Region Nord-Ost entwickelt Energietechnologien der Zukunft
An manchen Tagen könnte aus Wind, Wasser, Sonne und Biomasse theoretisch so viel erneuerbare Energie produziert werden, um den gesamten Bedarf in Deutschland abzudecken. Allerdings muss die Infrastruktur dringend ausgebaut werden, um diesen Ökostrom zur richtigen Zeit dorthin zu transportieren, wann und wo er benötigt wird. Einen Lösungsansatz stellt die Sektorenkopplung dar. Sie hat das Ziel, den Energiebedarf verschiedener Anwendungsfelder, beispielsweise in den Bereichen Verkehr, Wärme und Strom, zu bündeln und durch neue Technologien verfügbar zu machen.
10.04.2018
In der Region Nord-Ost entsteht eine Zukunftsregion der Energiewende. Sie umfasst die Küstenstädte Rostock, Stralsund und Greifswald sowie Neubrandenburg im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Es sind Standorte mit einer langjährigen Tradition in der Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Innovationen für die Energieerzeugung sowie mit einer hohen Bedeutung für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Mit dem Vorhaben CAMPFIRE erarbeiten die derzeit rund 20 Bündnispartner Lösungswege für einige der größten Herausforderungen der Energiewende. Unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung und Technologie (INP), des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) und des Instituts für Regenerative EnergieSysteme an der Hochschule Stralsund (IRES) werden die Einsatzmöglichkeiten des Technologiefeldes untersucht und in der Region angewendet.
Die Bündnispartner erarbeiten technische, konzeptionelle und transformative Lösungen für die Region auf der Basis von Nanomembranen, die in der Regel dünner als der Millionstel eines Meters sind. Die Entwicklung von Herstellungsverfahren für derartige Nanomembranen zählt zu den Schlüsseltechnologien der Innovationen für die Energiewende. Durch einen Transfer dieses wissenschaftlichen Know-hows in die zukünftige Energieverfahrenstechnik ist für die Region ein bahnbrechender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Durchbruch zu erwarten – etwa in den Bereichen Elektrolyse, Brennstoff- und Solarzelle. Neben den bereits erwähnten Verbundpartnern bringen auch das Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) sowie das Zentrum für Brennstoffzellentechnik GmbH (ZBT) in Duisburg und das Institut für Kompetenz in Automobilität GmbH (IKAM) in Magdeburg ihr Wissen in CAMPFIRE ein. Somit wird durch die regionalen Unternehmen ein Nukleus von Pionierarbeit aufgebaut. Die Projektbeteiligten vereinen Kompetenzen in der Plasmaphysik, Nanotechnologie, Maschinen- und Anlagenbau, Modellierung, Energietechnik, Betriebswirtschaft sowie Material-, Rechts- und Politikwissenschaft.
Membrane für grünen Brennstoff
Während einer kommenden Konzeptphase werden durch die CAMPFIRE-Partner Anwendungsfelder mit den größten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenzialen für das neue Technologiefeld erarbeitet und daraus eine Roadmap für die sich anschließende Umsetzungsphase entwickelt. So können elektrokeramische Dünnschichtmembranen eingesetzt werden, um den Wirkungsgrad und die Lebensdauer von Power-to-Gas-Anlagen zu erhöhen, in denen Ökostrom zu Wasserstoff oder Methangas umgewandelt wird. „Mit unseren Dünnschichtmembranen könnte deutlich mehr grüner Brennstoff aus überschüssigem Strom produziert werden“, sagt der Bündniskoordinator und stellvertretende Direktor des INP, Prof. Dr. Dirk Uhrlandt. Er hofft auf einen wirtschaftlichen Schub für die Region Nord-Ost, die bundesweit zu den größten Produzenten erneuerbarer Energien zählt. „Hier könnte eine völlig neue Branche entstehen, die zum Beispiel Wasserstoff als Energieträger der Zukunft nutzt. Die Erforschung neuer Technologien ist entscheidend für das Gelingen der Energiewende und den Ausstieg aus dem Zeitalter fossiler Brennstoffe.“
Hintergrund
Das regionale CAMPFIRE-Vorhaben ist eine Initiative im Rahmen des Förderkonzepts "WIR! – Wandel durch Innovationen in der Region" des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft (BMBF) zur Steigerung der Innovationsfähigkeit in den strukturschwachen Regionen. Zunächst werden Vorhaben in Ostdeutschland gefördert, in einer nächsten Etappe auch in Westdeutschland. Im Anschluss an die Konzeptphase, die im April startet und über einen Zeitraum von sieben Monaten durchgeführt wird, werden ausgewählten Bündnissen bis zu 8 Millionen Euro für die Umsetzungsphase durch das BMBF zur Verfügung gestellt. Die Bündnispartner von CAMPFIRE hoffen auf eine positive Evaluation und streben für Anfang 2019 den Beginn der Umsetzungsphase an.