Ungenutztes Potential von Industriedächern
Energie wird für die Mehrheit der deutschen Industriebetriebe immer teurer. Dabei könnten viele Firmen bereits jetzt von modernen Formen der Stromversorgung profitieren: Die im Gewerbebau dominierenden Flachdächer bieten Platz für Photovoltaikanlagen, mit denen sich der benötigte Strom zumindest teilweise in Eigenproduktion erzeugen ließe. Allerdings reagieren Abdichtung und Dämmung solcher Flächen sehr empfindlich auf außergewöhnliche Nutzungsanforderungen, bei allen Arbeiten und Aufbauten auf Flachdächern ist also größte Vorsicht geboten.
12.03.2014
Der Hersteller von Industriezentrifugen, die Flottweg SE, übertrug daher die schlüsselfertige Erstellung einer Solar-Anlage auf einer ihrer Hallen an den Flachdach-PV-Spezialisten Sunova AG. "Wir konnten uns nie dafür erwärmen, eine PV-Anlage nur zum Zweck der Stromeinspeisung anzuschaffen. Das ist nicht unser Kerngeschäft", erklärt Diplom-Ingenieur (FH) Manfred Schlarb, Technik-Vorstand des Unternehmens. "Da aber inzwischen nicht zuletzt wegen der steigenden Umlagen der Eigenverbrauch interessant geworden ist, haben wir uns jetzt doch für eine Solaranlage entschieden." Die Stromerzeugung auf dem eigenen Dach soll die Energiekosten der Firma senken und die Versorgungssicherheit erhöhen.
Bedingung war allerdings, dass die Dachhaut des Neubaus für die Installation nicht durchbrochen werden musste. Üblicherweise werden die Untergestelle für Solarmodule durch die Dachabdichtung in der Gebäudedecke verankert, um zu verhindern, dass sich die Anlagen mit der Zeit durch Temperaturwechsel oder Winddruck verschieben. Solaranlagen ohne eine solche Verankerung bergen entsprechend das Risiko einer Verlagerung auf dem Dach, wodurch nicht nur die Funktionstüchtigkeit der Anlage beeinträchtigt, sondern insbesondere auch die Dichtigkeit der Dachabdichtungsbahnen gefährdet würde. Allerdings erzeugen in der Decke verankerte Solar-Unterkonstruktionen selbst auch Schwachpunkte in der Abdichtung. "Flachdächer sind in unseren Bereiten durch die extremen Temperaturunterschiede und das feuchte Klima sehr anfällig, besonders im Bereich von Durchdringungen", so Schlarb. "Und eventuelle Reparaturen sind mit einer montierten PV-Anlage wesentlich aufwändiger."
Schon ein daumennagelgroßes Leck kann zu extremen Folgeschäden führen: Eindringendes Wasser würde die Dämmung durchnässen, bis sie ihre isolierende Wirkung verliert und ausgetauscht werden müsste. Der Funktionsverlust der Dämmung bedeutet sofort eine Heizkostensteigerung, des Weiteren aber auch eine Störung der Bauphysik und die Produktion von Tauwasser. Gelangt nach Übersättigung der Dämmlage eingedrungenes Wasser oder Tauwasser in die Halle, sind verheerende Schäden an der Bausubstanz, an den Maschinen und an der produzierten Ware zu erwarten. Für Flottweg kam deshalb nur eine Lösung ohne Dachhautdurchdringung in Frage.
Die PV-Experten lieferten aber nicht nur die Komponenten für die Anlagen, sondern übernahmen auch die gesamte Planung und Montage bis zur schlüsselfertigen Übergabe. Ein Aspekt dabei war die Statik des Hallenkomplexes mit seiner Dachlast-Reserve von nur 10 kg/m². "Da unsere Tragkonstruktion aus Aluminium-Profilen ohnehin sehr leicht ist und zudem noch aerodynamisch darauf ausgelegt wurde, Winddruck zu minimieren, reichte diese geringe Reserve aus", erklärt Werner Innerhofer, Geschäftsführer von Sunova und selbst lang im Flachdachbau tätig. Des Weiteren stand während der Installation neben der Unversehrtheit der Dachhaut auch der Schutz der Dämmung im Fokus. Denn selbst wenn die Abdichtbahn intakt bleibt, kann jede ungeplante Belastung, etwa Überlastung durch Materialtransport oder sonstige Montageabläufe, das weiche Isoliermaterial stauchen und damit seine Wirkung einschränken. Um dies zu verhindern, wurden alle Lauf- und Transportwege sowie alle Zwischenlagerungsflächen für das Material genau geplant und nach Sicherheitskriterien bewertet, bevor sie auf dem Dach vom Fachpersonal unter strengen Schutzmaßnahmen angelegt wurden.
20 Prozent Bedarfsdeckung bei nur 35 Prozent genutzter Fläche
Insgesamt wurden bis November 2013 1.504 Solarmodule mit je 250 W Leistung auf der Halle befestigt. Die Paneele ruhen auf schneelastfesten, verwindungssteifen Dreiecksbindern und sind im Winkel von 12° aufgeständert, um eine maximale Lichtausbeute zu erzielen. Abstände und Anzahl der dazu nötigen Profilhalter wurden entsprechend den Windlastannahmen in DIN 1055 gewählt, so dass sich Windhub oder -schub über die Gesamtkonstruktion verteilen und nicht einzelne Befestigungen punktuell überlastet werden. Zusätzlich sorgen Windleitbleche für einen gewissen Unterdruck und unterstützen so die lagesichere Fixierung der PV-Anlage. Für dieses System gibt Sunova 20 Jahre Garantie auf Standfestigkeit und Dachbahnenkompatibilität.