Wettbewerbsfähig für ein nachhaltiges Energiesystem
Im globalen Wettbewerb reicht das Kriterium Wirtschaftlichkeit nicht mehr aus, um die Relevanz und Potenziale zentraler Branchen, wie Energie, Verkehr und Kommunikation zu bewerten. Vor diesem Hintergrund veröffentlicht die Fraunhofer-Allianz Energie aktuell ein Positionspapier mit dem Titel „Wettbewerbsfähigkeit als Schlüsselbaustein für ein nachhaltiges Energiesystem“.
29.12.2018
Die Experten Europas größter Energieforschungsorganisation plädieren dafür, den Eckpfeiler „Wirtschaftlichkeit“ des energiepolitischen Dreiecks um die Aspekte „Technologiesouveränität“ und „Innovations-kompetenz“ zu ergänzen und so die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas als Ziel mit in den Vordergrund zu stellen.
Zwei der drei Eckpunkte des energiewirtschaftlichen Zieldreiecks scheinen gesetzt. Das Energiesystem der Zukunft sollte versorgungssicher und umweltverträglich sein. Ob hingegen der Terminus „wirtschaftlich“ alleine ausreicht, um den dritten Eckpunkt des Dreiecks zu setzen, stellen die Fraunhofer-Experten in Frage.
„Zur Weiterentwicklung eines zukunftsfähigen – das heißt sicheren, nachhaltigen und bezahlbaren – Energiesystems sollten neben der Wirtschaftlichkeit auch immer die Aspekte Technologiesouveränität und Innovationsfähigkeit mitgedacht werden“, betont Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Sprecher der Fraunhofer-Allianz Energie und Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. „Ohne über die Wertschöpfungsketten für die Schlüsseltechnologien der zukünftigen Energieversorgung zu verfügen, wird es schwer gelingen, ein langfristig wettbewerbsfähiges und nachhaltiges Energiesystem aufzubauen.“ Ein positiver Effekt der vorgeschlagenen Anpassung: Der deutsche Ansatz würde sich an den Aufbau des energiewirtschaftlichen Zieldreiecks der EU angleichen, in dem die dritte Säule mit „Competitiveness“ überschrieben ist.
Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit als synergetische Erfolgsfaktoren
Wie aktuell und relevant die Thematik ist, zeigt die Diskussion des Sachverhalts in der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (WSB). Das Gremium wurde im Juni 2018 eigens von der Bundesregierung eingesetzt, um Lösungen für die Vereinbarkeit von Klimaschutzzielen und dem damit einhergehenden Strukturwandel in den kohlestromerzeugenden Regionen zu erarbeiten. Das Gremium setzt sich aus 28 stimmberechtigten Mitgliedern zusammen. Prof. Dr. Ralf Wehrspohn, Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle, vertritt das Land Sachsen-Anhalt als wissenschaftlicher Experte.
„Der Auf- und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland bietet gerade in zukunftsrelevanten Branchen wie dem Energiebereich langfristig wirtschaftliche Vorteile. Es werden Chancen für eine nachhaltige, wirtschaftliche und dynamische Entwicklung geschaffen, die es ermöglichen, dass Beschäftigung und Klimaschutz im Sinne der Umsetzung des Klimaschutzplans nicht im Widerspruch zueinander stehen müssen, sondern sich vielmehr gegenseitig bedingen“, verdeutlicht Prof. Dr. Ralf Wehrspohn.
Handlungsempfehlungen an die Politik
Neben der Anpassung des energiewirtschaftlichen Zieldreiecks sowie der Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit bei zukünftigen Szenario-Entwicklungen gibt die Fraunhofer-Allianz Energie im Positionspapier den politischen Zielgruppen noch weitere konkrete Handlungsempfehlungen mit auf den Weg. Um das Abwandern von Schlüsseltechnologien zu verhindern, könnten zum Beispiel für strategische Energietechnologien wirtschaftspolitische Instrumente wie erhöhte Beihilfequoten sinnvoll sein.
Übergeordnetes Ziel ist es, zu vermeiden, dass die heutige Importabhängigkeit von Energieträgern, die durch die Energiewende deutlich reduziert werden könnte, künftig durch eine Importabhängigkeit von Schlüsseltechnologien für das zukünftige Energiesystem ersetzt wird. Um die strategisch wichtigen Felder zu identifizieren, in denen technologische Souveränität gewährleistet werden muss, empfehlen die Energieexperten der Bundesregierung auf wissenschaftliche Begleitung zu setzen.
Das gesamte Positionspapier finden Sie hier.