Energiewende

Trotz Versprechen: Stromengpässe in Südafrika

Für die einzelnen ländlichen Gemeinden und ganze Regionen der Republik Südafrika ist eine stabile Energieversorgung bis heute ein unbezahlbarer Luxus. Eine bescheidene, aber gleichzeitig vielversprechende Lösung kam aus Europa.

29.03.2018

Trotz Versprechen: Stromengpässe in Südafrika

Mai 2016. Präsident Jacob Zuma trifft zum ersten Mal in der Zentrale des staatlichen Energieunternehmens Eskom ein. Die Eskom-Mitarbeiter waren so zufrieden mit der Ankunft des Staatschefs, dass sie Lieder sangen. Aber sie waren noch mehr von den Worten begeistert, mit denen der Präsident sie ansprach: „Wir sind stolz auf Sie. Und ich bin bereit, der ganzen Nation mitzuteilen, dass wir nie wieder mit Lastabwürfen konfrontiert werden“.

Januar 2018. Der südafrikanische Nachrichtensender ENCA meldet schon nicht so freudvoll einen Stromausfall in mehreren Vororten von Johannesburg. Dieses Problem stellte sich den Bewohnern von Killarney, Forest Hill, Parkwood, Linmeyer und anderen Bezirken des Central Business District der bevölkerungsreichsten Stadt des Landes.

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Zwischen diesen beiden Daten kam es im Land zu Stromausfälle mehr als einmal oder zweimal. Seltsamerweise ist bis jetzt niemand auf die Idee gekommen, darüber einen Artikel mit der Überschrift „Lest es von meinen Lippen ab: Keine neuen Stromausfälle“ zu schreiben, die sich auf den berühmten Satz des 41. US-Präsident George H. W. Bush beziehen würde – weil gerade diese Bekräftigung des amerikanischen Staatchefs, der Bevölkerung neue Steuern zu ersparen, zu einem universellen Symbol für unerfüllte Versprechen wurde. In den südafrikanischen Medien blitzen inzwischen hin und wieder die Geschichten verwirrter Bewohner, die wegen eines weiteren Stromausfalls in der Mitte mit ihrer Arbeit aufhören mussten, die ihnen Existenz bietet.

Stromdiebe in Nkomazi

Diese Unannehmlichkeiten gehen an der Provinz Mpumalanga im Osten des Landes nicht vorbei – hier werden sie von weiteren Problemen mit der Energieversorgung begleitet. Die Gemeinden, die riesige Schulden zu Eskom haben, prozessieren mit der Firma, die die Einzugsmethoden verwenden, die von Inkassounternehmen beneidet werden könnten: beispielsweise übte Eskom lokalen Medienberichten zufolge im Dezember Stromabschaltungen in der lokalen Gemeinde Thaba Chweu für drei Stunden pro Tag aus. Die Gemeinde Nkomazi leidet unter massiven Stromdiebstahl – dies ist übrigens ein überregionales Problem, das die Republik jährlich bei 20 Milliarden Rand verarmt. Schließlich (und wieder Mpumalanga) sind auf dem Plateau Highveld 12 Kohlekraftwerke konzentriert, die Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Feststoffpartikel in die Atmosphäre ausstoßen – dabei übersteigen diese Schadstoffkonzentrationen mehr als zweimal die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Schwellenwerte.

Im Jahr 2011 wurde die bisher letzte Volkszählung des Landes durchgeführt, wonach es in Südafrika fast 14,5 Millionen Haushalte gibt. Davon seien fast 7 Millionen immer noch auf unzuverlässige und unperfekte Formen der Energieversorgung angewiesen, berichtet die Heinrich-Böll-Stiftung in Südafrika. Mit anderen Worten können fast 50 Prozent der Haushalte nicht mit dem Fehlen von Stromunterbrechungen rechnen. Zahlreiche Programme zur Bekämpfung der Energiearmut sind nicht in der Lage, dieses Unglück vollständig zu beseitigen. Das Programm „Free Basic Electricity Policy“, das 2003 von der Regierung ins Leben gerufen wurde, deckt noch immer nicht alle Haushalte ab, insbesondere in ländlichen Gemeinden.

Ist Wasserkraft die Antwort auf die Energieengpässe?
Ist Wasserkraft die Antwort auf die Energieengpässe?

Russische Wasserkraft

In dieser Situation können eher Punktlösungen gut dienen. Eine von ihnen erblickte kürzlich das Licht der Welt und kann trotz eines kleinen Umfangs ein gutes Beispiel geben. Ende Januar unterzeichnete das südafrikanische Energieunternehmen Blue World Power and Energy Services mit dem ungarischen Kraftwerksanlagenbauer Ganz Engineering and Energetics Machinery (Ganz EEM, Tochtergesellschaft des russischen Atomkonzerns Rosatom) einen Vertrag zur Lieferung von Wasserkraftausrüstungen und Umsetzung des Bauprojekts eines Kleinwasserkraftwerks am Wasserfall Mpompomo 300 Kilometer entfernt von Johannesburg.

Die heutige Realität ist so, dass die bisher engspezialisierten Energieunternehmen eine Diversifizierung der verwendeten Energiequellen anstreben und damit die Grundlage des sogenannten „Energiemixes der Zukunft“ legt. Patrick Hendrick, Leiter des Lehrstuhls für Aero- und Thermomechanik an der Freien Universität Brüssel, zeigt sich nicht überrascht, dass der Lieferant eines neuen Mini-Hydro-Technologie in Südafrika ist eine Firma, die gerade Rosatom: „Alle Kernkraftspezialisten sind gut in den Betrieb von Pumpen und Turbinen versiert, denn jedes Kernkraftwerk ein riesengroßes hydraulisches Kühlungssystem beinhaltet“.

Die Mini-WKW-Technologie eines Containertyps mit einer Kapazität von bis zu 2 MW ist für die Länder Afrikas ein vielversprechendes Produkt: eine Anlage reicht aus, um 250 bis 400 Häusern mit Strom zu versorgen. Die Vorteile dieser Technologie hob Professor für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der TU München Peter Rutschmann hervor: „Container-Lösungen können sich bewähren, da sie in Serien kostengünstiger gefertigt werden können. Zudem reduziert sich die Bauzeit und einfache, kostengünstige Baulösungen können gefunden werden“.

Eine Herde Elefanten in der Savanne von Namibia

Mini-Kraftwerke im Einsatz

Neben der Lehrtätigkeit ist Prof. Rutschmann Koordinator und damit der Leiter des EU Horizon 2020 Projekts FIThydro. Diese Initiative zielt darauf ab, die Entwicklung kosteneffektiver und umweltfreundlicher Lösungen zu unterstützen, die es ermöglichen werden, Schäden an Fischpopulationen beim Einsatz von Wasserkraft zu vermeiden. Gleichzeitig erfordere der Bau eines solchen Mini-Wasserkraftwerks keine Errichtung von Staudämmen und verstoße nicht gegen die Ökologie von Flüssen und anderen Gewässern, so Rutschmann. Es gebe ökologischere, neuere Konzepte in diesem Bereich, die teilweise auch auf größere Kraftwerke übertragen werden könnten, glaubt der Experte. Es sei nur zu bedauern, dass das selten gemacht wird.

Gavin Carlson, Managing Director von Blue World Power und Energy Services, stellte fest, das Unternehmen arbeite an einer Reihe potenzieller Projekte auf dem afrikanischen Markt. „Diese Kleinwasserkraftwerke sind zu unserer Priorität geworden, da sie in der Lage sind, ländliche Gemeinden in Afrika schnell und effizient mit Energie zu versorgen“, schloss Carlson.

Stromübertragung ein Hauptproblem

Die Mini-Wasserkraft-Technologie passt in die aktuelle Energieinfrastruktur der afrikanischen Länder, da keine zusätzlichen Netzwerke installiert werden müssen. Die Amortisationszeit einer 1-MW-Station wird auf drei Jahre geschätzt, bei einer Auslastung der installierten Kapazität von 93 Prozent. „In Afrika hat dieses Wasserkraftwerk eine große Zukunft“, glaubt Patrick Hendrick. „Kleine Kapazitäten werden mit relativ geringen finanziellen Investitionen rasch in Betrieb genommen und ermöglichen die Versorgung vieler Haushalte mit Strom. In Afrika ist die Stromübertragung ein sehr großes Problem, aber das Mini-WKW löst es, da man es in der Nähe von Stromverbrauchern, neben einem großen Dorf oder einer kleinen Stadt bauen kann“.

Letzteres ist von besonderer Bedeutung, denn in einigen Regionen Südafrikas ist das Problem der Energieversorgung mit der Entfernung von Megastädten immer noch akut. Doch fast jedes Problem kann durch stabile Vorwärtsschritte gelöst werden, so dass die Hoffnung besteht, dass der Wohnort nach und nach keine Rolle mehr spielen wird – ob eine ländliche Gemeinde in Mpumalanga oder ein zentraler Bezirk von Johannesburg – Strom wird für alle ausreichen.

Quelle: UmweltDialog
 

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