Planetare Grenzen: Fahrplan für eine nachhaltige Zukunft
Das Konzept der planetaren Grenzen ist ein entscheidendes Instrument zur Bewältigung der Klimakrise und zur Sicherung der Zukunft der Menschheit auf der Erde. Die Autor:innen beleuchten die Ursprünge des Konzepts und beschreiben seinen wachsenden Einfluss auf unterschiedliche Disziplinen sowie auf Gesellschaft und Politik. Der Artikel beschreibt, wie sich die Wissenschaft der planetaren Grenzen innerhalb von 15 Jahren zu einem entscheidenden Treiber der globalen Nachhaltigkeitsagenda entwickelt hat und angesichts wachsender Risiken für das Erdsystem weltweit an Bedeutung gewinnt.
18.11.2024
„Die Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Planeten genau zu erfassen und gegenzusteuern ist dringend notwendig, um das Gleichgewicht der Erde wiederherzustellen und innerhalb sicherer Grenzen zu bleiben“, sagt Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Leitautor des Artikels. Zusammen mit einem internationalen Team von 28 Forschenden schlug er 2009 das Konzept der planetaren Grenzen vor. „Dank der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den planetaren Grenzen wissen wir heute, dass es ohne Rückkehr in den sicheren Handlungsraum der Biosphäre – Biodiversität, Wasser, Land, Ozean, Nährstoffe, Aerosole - keine Lösung für die Klimakrise und keine Möglichkeit gibt, die 1,5 Grad Celsius-Grenze einzuhalten. Wir müssen alle Grenzen gemeinsam betrachten, um die Gesundheit der Erde zu schützen.“
„Unsere Beziehung zum Planeten besser zu verstehen, stärkt unsere Fähigkeit, nachhaltig zu handeln. Das Konzept der planetaren Grenzen zeigt uns einfach und klar verständlich, wie stark wir auf die Erde einwirken und wie viel wir ihr nehmen. Für die Entwicklung nachhaltiger Gesellschaften sind die planetaren Grenzen deshalb von wesentlicher Bedeutung“, sagt Katherine Richardson von der Universität Kopenhagen, Autorin des Artikels, die an allen drei wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Konzept der planetaren Grenzen mitgeschrieben hat.
Die Wissenschaftler verfolgen die Entwicklung der planetaren Grenzen und erläutern, wie die Hinweise auf Kipppunkte, das Anthropozän und das Holozän zur Formulierung dieses umfassenden Modells führten. Gegenwärtig stellt es eine fundierte wissenschaftliche Basis sowie Orientierung für eine weltweite Nachhaltigkeitsstrategie dar, die darauf abzielt, lebenswichtige Bedingungen auf unserem Planeten zu gewährleisten, wobei das Holozän als Maßstab dient. Das Konzept der planetaren Grenzen definiert neun globale biophysikalische Grenzwerte – darunter Klimawandel und die Integrität der Biosphäre – die entscheidend für die Steuerung des Erdsystems sind. Bei der dritten Überarbeitung der planetaren Grenzen im Jahr 2023 wurden erstmals alle Grenzwerte quantifiziert und festgestellt, dass bereits sechs von neun überschritten sind.
Ein Fahrplan für die Zukunft
In ihrem Beitrag erklären die Wissenschaftler:innen den bedeutenden Einfluss der planetaren Grenzen auf die Steuerung des Erdsystems und deren wesentliche Funktion, die Erdsystemwissenschaft mit der Nachhaltigkeitsforschung enger zu verknüpfen. Sie verdeutlichen, wie die planetaren Grenzen den Boden für neuartige Ansätze wie planetare Gesundheit und Donut-Ökonomie bereitet haben und ziehen die Schlussfolgerung, dass das Thema der planetaren Grenzen in der globalen Nachhaltigkeitsforschung an Bedeutung gewonnen hat. In Bereichen wie Wirtschaft, Finanzen, Politik und Zivilgesellschaft im Anthropozän wird dieses Konzept zunehmend als Leitfaden für nachhaltige Entwicklung verwendet. Beispiele für diese Anwendung finden sich in Länderanalysen wie der von Neuseeland, in Städten wie Amsterdam, in Unternehmensnetzwerken wie dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) oder im Rahmen internationaler Forschungsinitiativen wie der Earth Commission.
Die Verfasser:innen heben hervor, dass es notwendig ist, das Konzept der planetaren Grenzen kontinuierlich weiterzuentwickeln, um die globale Nachhaltigkeitsstrategie voranzutreiben. Für die Zukunft sei eine präzisere Erdsystembeobachtung erforderlich, ebenso wie häufigere wissenschaftliche Updates und kreative Lösungsansätze, um die Themen Gleichberechtigung und Gerechtigkeit im Rahmen der globalen Nachhaltigkeit zu adressieren. Angesichts zunehmender planetarer Risiken stellt dieses Konzept einen Leitfaden für eine sichere und tragfähige Zukunft auf unserem Planeten dar. Innerhalb der planetaren Grenzen könne die Gesellschaft über Generationen hinweg Resilienz und Gerechtigkeit fördern sowie ein nachhaltiges Erbe gewährleisten, so die Wissenschaftler:innen.