Unternehmenskultur

Skepsis an freiwilligen CO2-Märkten: Greenwashing im Fokus

Der Finanzwissenschaftler Sehoon Kim kritisiert die Praxis des Carbon Offsetting als Greenwashing. Seine Untersuchungen zeigen, dass viele Unternehmen billige und minderwertige Kompensationen nutzen, um ihr umweltfreundliches Image zu stärken. Freiwillige CO2-Märkte könnten daher die globalen Emissionsziele nicht wirksam unterstützen.

28.11.2024

Skepsis an freiwilligen CO2-Märkten: Greenwashing im Fokus

„Sogenanntes ‚Carbon Offsetting‘ als der Kauf von Ausgleichen für CO2-Emissionen sind zum großen Geschäft geworden, da immer mehr Unternehmen Versprechen zum Klimaschutz abgeben, die Ziele alleine jedoch nicht erreichen können.“ Zu diesem Schluss kommt Sehoon Kim von der University of Florida. Kauft ein Unternehmen CO2-Ausgleichsmaßnahmen, finanziert es ein Projekt zur Senkung der Treibhausgasemissionen an einem anderen Ort.

Zweifel an der Wirksamkeit

In einem Beitrag für „The Conversation“ kritisiert der Finanzwissenschaftler diese Praxis des „Greenwashing“. „Meine Kollegen und ich haben kürzlich die erste systematische, evidenzbasierte Untersuchung der globalen Landschaft freiwilliger CO2-Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt, die von Hunderten großer, börsennotierter Unternehmen auf der ganzen Welt genutzt werden“, so Kim.

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Die Resultate werfen für den Wissenschaftler Fragen auf, inwiefern bestimmte Unternehmen diese Kompensationsmaßnahmen einsetzen, und sie schüren Bedenken darüber, wie effektiv freiwillige CO2-Märkte zumindest in ihrem aktuellen Zustand bei der Förderung eines weltweiten Wandels zu Netto-Null-Emissionen sind, bemängelt der Fachmann.

Ein Multi-Milliarden-Markt

Laut Kim setzen Unternehmen solche Projekte ein, um sich als umweltbewusst zu präsentieren und dadurch Investoren, Kunden sowie die Unterstützung von verschiedenen Gruppen zu gewinnen. Diese Vorgehensweise hat sich stark ausgeweitet: von null im Jahr 2005 auf rund 30 Millionen Tonnen CO2-Ausgleich pro Jahr im Jahr 2022. Die Investmentbank Morgan Stanley schätzte für 2023, dass der Markt für freiwillige Kompensation bis 2030 auf etwa 100 Milliarden und bis 2050 auf 250 Milliarden Dollar anwachsen wird.

In einer Untersuchung von 866 börsennotierten Firmen, die zwischen 2005 und 2021 Kompensationen in Anspruch nahmen, stellte Kim fest, dass insbesondere jene Unternehmen mit einem hohen Anteil an großen institutionellen Investoren und dem Ziel, Netto-Null-Emissionen zu erreichen, auf den freiwilligen Kohlenstoffmärkten besonders aktiv waren.

Branchen mit vergleichsweise niedrigen Emissionen, wie etwa Dienstleistungen und Finanzsektor, greifen überdurchschnittlich häufig auf Kompensationen zurück. Im Gegensatz dazu zeigen emissionsintensive Sektoren wie die Öl- und Gasindustrie, Versorgungsunternehmen sowie der Transportbereich eine zurückhaltende Haltung beim Erwerb von Kompensationen.

Etliche fragwürdige Motive

„Diese Fakten werfen Zweifel daran auf, wie wirksam freiwillige Kohlenstoffmärkte bei der Reduzierung der globalen Treibhausgasemissionen wirklich sind. Sie werfen auch Fragen zu den Motiven von Unternehmen für die Nutzung von Kompensationen auf“, schreibt Kim.

Für Firmen mit niedrigeren CO2-Emissionen ist es wirtschaftlicher, Ausgleichszertifikate zu erwerben, anstatt kostspielige Investitionen zur Senkung eigener Emissionen vorzunehmen. Im Gegensatz dazu tendieren emissionsintensive Unternehmen dazu, ihre Emissionen direkt vor Ort zu verringern, da die Kompensation großer Emissionsvolumina kostspieliger wäre. Kim hegt den Verdacht, dass in vielen Fällen Greenwashing eine bedeutende Rolle spielt. Hierbei verwenden Unternehmen Kompensationen, um ihr Ansehen gegenüber uninformierten Interessengruppen, die nicht ausreichend über die Qualität von Kompensationen Bescheid wissen, günstig zu verbessern.

Nur wenige qualitative Projekte

„Wir haben festgestellt, dass nur relativ wenige der 1.413 Kompensationsprojekte, die von den Unternehmen in unserer Stichprobe genutzt wurden, von einer externen CO2-Ratingagentur als qualitativ hochwertig eingestuft wurden. Die meisten Kompensationsgutschriften waren auffallend günstig“, urteilt Kim.

Die Informationen legen nahe, dass die freiwilligen Kohlenstoffmärkte momentan von kostengünstigen, minderwertigen Kompensationen überflutet werden. Dies könnte vermutlich auf das Fehlen von Regulierungen für freiwillige Kohlenstoffmärkte zurückzuführen sein, die darauf abzielen, die Transparenz und Echtheit der Kompensationsprojekte sicherzustellen. „Dieser Mangel an Richtlinien kann auch die Verwendung minderwertiger Kompensationen fördern“, warnt Kim.

Quelle: UD/pte
 

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