Klimainvestitionen: Rückgang bei Risikokapital, Fokus auf Resilienz und KI
Unsichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen und hohe Kosten für Fremdkapital belasten nach wie vor das Investitionsklima im Bereich der Klimatechnologien. Der Bericht „State of Climate Tech 2024“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland verdeutlicht, dass die Finanzierungsvolumen in diesem Sektor von 79 Milliarden US-Dollar (Q4 2022 – Q3 2023) auf 56 Milliarden US-Dollar in den darauf folgenden vier Quartalen zurückgegangen sind.
17.12.2024
Der Rückgang von 29 Prozent zeigt sich ebenfalls auf dem deutschen Markt, wo das Volumen von etwa drei auf zwei Milliarden US-Dollar gesunken ist. In diesem Zeitraum reduzierten sich die Risikokapital- und Private-Equity-Investitionen weltweit von 799 Milliarden US-Dollar auf 673 Milliarden US-Dollar. PwC hat für die Untersuchung über 12.000 Startups, 52.000 Transaktionen und 600 Milliarden US-Dollar an Investitionen ausgewertet. „Die Zahlen spiegeln die allgemeine Unsicherheit wider, die vor allem durch volatile Märkte und steigende Zinsen getrieben ist. Der Bedarf an innovativen Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels ist jedoch dringender denn je“, sagt Gunther Dütsch, Partner im Bereich Nachhaltigkeitsberatung bei PwC Deutschland.
Anpassungsfähigkeit und Resilienz rücken in den Vordergrund
Die Marktanalyse verdeutlicht, dass bestimmte Sektoren trotz eines zurückhaltenden Investitionsumfelds eine zunehmende Nachfrage verzeichnen. Besonders Technologien, die darauf abzielen, Klimarisiken zu bewältigen und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, ziehen das Interesse zahlreicher Investoren an. Hierbei handelt es sich um Lösungen, die beispielsweise die Infrastruktur zur Bewältigung extremer Wetterereignisse optimieren sollen. Dazu gehören unter anderem Hochwasserschutzsysteme, Technologien für das Dürremanagement sowie hitzebeständige Baumaterialien. Insgesamt lassen sich 28 Prozent der analysierten Climate-Tech-Transaktionen diesem Segment zuordnen, welche 12 Prozent des gesamten Investitionsvolumens im Bereich Climate-Tech ausmachten. Eine ähnliche Entwicklung ist auch auf dem deutschen Markt festzustellen: Im betrachteten Zeitraum flossen etwa 15 Prozent des Investitionsvolumens in diesen Bereich. Den größten Anteil an den Investitionen sichert sich, wie im Vorjahr, der Energiesektor mit einem Anteil von 35 Prozent – das sind 5 Prozent mehr als im vorherigen Jahr. In Deutschland ist der Anteil des Energiesektors an den Investitionen in Klimatechnologien mit rund 46 Prozent sogar noch ausgeprägter.
Zusätzlich zur wachsenden Beliebtheit von Lösungen zur Anpassung und Resilienz gewinnen auch KI-basierte Klimatechnologien zunehmend an Bedeutung. Im Jahr 2023 entfielen auf Startups, die an KI-gesteuerten Lösungen arbeiten, Investitionen in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar. In diesem Jahr haben sie bereits in den ersten drei Quartalen 6 Milliarden US-Dollar eingesammelt – das entspricht 14,6 Prozent des gesamten Investitionsvolumens im Sektor der Klimatechnologien. Die bedeutendsten Finanzierungssegmente waren dabei autonome Fahrzeuge (62 Prozent der KI-bezogenen Investitionen) sowie industrielle Anwendungen (20 Prozent) in den Bereichen Landwirtschaft, Smart Home und intelligente Energielösungen. In Deutschland flossen im Jahr 2024 rund 26 Millionen Euro an Climate-Tech-Investitionen in Bereiche, die sich auf KI-gesteuerte Lösungen konzentrieren.
Transaktionen verschieben sich in mittlere und spätere Investitionsphasen
Große Firmen außerhalb des Finanzsektors nehmen nach wie vor eine bedeutende Stellung im Climate-Tech-Ökosystem ein. Im Jahr 2024 waren sie, ähnlich wie in den Vorjahren, mit einer Beteiligung von 28 Prozent an etwa einem Viertel der Climate-Tech-Transaktionen beteiligt. Diese Kontinuität beeinflusst auch das deutsche Investitionsumfeld für Klimatechnologien, wo Unternehmen in diesem Jahr an 26 Prozent der Investitionen mitgewirkt haben. Weltweit haben sich die Investitionen insbesondere in die späteren Phasen des Finanzierungsprozesses verlagert. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 entfielen 61 Prozent der Unternehmensgeschäfte entweder auf die mittlere oder die späte Phase – mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2018.
Diese Veränderung könnte das zunehmende Interesse der Unternehmen widerspiegeln, sich eher auf die Skalierung bewährter Klimatechnologien zu konzentrieren, anstatt auf weniger entwickelte Technologien zu setzen. „Unternehmen erkennen das immense Potenzial und die Notwendigkeit von Innovationen im Bereich der Klimatechnologien. Indem sie sich aktiv an der Entwicklung und Finanzierung dieser Technologien beteiligen, tragen sie nicht nur zur Bekämpfung des Klimawandels bei, sondern sichern sich auch strategische Vorteile und neue Geschäftsmöglichkeiten“, sagt Gunther Dütsch.
Missverhältnis zwischen Emissionen und Finanzierung bleibt bestehen
Wie in den vorangegangenen Jahren belegt der Bericht erneut, dass die finanziellen Mittel nach wie vor nicht dort eingesetzt werden, wo die Emissionen am höchsten sind. Im Bereich der Industrie erlebten Climate-Tech-Startups beispielsweise einen signifikanten Rückgang bei den Investitionen: Ihr Anteil am gesamten Investitionsvolumen fiel von 17 Prozent im Jahr 2023 auf 7 Prozent in den ersten drei Quartalen dieses Jahres. Obwohl dieser Anteil weiterhin nahe dem historischen Durchschnitt liegt, steht er in einem ungünstigen Verhältnis zu den 34 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen, die vom Industriesektor stammen.
„Anreize wie steuerliche Vergünstigungen, Subventionen oder spezielle Förderprogramme könnten dazu beitragen, mehr Kapital in diesen Bereich zu lenken. Zudem ist eine stärkere Zusammenarbeit zwischen privaten Investoren, staatlichen Institutionen und Industriekonzernen erforderlich, um nachhaltige Technologien schneller zur Marktreife zu bringen und deren breite Anwendung zu fördern“, sagt Gunther Dütsch. Eine gezielte und koordinierte Anstrengung ist unerlässlich, um den Industriesektor zu wandeln und somit einen wesentlichen Beitrag zur weltweiten Verringerung der Treibhausgasemissionen zu leisten.