Frauen schaffen es im Mittelstand eher in die Geschäftsführung
Der Mittelstand in Deutschland setzt stärker auf weibliche Führungskräfte als börsennotierte Unternehmen: Der Frauenanteil im Vorstand beziehungsweise in der Geschäftsführung steigt im Mittelstand auf 16 Prozent – und liegt damit fast doppelt so hoch wie bei börsennotierten Konzernen.
31.03.2020
Der Frauenanteil in Führungsetagen beträgt im Mittelstand im Durchschnitt 16 Prozent. Damit hat sich der Anteil leicht erhöht: Vor zwei Jahren lag er noch bei 14 Prozent. Im Durchschnitt der Börsen-Indizes DAX, MDAX und SDAX sind dagegen gerade einmal neun Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt.
Damit bietet sich für Frauen im Mittelstand ein schnellerer Weg ins Top-Management als bei Großunternehmen – dennoch haben in zahlreichen mittelständischen Unternehmen nach wie vor ausschließlich Männer das Sagen: In 52 Prozent der mittelständischen Unternehmen ist keine Frau in der Geschäftsführung beziehungsweise im Vorstand. Immerhin ist der Mittelstand auch hier etwas weiter als die Großkonzerne, von denen 66 Prozent noch auf rein männliche Vorstandsgremien setzen.
Innerhalb des Mittelstandes ergeben sich vor allem Unterschiede je nach Unternehmensgröße und Standort: So liegt bei kleineren Mittelständern mit einem Umsatz von weniger als 30 Millionen Euro der Frauenanteil bei 18 Prozent. Bei den großen Mittelständlern mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro liegt der Anteil nur bei 14 Prozent.
Und in den ostdeutschen Bundesländern sind durchschnittlich 19 Prozent der Geschäftsleitungsposten mit Frauen besetzt, während es in den westdeutschen Bundesländern nur 15 Prozent sind.
Das sind Ergebnisse des Mittelstandsbarometers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Für die Studie wurden im Dezember deutschlandweit 1.500 mittelständische Unternehmen mit mindestens 20 Millionen Euro und höchstens einer Milliarde Euro Umsatz befragt.
„Die Karrierechancen für Frauen im deutschen Mittelstand sind weiter gestiegen“, kommentiert EY-Partnerin Elfriede Eckl. „Gerade im Vergleich zu den börsennotierten Unternehmen setzen die Mittelständler stärker auf weibliche Führungskräfte und erweisen sich damit als Vorreiter wenn es darum geht, Frauen in der Wirtschaft nach vorne zu bringen. Das hat allerdings auch viel damit zu tun, dass sie sich im Werben um Fachkräfte generell mehr einfallen lassen müssen als die oftmals größeren und damit bekannteren börsennotierten Unternehmen. Viele mittelständische Unternehmen sind zudem familiengeführt. Weibliche Familienmitglieder werden dort oft schon früh auf Führungspositionen im Unternehmen vorbereitet.“
Finanz- und andere Dienstleister mit höchstem Frauenanteil
Allerdings variiert der Frauenanteil auch je nach Branche stark. Bei Finanz- und anderen Dienstleistern werden mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Führungsposten von Frauen besetzt, in der Ernährungsbranche (22 Prozent) und im Bau (20 Prozent) sind es immerhin noch mindestens ein Fünftel der Posten. Insbesondere im Maschinenbau und in der Elektrotechnik ist der Anteil dagegen mit acht beziehungsweise zehn Prozent unterdurchschnittlich.
Etwa die Hälfte (49 Prozent) der Unternehmen in der Elektrotechnik klagt auch darüber, dass es schwierig sei, genügend qualifizierte Frauen für ihr Unternehmen zu gewinnen. Etwas mehr sind es sogar noch im Kraftfahrzeugbau (51 Prozent).
„Teilweise sind die Probleme hausgemacht. In vielen Unternehmen unterstützen Männer sich gegenseitig und bilden informelle Karrierenetzwerke, Frauen werden hingegen nicht ausreichend gefördert“, so Eckl. „Allerdings gelingt es gerade in den vermeintlich typischen Männerberufen nicht zufriedenstellend, Mädchen für deren Themen wie Mathematik, Physik oder Chemie zu begeistern. Das beginnt schon bei der Erziehung im Elternhaus und setzt sich in den Schulen und im Studium fort.“
16 Prozent bieten flexible Arbeitszeitmodelle an
Nur noch 19 Prozent der Mittelständler bieten aktive Frauenförderung an, vor einem Jahr waren es noch 22 Prozent. Die Förderung fällt von Unternehmen zu Unternehmen außerdem sehr unterschiedlich aus. 16 Prozent der Mittelständler verstehen unter aktiver Frauenförderung, Modelle zur flexiblen Arbeitszeit anzubieten. Jeweils zwölf Prozent bieten Homeoffice an oder wollen Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern in gleicher Position verringern.
Für Elfriede Eckl sind dies wichtige Maßnahmen, die aber noch ausgebaut werden sollten: „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dass Frauen sich nicht zwischen Kind und Karriere entscheiden müssen. Auch die Unternehmen sind hier in der Verantwortung und gerade im Mittelstand haben viele darauf schon reagiert. Allerdings profitieren Männer genauso von flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice. Eine echte Frauenförderung muss sich auch messbare Ziele setzen – etwa die Abschaffung des Gender Pay Gap oder die Erhöhung der Zahl von weiblichen Führungskräften.“