Agilität in Unternehmen: Trend oder Hype?
Agilität im Unternehmenskontext spaltet die Führungsebenen: Für die einen ist es essenziell für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit, während andere die Methoden als einen unnötigen Hype bezeichnen. Aktuelle Studien zeigen jedoch: Agilität ist kein kurzfristiger Trend, sondern die Arbeitsweise und -kultur der Zukunft.
17.02.2020
Die agile Transformation steht in den Startlöchern und bereitet sich auf ihren großen Durchbruch vor. Zumindest bestätigen das die Zahlen aus einer Studie des Marktforschungsinstitutes Lünendonk: Jedes dritte Vorhaben wird aktuell mit Hilfe von agilen Methoden umgesetzt.
„Agil ist doch das mit Scrum?“ lautete die Frage eines Workshop-Teilnehmers. Die Antwort lautet: Ja, Scrum ist eine agile Methode. Agilität umfasst weit mehr als diese eine methodische Ausprägung.
So beschreibt das Gabler Wirtschaftslexikon Agilität im Unternehmenskontext als Wendigkeit oder Beweglichkeit des einzelnen Mitarbeiters oder der gesamten Organisation. Sie beeinflusst unter anderem Prozesse und Strukturen, insbesondere braucht sie auch meist eine neuartige, offenere Kultur und Führung. Mit einer agilen Arbeitsweise werden Projekte und Abläufe beispielsweise iterativ angepasst, um mit entsprechenden Denkweisen und Methoden auf veränderte Markt- oder Kundenanforderungen proaktiv zu (re-)agieren.
Beispiele für agile Methoden in der Arbeitsweise
- Design Thinking zur kundenzentrierten Ideenfindung & -erprobung,
- Business Model Canvas als systematische Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von neuen oder bestehenden Lösungen
- Lean Startup, Kanban sowie Scrum in der schnelleren, iterativen, risikoärmeren Umsetzung
- OKR (Objectives & Key Results) als agile, Zielphilosophie und -systematik, die die Mitarbeiter involviert.
Nutzen von Agilität in Unternehmen
Richtig angewandt bringt Agilität in Organisationen viele Vorteile mit sich. Agile Methoden beschleunigen laut Ergebnissen von Lünendonk in erster Linie die Markteinführung und erhöhen die Kundenorientierung. Beispiele für erwartete und umgesetzte Benefits sind deutlich erhöhte Steigerungsraten bei diesen Themen: Teamwork, Kundenzufriedenheit, Innovationsgeschwindigkeit, Ergebnisqualität sowie vielen weiteren Aspekten.
Herausforderung der agilen Transformation
Agilität scheint für viele Probleme und Fragestellungen in Unternehmen ein Allheilmittel zu sein, das es die Risiken der Digitalisierung minimiert. Es hilft bei der Bewältigung von Herausforderungen der dynamischen und komplexen VUKA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambivalenz). Um die wahren Stärken zu entfalten, sind ein umfangreiches Wissen und vor allem eine ganzheitliche Identifikation mit dem Unternehmen essenziell. Und hier fehlt es oft an guten Vorbildern und der Unterstützung aus den Führungsebenen. Ohne Zielsetzung, Vision, Strategie und der richtigen Denkweise sind all diese Methoden Luftschlösser: 77 Prozent der Befragten der Change Management Studie von Capgemini (2019) nennen Kultur als Erfolgsfaktor für Agilität. Fast zwei Drittel sehen Führungskultur und die Menschen dahinter auf Rang eins und zwei als Treiber für die agile Transformation.
Knackpunkt Führungsebene
Gerade im Top-Management sind die Zahlen laut der Scalable Agility Studie von Lünendonk ernüchternd. Zwar geben 43 Prozent der Führungskräfte an, die Umstellung auf agile Methoden aktiv voranzutreiben, doch nur 22 Prozent leben agile Vorgehensweisen im Unternehmen selbst vor. Auch die Incentivierung der Führungskräfte zahlt lediglich zu 13 Prozent auf agile Kennzahlen ein. Bei der nötigen Kompetenz der Führungskräfte zeigt sich ein ähnliches Bild: Nur ein Viertel der befragten Unternehmen geben an, Führungskräfte positioniert zu haben, die Projekte in einem digitalen Kontext und agilen Modus erfolgreich planen und umsetzen können.
Die Unternehmensberatung Hays bestätigt die unzureichende Methodenkenntnis. 78 Prozent der befragten Verantwortlichen geben mangelnde Kenntnisse als größtes Hindernis bei der Umsetzung agiler Methoden an. Knapp zwei Drittel nennen ebenfalls eine zu konservative Unternehmenskultur und etwa 40 Prozent bemängeln die Akzeptanz auf mindestens einer Hierarchieebene als hinderlichen Aspekt.
Die Lösung lautet: Externe Expertise und Begleitung nutzen. Gerade wenn eine erhöhte Agilität gewünscht ist, es intern jedoch an Wissen oder Ressourcen mangelt, wählen laut Lünendonk 76 Prozent eine externe Partnerschaft zur Unterstützung bei der agilen Transformation. Knapp die Hälfte nutzt außerdem skaliert-agile Frameworks wie SAFe, Less oder Nexus und Co-Located Teams, um mit den Herausforderungen der agilen Transformation umzugehen.
Aufgrund von fehlendem Detailwissen sowie teilweise (un-)absichtlicher „Sabotage“ werden die Vorteile von Agilität nicht deutlich. Das schafft mehr Frust als Lust. Wenn Ergebnisse ausbleiben, wird dies oft auf die agilen Arbeitsweisen projiziert. Anstatt die Hintergründe sowie die Umsetzung in Frage zu stellen. Hier sollte angesetzt und vor allem optimiert werden.