Erfahrungen mit Ausschreibungen für Windenergie
„Nach zwei Jahren desaströsen Erfahrungen in Deutschland und weiteren negativen internationalen Beispielen, muss mittlerweile jedem klar sein, dass Ausschreibungen den Windenergieausbau verhindern anstatt ihn zu fördern“, sagt Stefan Gsänger: „Aufgrund der internationalen Entwicklungen mussten wir in 2018 in der Serienfertigung 25 Prozent unseres Personals abbauen, Folgeaufträge konnten nur zu desaströsen (ruinösen) Preisen gewonnen werden.“
20.11.2019
Deutschland habe durch Änderungen der Rahmenbedingungen für den Windkraftausbau die Windbranche in ganz Europa verunsichert. Allein seit 2017 gingen mehr als 35.000 Arbeitsplätze verloren. Senvion, ein großer Windradhersteller, ist in Konkurs. Alle Hersteller stellten in den letzten Monaten Personal frei. Erst vorige Woche kündigte Enercon, der größte deutsche Hersteller, weitere 3.000 Entlassungen an. Damit hat die deutsche Windbranche ein Viertel ihrer Beschäftigten in nur drei Jahren verloren. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „windrichtungen“ berichteten Stefan Gsänger, Generalsekretär des weltweiten Windenergieverbandes WWEA und Stefan Schafferhofer, Leiter der Business Unit Windenergie von ELIN Motoren, über die durchwegs negativen Erfahrungen mit den eingeführten Ausschreibungen zur Fördervergabe im Windenergiebereich.
„Seit der Änderung des Fördersystems in Deutschland ist der Markt regelrecht zusammengebrochen“, erklärt Gsänger. „Dabei ist diese Entwicklung nicht überraschend. In anderen Ländern, die ihr Fördersystem auf Ausschreibungen umgestellt haben, sind ähnliche Entwicklungen festzustellen.“
Bürgerenergie kämpft ums Überleben
Die Bürgerenergie ist untrennbar mit dem Aufstreben der Windenergie in Deutschland verbunden. Ohne die vielen Bürgerenergieprojekte wäre die einstige Vorreiterposition Deutschlands undenkbar. Eine detaillierte Analyse der letzten Jahre zeigt nun, dass die Bürgerenergie-Windparks marginalisiert wurden. „Das ist eine fatale Fehlentwicklung, da Bürgerenergie für die Akzeptanz der Energiewende eine zentrale Rolle spielt“, so Gsänger.
Nach Jahren des Aufschwungs befindet sich die deutsche Windbranche nun in einer Krise. Bis September 2019 wurden gerade einmal 514 Megawatt Windkraftleistung errichtet, was einem Ausbaueinbruch von 81 Prozent allein in einem Jahr entspricht. Die ausgeschriebenen Mengen wurden in den letzten Runden nur zu einem kleinen Teil vergeben. In der letzte Runde im Oktober verfielen sogar 70 Prozent der Ausschreibemenge. „Das ist eine mehr als alarmierende Situation“, kommentiert Gsänger die Entwicklungen.
Internationale Erfahrungen vergleichbar
„Es ist immer wieder das gleiche Bild. Egal, ob man nach Indien, in die Türkei oder nach Deutschland blickt: Mit der Einführung der Ausschreibungen bricht der Ausbau der Windkraft zusammen“, erzählt Stefan Schafferhofer von seinen internationalen Erfahrungen, „Die Folge davon ist das Verfehlen von Ausbauzielen und der Abbau von tausenden Arbeitsplätzen.“
Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die österreichische Zulieferbranche. Durch den Einbruch der Ausbaumengen können sich die Windkrafthersteller komplett inhouse versorgen und den Zulieferbetrieben gehen viel Aufträge verloren. Dies hat weitere direkte Auswirkungen auf die Arbeitsplätze. „Allein 2018 mussten wir daher in der Serienfertigung 25 Prozent unseres Personals abbauen“, berichtet Schafferhofer.
Rahmenbedingungen sind entscheidend
„Die Ergebnisse der Studie der WWEA und die Erfahrungen aus der österreichischen Zulieferbranche zeigen einmal mehr, dass Änderungen des Fördersystems sehr bedacht vorgenommen werden müssen“, bemerkt Moidl. Österreich wartet seit Jahren auf eine Änderung der Förderbedingungen. Durch das Platzen der Regierung ist diese wieder verschoben worden. „Aus den internationalen Erfahrungen muss Österreich die richtigen Schlüsse ziehen und die gleichen Fehler unbedingt vermeiden“, fordert Moidl abschließend.