Deutsche Automobilkonzerne vs. soziale und gesellschaftliche Verantwortung?
»Integrität ist einer unserer vier Unternehmenswerte und bildet das Fundament für unsere Geschäftstätigkeit. Wir halten uns nicht nur an Recht und Gesetz, sondern richten unser Handeln auch an ethischen Grundsätzen und einem gemeinsamen Wertverständnis aus.« So steht es auf der Website von Daimler. Das hört sich wie bei vielen Konzernen fantastisch an, doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Ein Kommentar von Jürgen Schöntauf.
31.07.2017
Vergangenen Freitag enthüllte der SPIEGEL in seiner aktuellen Titelgeschichte, dass sich die Automobilkonzerne VW, Audi, Porsche, BWM und Daimler seit den Neunzigerjahren insgeheim über Technik, Kosten, Zulieferer und die Abgasreinigung der Dieselfahrzeuge abgesprochen haben. Ein klarer Verstoß gegen das europäische Kartellrecht, der milliardenschwere Strafzahlungen nach sich ziehen wird.
Doch was sind die genauen Folgen dieses Skandals?
Zunächst einmal brachen seit Freitag die Aktienkurse von VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler ein, da Investoren hohe Strafzahlungen fürchten. Viele Autokäufer werden womöglich Schadensersatz einklagen, da diese auf Grund der Absprachen zwischen den Konzernen zu hohe Preise bezahlt haben könnten. Lieferanten der Hersteller könnten einen Wettbewerbsnachteil erlitten haben, wenn sich die Autohersteller darauf verständigt hatten, nur bei einem bestimmten Unternehmen einzukaufen. Auf Grund der drohenden Kartellstrafe und Schadensersatzklagen werden die Konzerne nun mit Sicherheit erst einmal hohe Rücklagen bilden und somit in diesem und wohl auch im nächsten Jahr keinen Gewinn verzeichnen. Ob das dazu führen wird, dass Arbeitsplätze gestrichen und unzählige Mitarbeiter entlassen werden, ist jetzt noch unklar.
Allerdings wird es zu einem massiven Einbrechen der Gewerbesteuer an den Standorten kommen, an denen sich die Produktionsstätten befinden. Denn ohne Gewinn keine Steuer. Und damit zählen zu den Leidtragenden dieser Absprachen dann nicht nur die Mitarbeiter, Zulieferer oder Aktionäre, sondern auch die Einwohner an den zahlreichen Standorten der großen Automobilbauer. So bereits geschehen 2015 und 2016 nach der Abgasaffäre an allen VW-Standorten. Alleine Wolfsburg verzeichnete 2015 einen Einbruch von rund 80 Prozent bei den Netto-Gewerbesteuereinzahlungen. Statt 253 Millionen Euro wie 2014 blieben nur etwa 52 Millionen Euro übrig. Die Folgen für viele Städte und Gemeinden und damit für deren Einwohner werden absehbar sein: Kürzungen öffentlicher Gelder, Reduzierung von Bauvorhaben, Schließungen öffentlicher Einrichtungen und steigende Kosten für viele bisher subventionierte Leistungen wie beispielsweise Kindergarten- oder Parkgebühren – gesellschaftliche Verantwortung sieht anders aus
Verantwortungsbewusstes Unternehmertum – Gibt es das überhaupt noch?
Ja, das gibt es noch. Wenn auch nicht bei den Konzernen, sondern eher bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Zu finden sind diese in Jürgen Schöntaufs Buch „Sinnstifter. Wie Unternehmen davon profitieren, soziale Verantwortung zu übernehmen.“. Ein Beispiel ist die allsafe Jungfalk GmbH & Co. KG, ein Hersteller von Ladegutsicherung für LKW und Flugzeuge aus Engen. Der Geschäftsführer Detlef Lohmann handelt konsequent nach seinen Wertvorstellungen, was das folgende Beispiel verdeutlicht: Zu Beginn der 1980er Jahre arbeitete das Unternehmen für einen Automobilzulieferer, dessen Zusammenarbeit mit Opel durch ein integres Verhalten geprägt war. Nachdem dann Mitte der 90er Jahre einer der größten Korruptionsskandale der damaligen Zeit aufgedeckt wurde (Lieferanten hatten Opel-Manager mit Geld und Sachleistungen bestochen, um dafür Aufträge zu erhalten) vermied Detlef Lohmann bewusst eine weitere Zusammenarbeit mit Opel. Bei allsafe Jungfalk stehen die Werte „Verantwortung“ und „Fairness“ eben nicht bloß auf der Website oder in der Imagebroschüre, sondern werden dort tatsächlich gelebt. In einem Interview sagte Detlef Lohmann: »In unserer Unternehmensphilosophie haben wir festgeschrieben, dass das Unternehmen der Gesellschaft dient. Damit sind auf der einen Seite die Menschen im Unternehmen gemeint, die sichere Arbeitsplätze haben. Aber wir sind auch stolz, ein guter Steuerzahler zu sein, um so die Allgemeinheit an unserem Erfolg teilhaben zu lassen.«