen- und umweltrechtliche Gesichtspunkte entscheidende Kriterien bei der Auswahl ihrer Lieferanten dar. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, haben sie neben den im LkSG festgelegten Sorgfaltspflichten unterschiedliche Maßnahmen implementiert, die darauf abzielen, die Menschenrechte sowie den Umweltschutz in der Lieferkette zu fördern. Besonders hervorzuheben sind dabei der Supplier Code of Conduct (41 Prozent), die Durchführung von Lieferantenbefragungen (26 Prozent) und die Durchführung von Audits (21 Prozent).