Ohne wirtschaftliche Anreize geht es nicht: Erfolgsfaktoren für die Wiedervernässung von Mooren
Eine neue Studie des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) analysiert den aktuellen Stand und zukünftige Möglichkeiten der Wiedervernässung von Mooren in Europa. Die Ergebnisse bestätigen den Trend, entwässerte Ackerflächen zunehmend in Grünland oder Feuchtgebiete umzuwandeln, mit positiven Effekten für das Klima. Die Wirtschaftlichkeit dieser Landnutzungsformen bleibt jedoch eine Herausforderung und sollte weiter gefördert werden.
15.11.2024
Moore spielen eine entscheidende Rolle im Klimaschutz, da sie große Mengen Kohlenstoff speichern. Obwohl sie nur 3 Prozent der Landfläche weltweit ausmachen, binden sie fast doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde zusammen. Gerade in Europa werden Moore jedoch entwässert und landwirtschaftlich genutzt. Sie setzen dabei den gespeicherten Kohlenstoff in Form von CO2 frei und tragen so erheblich zur Erderwärmung bei. Durch die Wiedervernässung der Flächen kann dieser Prozess gestoppt werden.
Für die Studie führten die Forschenden eine Online-Befragung von 60 Expert:innen aus acht europäischen Ländern durch und fragten nach aktuellen und potenziellen Nutzungsmöglichkeiten von wiedervernässten Moorböden sowie nach aktuellen Trends. Anschließend wurden in Deutschland, den Niederlanden und Finnland Workshops mit Vertreter:innen aus Praxis und Forschung durchgeführt. Dabei wurde nach Wegen gesucht, wie die klimaneutrale Nutzung auf entwässerten Moorböden in Zukunft ausgeweitet werden kann. Daraus leiteten die Forscher:innen und Forscher politische Handlungsoptionen auf EU-Ebene ab.
Aktuelle Nutzung von Moorböden sowie Potentiale und Trends
In einigen Ländern ändert sich die Landnutzung auf entwässerten Mooren bereits: weg vom Ackerbau, hin zu Feuchtgebiets- oder Grünlandnutzung. Dies liegt vor allem daran, dass sich zunehmend wirtschaftliche Optionen für die Nutzung dieser wiedervernässten Flächen ergeben. Die Flächen können als Weideland, beispielsweise für Wasserbüffel, oder zur Heugewinnung genutzt werden. Auch der Anbau von Pflanzen, die unter diesen feuchten Bedingungen gut gedeihen, wie etwa im Rahmen des Anbaus von Paludikulturen, ist möglich. Zum Beispiel können nachhaltig nutzbare Rohstoffe wie Schilf oder Torfmoose gewonnen werden, die als Bau- oder Dämmstoffe sowie zur Energiegewinnung dienen. Darüber hinaus fördern die Flächen biologische Vielfalt, bieten Erholungsräume für die Bevölkerung und regulieren den Wasserhaushalt einer Region.
Bislang sind diese Nutzungsmöglichkeiten jedoch wirtschaftlich wenig attraktiv. Das erschwert die Umwandlung der Flächen – insbesondere dort, wo bestehende Praktiken hohe Gewinne abwerfen.
Politische Empfehlungen und die Rolle der EU
Die Workshop-Teilnehmenden sind sich einig, dass die CO2-Emissionen in Mooren drastisch reduziert werden müssen. Dazu bedarf es jedoch einer breiten öffentlichen Unterstützung und wirtschaftlichen Anreizen. Die EU-Politik spielt hier eine entscheidende Rolle. EU-weit sollten Maßnahmen entwickelt werden, die den Übergang fördern und die Nutzungsform langfristig unterstützen. Dabei müssen auch die Interessen aller Beteiligten miteinander in Einklang gebracht werden.
„Es ist wichtig, wirtschaftliche Anreize für die nachhaltige Umwandlung entwässerter Moore zu schaffen. Ohne die Unterstützung der Landwirtschaft und der Öffentlichkeit wird eine solche Umwandlung nur schwer zu erreichen sein“, sagt Dr. Cheng Chen, einer der leitenden Forscher der Studie. „Produkte aus Paludikultur etwa machen bisher nur einen sehr kleinen Anteil am Markt aus. Die Wertschöpfungsketten müssen deutlich ausgebaut werden. Dies erfordert Industriepartnerschaften für die Verarbeitung der Rohmaterialien und die Erweiterung des Verbraucherumfelds, um die Einführung und Nutzung des neuen Materials zu unterstützen,“ fügt er hinzu.
Ergebnisse und Ausblick
Die Studie des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) unterstreicht, dass eine erfolgreiche Transformation der Moorlandschaften differenzierte Ansätze erfordert, die sowohl die geoklimatischen Bedingungen als auch die Interessen der Landnutzenden berücksichtigen. Ein Mix aus ökonomischen Anreizen und angepassten Landnutzungsmodellen könnte den Übergang hin zu nachhaltigeren Praktiken unterstützen und gleichzeitig zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beitragen.