Gender-Pay-Gap: Frauen erhalten weniger Lohn für vergleichbare Aufgaben
Berufe mit einem hohen Anteil an Interaktionen wie beispielsweise Managementaufgaben werden tendenziell besser bezahlt als andere Tätigkeiten. Allerdings werden Frauen für solche interaktiven Aufgaben schlechter bezahlt als Männer, zeigt eine neue RWI-Studie.
12.12.2023
Eine wahrgenommene höhere Sozialkompetenz der Frauen gegenüber den Männern bei interaktiven Aufgaben zahlt sich demnach für sie finanziell nicht aus. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Unterschiede in den Hierarchieebenen die Lohnlücke innerhalb interaktionsintensiver Berufe, wie im Management oder der Beratung, maßgeblich beeinflussen.
Wahrgenommene Vorteile von Frauen gegenüber Männern bei interaktiven Aufgaben hinsichtlich ihrer Sozialkompetenz verringern kaum das geschlechtsspezifische Lohngefälle. Zwar werden interaktionsintensive Berufe tendenziell besser als Berufe mit interaktionsarmen Aufgabenprofilen vergütet und der Beschäftigungsanteil von Frauen in interaktionsintensiven Berufen steigt zunehmend. Frauen erhalten aber für vergleichbare Aufgaben ein geringeres Einkommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.
Detaillierte Zerlegungen entlang der Lohnverteilung zeigen, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der Aufgabenspezialisierung nur eine geringe Erklärungskraft für das Lohngefälle haben. Dagegen zeigt die Analyse der Berufshierarchien, dass vergleichbare Aufgaben in höheren Positionen zu höheren Einkommen führen. Das bedeutet: Männer bekommen tendenziell ein höheres Einkommen, auch weil sie überdurchschnittlich oft in hochrangigen Berufen arbeiten – und nicht aufgrund ihrer Aufgabenspezialisierung. Die Hierarchieebene erklärt etwa 30 Prozent der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in interaktiven, gut bezahlten Jobs. Bei einer durchschnittlichen Lohnlücke von etwa 3,30 Euro pro Stunde für den Untersuchungszeitraum entfällt somit knapp ein Euro auf hierarchische Unterschiede.
Die Studienergebnisse legen nahe, dass undurchlässige Hierarchieebenen und nicht-finanzielle Arbeitsplatzpräferenzen – zum Beispiel flexible Arbeitszeiten, Homeofficeangebote sowie Pendelzeit – wesentliche Faktoren für geschlechtsspezifische Lohngefälle sein können.
Für die Studie wurden Erwerbstätigenbefragungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ausgewertet. Die Querschnittsdaten umfassen rund 20.000 Personen in jeder der fünf Wellen aus den Jahren 1992, 1999, 2006, 2012 und 2018.
„Obwohl Frauen zunehmend in gut bezahlten, mit viel Interaktion verbundenen Berufen arbeiten, werden sie für diese Beschäftigung durchschnittlich schlechter bezahlt als Männer“, sagt RWI-Wissenschaftler Eduard Storm. „Das liegt insbesondere daran, dass Männer tendenziell in höheren Positionen arbeiten. Frauen nehmen hingegen eher Lohneinbußen in Kauf, um beispielsweise flexiblere Arbeitsbedingungen zu haben.“