Aktionäre bewerten weibliche Vorstände besser als männliche
Unternehmen mit Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat werden an der Börse höher bewertet. Die Anleger beurteilen die Leistungen der wenigen Frauen, die sich auf der Karriereleiter ohne Quote durchsetzen konnten, besser als die Arbeit der vielen männlichen Kollegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Ökonomen der Technischen Universität München (TUM) und der University of Hong Kong mit einer ungewöhnlichen Methode: Die Forscher untersuchten in rund 50 Ländern Aktienkurse von Unternehmen, aus denen Führungskräfte durch Tod oder Krankheit ausgeschieden waren.
29.03.2016
Sind Unternehmen erfolgreicher, wenn sie viele weibliche Vorstände haben? Oder holen erfolgreiche Firmen häufiger Frauen auf den Chefsessel? Der Einfluss des Frauenanteils auf den Unternehmenserfolg ist bislang wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt worden, weil viele Studien Ursache und Wirkung nicht zweifelsfrei bestimmen konnten.
Daniel Urban von der TU München und Thomas Schmid von der University of Hong Kong haben deshalb für ihre Analyse eine auf den ersten Blick überraschende Methode gewählt: Sie untersuchten, wie sich die Aktienkurse von Unternehmen entwickelten, nachdem Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats aufgrund von Tod oder Krankheit ausgeschieden waren. Dabei betrachteten sie rund 3.000 Fälle in 51 Ländern, in denen es im Untersuchungszeitraum von 1998 bis 2010 keine Frauenquote gab. „Unser Verfahren wirkt vielleicht ein wenig makaber, aber so konnten wir andere Einflussfaktoren minimieren“, sagt Daniel Urban.
Wenn Frauen durch Männer ersetzt werden, ist der Kursverlust am stärksten
Die Studie zeigt, dass nach einem plötzlichen Ausscheiden von Managerinnen der Aktienkurs durchschnittlich um zwei Prozent sank. Noch einen Prozentpunkt stärker war der Effekt, wenn eine Frau durch einen Mann ersetzt wurde. Schied dagegen ein Mann aus, hielten die Aktien ihren Wert. „Frauen, die nicht durch Quoten in die Führungsgremien gelangt sind, tragen also mehr zum Wert der Unternehmen bei als Männer“, sagt Urban.
Der zweite Teil der Analyse zeigt, dass die Aktionäre nicht Frauen per se mehr zutrauen. Vielmehr beurteilen sie offenbar die konkreten Leistungen der Führungskräfte. Die Forscher fanden dies heraus, indem sie den jeweiligen Frauenanteil der Vorstände und Aufsichtsräte in den untersuchten Ländern einbezogen. Dieser betrug beispielsweise nur drei Prozent in Japan, acht Prozent in den USA, aber 20 Prozent auf den Philippinen. In Ländern, in denen es Frauen besonders schwer hatten, auf eine Führungsposition zu gelangen, waren die Kursverluste bei ihrem Ausscheiden größer. „Hier wirkt der harte Auswahlprozess: Die Frauen müssen deutlich bessere Leistungen zeigen als ihre männlichen Kollegen. Entsprechend groß ist die Wirkung, wenn sie ausfallen“, erklärt Urban.
Frauenquote verhindert, dass die besten Führungskräfte ausgewählt werden
Die Ökonomen ziehen zwei Schlüsse: „Unternehmen sollten die Auswahl ihrer Führungskräfte verbessern“, empfiehlt Urban. „Vor allem sollten sie dieselben Maßstäbe für beide Geschlechter anlegen. Denn mit der Gleichstellung von Managerinnen können sie ihren Firmenwert steigern.“
Gleichzeitig sprächen die Erkenntnisse gegen eine Frauenquote. Frühere Studien hatten bereits belegt, dass sich nach der Einführung einer Frauenquote für Aufsichtsräte in Norwegen der Erfolg der betreffenden Unternehmen verringerte. „Unsere Untersuchung zeigt: Dies bedeutet keinesfalls, dass Frauen grundsätzlich schlechtere Aufsichtsrätinnen sind“, sagt Urban. „Vielmehr hat die Quote dazu geführt, dass nicht immer die besten Führungskräfte ausgewählt wurden.“