Energiewende

Keine grüne Energiewende ohne Wärmepumpen

Ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland wird durch Gebäudeheizungen verursacht. Wärmepumpen gelten als Schlüsseltechnologie für die fällige Modernisierung der etwa 20,5 Millionen Heizungsanlagen. Skeptiker befürchten deswegen allerdings in kalten Wintern eine Überlastung der Stromnetze. Einen Ausweg bieten elektrothermische Speichersysteme wie MAN ETES.

03.05.2021

Keine grüne Energiewende ohne Wärmepumpen

Starke Worte bei welt.de: „Die Klimaschlacht im Immobiliensektor wird im Gebäudebestand geschlagen, nicht im Neubau.“ Die deutschen Klimaziele ließen sich nur erreichen, wenn auch in Altbauten veraltete Wärmetechnik ausgetauscht und mehr in Wärmedämmung investiert werde, unterstreicht die Denkfabrik Agora Energiewende und fügt hinzu: „Für Heizöl ist in einem klimaschonenden und kosteneffizienten Wärmesystem 2030 kaum Platz mehr.“

Dass der Handlungsbedarf groß ist, zeigte erst im März die Treibhausgas-Bilanz des Umweltbundesamts. Während Sektoren wie Industrie oder Energiewirtschaft die Reduktionsziele des Klimaschutzgesetzes erreichten, verfehlte der Gebäudesektor sie.

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Heizungen müssten modernisiert und wesentlich effektiver werden, meint auch der Bundesverband Wärmepumpe (BWP). Laut Agora Energiewende werden Wärmepumpen zur tragenden Säule der Wärmeenergieerzeugung: „Sie müssen rund zwanzig Mal mehr Wärme liefern als gegenwärtig.“ Der deutsche Wärmepumpen-Bedarf bis 2030 wird auf bis zu sechs Millionen – bis 2050 sogar auf 17 Millionen – geschätzt. Dieses Ziel liegt derzeit aber in weiter Ferne. Gehe es weiter wie bisher – 120.000 Pumpen wurden 2020 verkauft, Tendenz: deutlich steigend –, würden bis 2030 maximal zwei Millionen Geräte für wohlige Wärme sorgen.

Strombedarf von Wärmepumpen bereitet Sorgen

Wärmepumpen sind besonders energieeffizient. Sie „erzeugen aus einem Anteil Strom die drei- bis fünffache Menge an Wärmeenergie und versorgen das eigene Haus mit grüner Wärme und Warmwasser“, schreibt der BWP. Allerdings: Wirklich „grün“ ist die Wärmeversorgung erst, wenn die Pumpen mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Skeptische Stimmen wenden ein, dass es dafür gar nicht ausreichend Ökostrom gebe.

Sind Wärmepumpen also das falsche Instrument, um die Gebäudeenergiewende zu schaffen? Werden vielmehr „chemische Energieträger“ wie etwa „grüner“ Wasserstoff benötigt, um Wärme- und Kältetechnik zu betreiben? Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) glaubt das nicht. Wasserstoff könne gut als dezentraler Energieträger für industrielle Prozesse und Mobilität dienen. Heizungen mit der aufwendig erzeugten Substanz zu betreiben, sei aber schlicht nicht wirtschaftlich, meint Institutsleiter Prof. Dr. Clemens Hoffmann: „Die benötigte erneuerbare Energiemenge zur Bereitstellung von Niedertemperaturwärme mit Wasserstoff ist um 500 bis 600 Prozent höher gegenüber der Wärmepumpe.“ Eine Netzüberlastung durch den Strom-Hunger der Pumpen lasse sich durch die Schaffung von Energiespeichermöglichkeiten zum Ausgleich von Nachfrageschwankungen vermeiden, meint Hoffmann: „Es bietet sich an, die anderen Energiesektoren Verkehr, Gebäude, Industrie zunehmend an den elektrischen Sektor anzubinden.“

Warum Wärmepumpen im Winter kritisch sind

Wärmepumpen entnehmen Wärmeenergie aus der Umgebungsluft oder der Erde. Dafür benötigen sie elektrische Energie. Und zwar nicht wenig: Sie verdoppeln sogar den Stromverbrauch von Gebäuden, erklärt der Ökostromanbieter Polarstern. In Einfamilienhäusern kommen da bis zu 3.500 Kilowattstunden pro Jahr zusammen. Weil die Pumpen vernünftigerweise mit Erneuerbaren Energien betrieben werden, wird die Nachfrage nach Ökostrom stärker als erwartet steigen. Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) prognostiziert den Gesamtbedarf auf 685 Terawattstunden. Weil Wärmepumpen vor allem im Winter viel gebraucht werden, zugleich aber ihre Effizienz bei kalten Temperaturen sinkt, kann es laut EWI gerade dann zu einer Überlastung des Stromnetzes kommen.

Land NRW bewilligt 200.000 Euro Fördergelder

Diese sogenannte Sektorkopplung, also die beschriebene Verknüpfung verschiedener bislang getrennter Energiesektoren, gilt laut Branchendienst „stadt+werk“ als „Schlüsselkonzept für den Weg in eine klimaneutrale Zukunft“. In Nordrhein-Westfalen soll sie ab diesem Jahr im großen Stil erprobt werden. Im November 2020 bewilligte das Land Fördermittel von 200.000 Euro für eine Evaluationsstudie über die Energiespeicher-Technologie „MAN ETES“. Damit soll laut MAN der Bau einer Forschungsanlage für einen elektrothermischen Energiespeicher im Raum Aachen vorbereitet werden. Diese soll eine Leistung von sieben Megawatt erreichen und ein ganzes Stadtquartier stunden- und tagelang mit Energie in unterschiedlichen Formen versorgen können. Projektbeteiligte sind die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, die Stadtwerke Aachen und MAN Energy Solutions.

Die geplante Großanlage könne gerade „in kalten Wintern die Last von den häuslichen Wärmepumpen nehmen“, meint die „WELT“. Das ETES-System – das Kürzel steht für „Electro-Thermal Energy Storage“ – als Lösung für den thermischen Großspeicher wird seit 2018 von MAN Energy Solutions gemeinsam mit ABB entwickelt. Gedacht ist es speziell für Fernwärmenetze, die Kühlung von Rechenzentren oder die Klimatisierung von großen Gebäuden, berichtete UmweltDialog.

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Schemagrafik Sektorkopplung
In Esbjerg wird die weltweit größte auf CO2 basierende Wärmepumpen-Anlage enstehen.zoom
In Esbjerg wird die weltweit größte auf CO2 basierende Wärmepumpen-Anlage enstehen.

Wärme und Kälte speichern und „rückverstromen“

ETES basiert laut MAN Energy Solutions auf Wärmepumpen- und Wärmekraftmaschinen-Technologien. CEO Dr. Uwe Lauber betont den innovativen Ansatz: „MAN ETES stellt erneuerbare Energie als nutz- und speicherbare Wärme und Kälte zur Verfügung, die nach Bedarf wieder rückverstromt werden kann. Das System koppelt damit die Sektoren Strom-, Wärme- und Kälteversorgung in bislang einmaliger Flexibilität.“

Das Funktionsprinzip ist recht einfach: Grundsätzlich gibt es zwei große Tanks. Einer enthält warmes Wasser mit einer Temperatur zwischen 60 und 150 Grad Celsius, der andere Eis. Als „Arbeitsmedium“ dazwischen fungiert CO2. Mit einem hermetisch gekapselten MAN-HOFIM-Turbokompressor kann es auf 140 Bar verdichtet werden und sich dadurch auf 120 bis 150 Grad erhitzen. Das so erwärmte Gas wird dann durch einen Wärmetauscher geleitet und gibt seine Wärme in den Warmwassertank ab. Das Kohlendioxid kann aber auch den Eis-Tank weiter kühlen. Dazu wird es mit einem in den Kompressor integrierten Expander entspannt und somit abgekühlt, um dann in einen weiteren Wärmetauscher geleitet zu werden, wo es dem umgebenden Wasser Wärme entzieht. Gasförmig erhitztes CO2 treibt darüber hinaus auch noch Turbinen zur Stromerzeugung an.
Während die Forschungsanlage in Aachen ein Stadtquartier mit Wärme, Kälte und Elektrizität versorgen soll, geht es im dänischen Esbjerg um die Fernwärmeversorgung von 25.000 Haushalten. MAN Energy Solutions liefert dorthin zwei MAN-ETES-Wärmepumpensysteme, die die Aufgabe eines Kohlekraftwerks übernehmen, das 2023 abgeschaltet wird.

Installiert werden soll ein schlüsselfertiges System inklusive aller Wärmetauscher, Leitungen und der elektrischen Infrastruktur. Die Anlage wird Strom aus nahen Windkraftanlagen in Fernwärme umwandeln, aber auch Meerwasser als Energiequelle zur Wärmegewinnung nutzen. MAN Energy Solutions ist stolz auf diesen Auftrag für ein erstes sektorübergreifendes Wärmepumpensystem: „In Esbjerg wird es sich um die weltweit größte auf CO2 basierende Wärmepumpen-Anlage handeln, die je eingesetzt wurde“. Insgesamt geht es um eine Wärmeenergieleistung von 50 Megawatt.

Quelle: UmweltDialog
 

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