Klimawirkung von Wasserstoff: Studie fordert Emissionskontrolle
Eine Studie von RIFS und EDF warnt vor den Emissionsproblemen der deutschen Wasserstoffwirtschaft. Trotz seiner Rolle bei der Dekarbonisierung könnten Wasserstoffemissionen erheblich zur globalen Erwärmung beitragen. Die Autoren empfehlen umfassende politische Maßnahmen, um schädliche Emissionen zu minimieren und betonen die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland und der EU.
12.12.2024
Es besteht die Hoffnung, dass Wasserstoff eine kohlenstoffneutrale Alternative zu fossilen Brennstoffen werden kann, da bei der Verbrennung von Wasserstoff kein Kohlendioxid (CO2) entsteht. Wasserstoff wird oft als einzige praktikable Lösung für die Dekarbonisierung von Industriesektoren wie der Stahl- und Chemieproduktion angesehen. Daher ist er zu einem integralen Bestandteil der nationalen Klimastrategie Deutschlands geworden, um bis 2045 als Europas größter Emittent die Netto-Null zu erreichen.
Bisher konzentrierte sich die politische Debatte in Deutschland darauf, eine rasche Steigerung der Produktion von erneuerbarem – oder „grünem“ – Wasserstoff zu ermöglichen und die notwendige Infrastruktur sowohl in Deutschland als auch in Europa aufzubauen. Dabei wurde bisher kaum beachtet, dass der Einsatz von Wasserstoff unabhängig von der Produktionsmethode mit Emissionsproblemen verbunden ist, die angegangen werden müssen, wenn er einen Nutzen für das Klima haben soll. In der Studie „Controlling Emissions in Germany's Future Hydrogen Economy“ bewerten die Autor:innen diese Emissionen – zu denen Methan-, Kohlendioxid- und Wasserstoffemissionen selbst gehören – und ermitteln politische Hebel auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, um die Auswirkungen zu minimieren.
„Während die EU nach fünf Jahren Green-Deal-Politik auf den nächsten großen politischen Meilenstein zusteuert – den EU Clean Industrial Deal – ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie sich beim Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wasserstoffindustrie weiterhin auf die Reduzierung schädlicher klimawirksamer Emissionen konzentriert“, sagt Léa Pilsner, Senior Policy Manager beim EDF Europe.
Die Erwärmungswirkung von Wasserstoff als indirektes Treibhausgas (THG)
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Wasserstoffemissionen einer Wasserstoff-Wertschöpfungskette, die vollständig auf grünem Wasserstoff basiert, im Jahr 2045 etwa elf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (GWP100) betragen würden. Um dies in die richtige Perspektive zu rücken: Dies entspricht etwa 17 Prozent der prognostizierten restlichen Treibhausgasemissionen Deutschlands im Jahr 2045 in seinen Netto-Null-Szenarien.
Obwohl Wasserstoff selbst kein direktes Treibhausgas ist, führen seine chemischen Reaktionen in der Atmosphäre zu einer Zunahme anderer Treibhausgase, nämlich Methan, troposphärischem Ozon und stratosphärischem Wasserdampf. Unter Berücksichtigung dieser Reaktionen ist das globale Erwärmungspotenzial von Wasserstoff über einen Zeitraum von hundert Jahren mehr als elfmal höher als das von CO2.
Studie zeigt Szenarien für eine künftige deutsche Wasserstoffwirtschaft auf
„Wir müssen sicherstellen, dass die Entwicklung von Wasserstoff umweltverträglich erfolgt, und das bedeutet, die Emissionen zu minimieren – auch die von Wasserstoff selbst“, sagt Studienautorin Kathleen Mar – „es sind Kontrollmaßnahmen erforderlich, um sicherzustellen, dass das Versprechen von Wasserstoff als kohlenstoffarmer Brennstoff verwirklicht werden kann.“
Ausgehend von der Nationalen Wasserstoffstrategie Deutschlands entwickeln die Autoren mehrere illustrative Szenarien für eine künftige deutsche Wasserstoffwirtschaft, die auf im Inland produziertem grünem Wasserstoff und importiertem grünem und blauem Wasserstoff basiert. In einem nächsten Schritt quantifizieren die Autor:innen die erwarteten Wasserstoff-(H2)-Emissionen zusammen mit den Methan-(CH4)- und Kohlendioxid-(CO2)-Emissionen (für den Fall von blauem Wasserstoff) dieser Szenarien und ihr Treibhauspotenzial.
Die Studie untersucht auch mögliche Ansatzpunkte für politische Maßnahmen zur Reduktion oder dem Vermeiden der Emissionen. Sie bietet einen Überblick über die aktuelle deutsche und EU-Regulierungslandschaft, die für den Wasserstoffsektor relevant ist. Abschließend werden Empfehlungen gegeben, wie Emissionen entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette berücksichtigt und kontrolliert werden können.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Wasserstoffemissionen tragen zum Klimawandel bei und es sind politische Maßnahmen erforderlich, um diese Emissionen zu reduzieren oder zu vermeiden.
- Wir schätzen, dass Wasserstoffemissionen hauptsächlich am Produktionsort entstehen, wo sie kontrolliert werden können.
- Die Europäische Union sollte die Rolle von Wasserstoff als indirektes Treibhausgas anerkennen und Wasserstoffemissionen in die Methoden zur Berechnung der Emissionseinsparungen durch Wasserstoff einbeziehen.
- Die EU sollte den Rechtsrahmen stärken, um alle klimawirksamen Emissionen aus der Produktion von blauem Wasserstoff in der EU und im Ausland einzudämmen.
- Die Ausweitung der EU-Methanverordnung auf Methanemissionen aus importiertem Wasserstoff und seinen Derivaten ist ein wichtiger erster Schritt in Richtung eines robusteren Rechtsrahmens.
„Am Beispiel Deutschlands zeigt unsere Studie, wie wichtig es ist, die Auswirkungen von drei wichtigen direkten und indirekten Treibhausgasen (THG) im Zusammenhang mit dem Einsatz von Wasserstoff – Methan, Kohlendioxid und Wasserstoff selbst – nicht zu unterschätzen“, sagt Studienautor Rainer Quitzow vom RIFS. „Die vorgelegten Ergebnisse sind ein Aufruf für kluge politische Entscheidungen, die Klima- und Wirtschaftszwänge in Einklang zu bringen.“